Eildienst 09/07 - Landkreistag NRW
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Aber Ihre Familie kommt mit Ihrem prall<br />
gefüllten Terminkalender soweit noch klar?<br />
Ja. Wir sehen uns noch zum Frühstück und<br />
selten auch einmal außerhalb dieser Zeit.<br />
Aber die Kinder sind ja damit aufgewachsen,<br />
dass ich immer Landtagsabgeordnete<br />
war. Nur jetzt ist es noch viel extremer geworden.<br />
Jetzt ist mein Terminkalender so<br />
dicht gefüllt, dass ich nicht mehr wie früherr<br />
nachmittags mal für eine Stunde nach Hause<br />
fahren kann. Jetzt bin ich nur noch weg.<br />
Morgens fahre ich los, nachts komme ich<br />
zurück.<br />
Und was machen Sie zum Ausgleich einerr<br />
harten Arbeitswoche? Gehen Sie irgendwelchen<br />
Hobbys nach?<br />
Wenn es ganz schlimm kommt, entspanne<br />
ich mich mit Chormusik und singe auch noch<br />
in einem Chor. Dabei muss ich allerdings<br />
zugeben: Immer dann, wenn neue Stücke<br />
einstudiert werden, habe ich doch gewisse<br />
Lücken, weil ich ja die Proben nicht mehrr<br />
mitmachen kann. Aber bisher habe ich immer<br />
noch jedes Konzert mitsingen können –<br />
auch wenn ich manchmal bei den neuen<br />
Liedern nur noch meine Lippen bewege,<br />
damit es nicht so auffällt (lacht). Ja, das istt<br />
das Einzige, was mir noch an Hobbys geblieben<br />
ist.<br />
Auch in Ihrem Wahlkreis sind Sie eine gern<br />
gesehene Ansprechpartnerin. Dort erleben<br />
Sie Politik live vor Ort. Was macht Ihnen<br />
da eigentlich grundsätzlich mehr Freude –<br />
die Arbeit in der „großen Landespolitik“<br />
oder die an und mit der Basis vor Ort zu<br />
Hause?<br />
Ich bin bei beiden Dingen begeistert bei derr<br />
Sache. Auch heute kriege ich es trotz meines<br />
Amtes noch hin, mich für persönliche<br />
Schicksale einzusetzen. Wenn meine Leute<br />
vor Ort irgendwelche Anliegen haben, istt<br />
es jetzt natürlich auch schneller und einfacher,<br />
Lösungen zu finden. Es ist ja etwas an-<br />
deres, ob man in der Regierungsfraktion sitztt<br />
oder eben in der Opposition. Und da istt<br />
natürlich das Präsidentenamt etwas ganz<br />
Besonderes. Ich habe zum Beispiel immerr<br />
den „kleinen Dienstweg“ in jedes Ministerbüro.<br />
Das ist eigentlich ganz nett und ich<br />
kann eine ganze Menge vorantreiben.<br />
Als Landtagspräsidentin haben Sie mit den<br />
Kreisen viel gemeinsam: Auch Sie haben im<br />
Parlament eine Art Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion.Auch<br />
Sie müssen viele verschiedene<br />
Interessen gegeneinander ab -<br />
wägen und als Abgeordnete auch schon<br />
einmal vielleicht unpopuläre Entscheidungen<br />
treffen. Wie gehen Sie mit diesem<br />
Druck um?<br />
Wir haben ja gerade am Anfang viele unangenehme<br />
Dinge machen können, weil die<br />
große Notwendigkeit bestand zum Beispiel<br />
zur Sanierung des Landeshaushaltes zu kom -<br />
men. Und wir befinden uns ja auch mittendrin<br />
in der Phase, in der wir etwa den Öffentlichen<br />
Dienst an vielen Stellen auf den<br />
Kopf stellen und umbauen müssen. Da ist es<br />
natürlich klar, dass wir auch Leuten auf die<br />
Füße treten und Sachen machen, die dem<br />
einen oder anderen nicht gefallen. Ich habe<br />
jetzt ganz viele Briefe von Beamten gekriegt<br />
und bemühe mich nun, so gut ich<br />
kann, die auch ernst zu nehmen, sie zu beantworten<br />
und auch weiterhin mit den Betroffenen<br />
Gespräche zu führen, zu erklären,<br />
warum wir bestimmte Maßnahmen eingeleitet<br />
haben. Denn ich glaube: Wenn man<br />
den Menschen das erklärt, ist vieles leichterr<br />
verständlich, als wenn sie es nur in der Zeitung<br />
lesen oder im Fernsehen hören.<br />
Schließlich gibt es keine andere Alternative,<br />
um das Land effektiver aufzustellen, weil<br />
die nächste Generation, die ja eher spärlich<br />
zur Welt kommt, alles finanzieren muss, was<br />
wir ihr vererben. Und ich möchte meinen<br />
