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Eildienst 09/07 - Landkreistag NRW

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Schwerpunkt: 60 Jahre <strong>Landkreistag</strong> <strong>NRW</strong> 1947 – 20<strong>07</strong><br />

-<br />

deren Körperschaften“ mit dem Beratungsstand<br />

von Mai 1997. Als Grundsätze für die<br />

Überprüfung der Verwaltungsstrukturen, öffentlichen<br />

Aufgaben und Zuständigkeiten<br />

wurden gleichsam sieben Gebote formuliert,<br />

die zu einem Teil auch heute noch – 10 Jahre<br />

nach Herausgabe dieser Vorschläge – geeignet<br />

sind, für weitere künftige Struktur -<br />

reformen in der öffentli chen Verwaltung in<br />

Nordrhein-Westfalen Pate zu stehen. Dabei<br />

erhob das Papier in angemessener Selbstbescheidung<br />

keinen An spruch auf Vollständigkeit,<br />

zeigte aber an konkreten Beispielen auf,<br />

welche Folgen die grundsätzlichen Erwägungen<br />

bei einzelnen Verwaltungsaufgaben und<br />

Zuständigkeiten auslösten und war deshalb<br />

für den politischen Raum auch besonders<br />

nutzbar zu machen. Die erwähnten sieben<br />

Gebote oder Leitüberlegungen des Reformpapiers<br />

lauten:<br />

1. Auf Aufgaben ist in der Regel zu verzichr ten, die von der öffentlichen Hand nicht<br />

wahrgenommen werden müssen und/<br />

oder ebenso gut und besser von Privaten<br />

wahrgenommen werden können.<br />

2. Eine ortsnahe und damit bürgernahe Erledigung<br />

von Aufgaben ist einer Zentralisierung<br />

von Zuständigkeiten vorzuziehen.<br />

3. Die Zuordnung der Zuständigkeit muss<br />

eine wirtschaftliche, sparsame und leistungsfähige<br />

Aufgabenerledigung gewährleisten.<br />

Dies kann bei komplizierten<br />

Rechts- und Fachmaterien zu einer<br />

Zentralisierung der Aufgabenerfüllung<br />

führen, wenn nur so die notwendige Spezialisierung<br />

und eine wirtschaftliche und<br />

leistungsfähige i Aufgabenerledigung ge-<br />

währleistet ist.<br />

4. Aufgaben, die sich mit anderen Aufgaben<br />

überschneiden oder mit ihnen eng<br />

zusammenhängen, sollten möglichst funktional<br />

bei einem Aufgabenträger miteinander<br />

verflochten werden. Staatliche<br />

Sonderbehörden sind abzulehnen.<br />

5. Aufgaben- und Finanzverantwortung gehören<br />

in eine Hand. Behörden mit rein<br />

gutachtender Funktion, die für die Folgen<br />

ihres Gutachtens keine Verantwortung<br />

tragen, sind zu vermeiden.<br />

6. Die Zuständigkeit für eine Aufgabe muss<br />

mit einer angemessenen Finanzausstattung<br />

und – soweit es sich um vom Land<br />

den kommunalen Gebietskörperschaften<br />

zur Erledigung übertragenen Aufgaben<br />

handelt – einem angemessenen Kostenausgleich<br />

des Landes einhergehen.<br />

7. Die Zuständigkeitsverteilung muss den für<br />

einen notwendigen landesweitenVollzug<br />

notwendigenAspekten Rechnung tragen. r<br />

6 Der Vorsitzende des LKT <strong>NRW</strong> führte seinerzeit<br />

satzungsgemäß die Bezeichnung „Vorsitzer“.<br />

7 EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 17-18/199, S. 359 ff.<br />

264<br />

Im Rahmen der Bewertung der bestehenden<br />

Verwaltungsstrukturen hebt das Papier<br />

die Unverzichtbarkeit der Kreise aus verfassungsrechtlichen<br />

und verwaltungspolitischen<br />

Gründen hervor, da diese eine bürgernahe,<br />

effektive und effiziente Form kommunaler<br />

Selbstverwaltung gewährleisteten. Zugleich<br />

lehnte das Papier Überlegungen zur Bildung<br />

von Regionalkreisen ab, da es sich bei den<br />

in Nordrhein-Westfalen bestehenden Kreisen<br />

um leistungsfähige Einheiten handelten,<br />

die in der Lage seien, die auf ihr Gebiet<br />

bezogenen Aufgaben sachgerecht und effektiv<br />

zu erledigen. Insbesondere die Bürgernähe<br />

als Kennzeichen der kommunalen<br />

Selbstverwaltung auf der Kreisebene ginge<br />

bei der Bildung solcher neuer Strukturen<br />

verloren. Das Reformpapier des LKT <strong>NRW</strong><br />

enthält auch eine Reihe von Aussagen zu<br />

den Möglichkeiten der Bildung einer neuen<br />

so genannten Mittelinstanz in Nordrhein-<br />

Westfalen unter Zusammenfassung von Bezirksregierungen<br />

und Landschaftsverbänden,<br />

die abgelehnt wurde. Auch zur Bildung einer<br />

Verwaltungseinheit für das Ruhrgebiet<br />

äußert sich das Papier kritisch. Als Leitbild<br />

der öffentlichen Hand fordert das Papier<br />

eine Priorisierung der Gewährleistungsverantwortung<br />

zu Lasten der Vollzugsverantwortung<br />

auf vielen Aufgabenfeldern.<br />

Als besonders hervorzuhebende Forderungen<br />

hat der <strong>Landkreistag</strong> <strong>NRW</strong> die Notwendigkeit<br />

einer Zusammenführung von<br />

Aufgabenverantwortung und Finanzverantwortung<br />

in der Sozialhilfe betont. Daher<br />

spricht sich das Papier dafür aus, die Zuständigkeit<br />

für die Hilfe zur Pflege in Einrichtungen<br />

von den Landschaftsverbänden<br />

auf die Kreise und kreisfreien Städte sowie<br />

die Finanzierungszuständigkeit für die Zahlung<br />

der Hilfe zum Lebensunterhalt von den<br />

Kreisen auf die kreisangehörigen Städte und<br />

Gemeinden zu verlagern. Die zweite zentrale<br />

Forderung besteht in der Verankerung des<br />

Konnexitätsprinzips in der Landesverfassung<br />

in justitiabler, einklagbarer Form vor. Dazu<br />

hatte der LKT <strong>NRW</strong> bereits in einer Anhörung<br />

des nordrhein-westfälischen Landtags<br />

im Januar 1997 konkrete Formulierungsvorschläge<br />

vorgelegt. Als dritte zentrale Forderung<br />

verlangt das Papier die Einräumung<br />

eines Rechts für die kommunalen Gebietskörperschaften,<br />

unter Berücksichtigung des<br />

Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips in<br />

Zukunft die Gebühren für ihre Tätigkeit selbst<br />

festzusetzen zu können. Dies setze Anreize<br />

für eine effektivere und effizientere Aufgabenerledigung,<br />

da es eine Kosten- und Leistungsrechnung<br />

voraussetze und durch den<br />

Vergleich der Gebühren benachbarter kommunaler<br />

Gebietskörperschaften für gleiche<br />

Tätigkeiten wettbewerbsähnliche Wirkung<br />

auslösen werde.<br />

Im Weiteren befasst sich das Papier mit der<br />

Überprüfung einzelner Aufgaben und Zu-<br />

ständigkeiten der Landschaftsverbände, der<br />

kreisangehörigen Städte und Gemeinden,<br />

der Bezirksregierungen, der Ministerien und<br />

staatlichen Sonderbehörden sowie sonstiger<br />

Zuständigkeiten bis hin zum Wegfall<br />

beziehungsweise der Reduzierung von Aufgaben<br />

und ihrer Privatisierung. Das Papier<br />

schließt mit Überlegungen über die zur Verfügung<br />

stehenden Finanzierungswege öffentlicher<br />

Aufgaben.<br />

Resümierend kann aus heutiger Sicht gesagt<br />

werden, dass das seinerzeitige Grundsatzpapier<br />

die politische Debatte um effiziente<br />

Verwaltungsstrukturen in Nordrhein-Westfalen<br />

in vielfacher Hinsicht befördert hat.<br />

Wenngleich selbstverständlich nicht sämtliche<br />

Vorschläge in den folgenden Jahren umgesetzt<br />

worden sind beziehungsweise werden<br />

konnten, haben die dort angelegten praxisbezogenen<br />

Forderungen und Vorschläge des<br />

<strong>Landkreistag</strong>es Nordrhein-Westfalen immer<br />

wieder für Diskussionen bei den politisch<br />

Verantwortlichen geführt.<br />

Große Landkreisversammlung<br />

zum 50-jährigen Jubiläum<br />

des LKT <strong>NRW</strong><br />

Am 24. Juni 1997 fand aus Anlass des 50jährigen<br />

Jubiläums des <strong>Landkreistag</strong>es Nordrhein-Westfalen<br />

in der Stadthalle Neuss eine<br />

Große Landkreisversammlung im Beisein von<br />

Ministerpräsident Johannes Rau, Landtagspräsident<br />

Ulrich Schmidt, Landtagsvizepräsident<br />

Dr. Hans-Ulrich Klose, Innenminister<br />

Franz-Josef Kniola und Vertreter aus allen<br />

Landtagsfraktionen sowie weiterer Gäste<br />

aus dem Bereich der Landesverwaltung, der<br />

kommunalen Spitzenverbände und sonstiger<br />

Organisationen statt.In seiner Festansprache<br />

bezog sich der Vorsitzer6 des <strong>Landkreistag</strong>es,<br />

Landrat Dr. Franz Möller, Rhein-Sieg-<br />

Kreis, auf die bis zur Kommunalwahl im<br />

Herbst 1999 auslaufende zweigleisige Spitze<br />

in den Kreisen. Die Doppelspitze habe sich<br />

nach Auffassung des LKT <strong>NRW</strong> bewährt,<br />

und der <strong>Landkreistag</strong> habe sich deshalb für<br />

eine Änderung dieses Systems nicht eingesetzt.<br />

Gleichwohl sei die Selbstverwaltungskraft<br />

der Kreise so groß, dass auch der anstehende<br />

Systemwechsel seine Bewährungsprobe<br />

bestehen werde7 . Landrat Dr. Möller<br />

ging anlässlich seiner Festansprache auch<br />

auf die vom LKT <strong>NRW</strong> veröffentlichten Vorschläge<br />

zur Veränderung der Zuständigkeiten<br />

im Rahmen der auch von der Landesregierung<br />

immer wieder thematisierten Verwaltungsstrukturreform<br />

ein und erinnerte daran,<br />

dass kommunale Selbstverwaltung auf<br />

eine demokratische Mitwirkung und Selbstgestaltung<br />

durch die Bürger abziele. Je größer<br />

und ortsferner die Kreise seien, umso<br />

weniger Chancen für eine effektive demokratische<br />

Mitgestaltung durch die Bürger<br />

würden eröffnet. Daher sollten die Kreise

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