Beitrag dazu leisten, dass wir den nächsten<br />
Generationen keinen Rucksack voller Schulden<br />
hinterlassen, sondern schon jetzt Lösungen<br />
finden.<br />
Land und Kommunen, insbesondere auch<br />
die Kreise, haben in etlichen Bereichen – das<br />
wissen Sie natürlich – Berührungspunkte.<br />
Sie arbeiten zusammen und tragen natürlich<br />
auch so manche Kämpfe mit-beziehungs-<br />
Das Porträt<br />
weise gegeneinander aus. Wie würden Sie<br />
als Landtagspräsidentin das Verhältnis zwischen<br />
dem Land und den Kommunen im<br />
Allgemeinen sowie den Kreisen im Besonderen<br />
charakterisieren?<br />
Von den 187 Landtagsabgeordneten sind<br />
weit mehr als die Hälfte in Kreisen und Kommunen<br />
politisch aktiv. Daran sehe ich schon,<br />
dass die Interessenslage der Kreise und Gemeinden<br />
hier im Landtag sehr gut vertreten<br />
wird. Wir sehen das insbesondere an der großen<br />
Zahl von Anhörungen zu all den The -<br />
men, die Kreise und Gemeinden betreffen.<br />
Außerdem ist jeder Landtagsabgeordnete –<br />
im Gegensatz zu den meisten Bun destagsabgeordneten<br />
– jeden Tag zu Hause in seinem<br />
Wahlkreis. Wir wohnen ja in der Regel<br />
alle noch schön zu Hause, sodass wir auch<br />
alle sehr nah dran sind an dem, was Auswirkungen<br />
auf Kreise, Städte und Gemeinden<br />
hat. Ich denke, wir haben es in den vergangenen<br />
zwei Jahren gut hingekriegt, zu<br />
einer Ausgewogenheit zu kommen.<br />
Die Koalition hat sich – außer Privatisierung<br />
da, wo es sinnvoll ist – vor allem eine<br />
weitgehende Kommunalisierung bisher<br />
staatlicher Aufgaben auf ihre Fahnen geschrieben.<br />
Da gibt es in der operativen und<br />
praktischen Umsetzung immer noch so<br />
manche Widerstände. Haben Sie als Landtagspräsidentin<br />
und auch als Abgeordnete<br />
der größeren Regierungspartei einen Tipp,<br />
wie Kommunen und Land da besser zueinander<br />
finden könnten?<br />
Das Endergebnis ist natürlich klar: Wir müssen<br />
ganz viel vom bürokratischen Aufwand<br />
wegnehmen. Wir müssen all die Reformen,<br />
die wir noch auf den Weg bringen müssen,<br />
so steuern, dass möglichst wenig Bürokratie<br />
für den Einzelnen übrig bleibt – sowohl für<br />
normale Bürgerinnen und Bürger als auch<br />
insbesondere für Firmen, also für Leute, die<br />
in unserem Land etwas buchstäblich unternehmen<br />
wollen. Deswegen ist die neue Richtung<br />
ja auch die, dass wir möglichst viel Freiheit<br />
geben wollen. Und wir hoffen sehr, dass<br />
die Kreise und Gemeinden da den Weg mit<br />
uns gehen wollen und dass sie uns selbst<br />
Zur Person:<br />
Die heute 49-jährige Regina van Dinther ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nach Hauptschule, Berufsfachschule und Fachoberschule<br />
begann sie ihr Studium an der Fachhochschule Niederrhein, das sie 1980 als Diplom-Ingenieurin für Bekleidungstechnik beendete. In<br />
den nächsten zehn Jahren arbeitete sie in der Bekleidungsindustrie und war zwischen 1991 bis 2002 selbstständig. Seit dem 8. Juni 2005<br />
ist van Dinther Präsidentin des Landtags. Mitglied der CDU wurde sie 1978, stellvertretende Vorsitzende des CDU-Bezirksverbandes<br />
Ruhrgebiet ist sie seit 1990. In Hattingen ist sie seit 1996 zudem Stadtverbandsvorsitzende der CDU. Zur Landesvorsitzenden derr Frauen-<br />
Union Nordrhein-Westfalen wurde sie am 13. März 1999 gewählt. Von 1990 bis 2005 war sie frauenpolitische Sprecherin der CDU-<br />
Landtagsfraktion, darüber hinaus von 1995 bis 2005 stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Regina van Dinther ist ferner Mitglied im<br />
Kuratorium der Evangelischen Stiftung Volmarstein und im Vorstand der Karl Arnold Stiftung, außerdem stellvertretende Vorsitzende<br />
von „Donum vitae e.V.“ in Hattingen, Beiratsvorsitzende der Regionalstelle Frau und Beruf in Hagen/Ennepe Ruhr sowie Mitglied der<br />
11. Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr. Dem Landtag gehört sie seit dem 31. Mai 1990 als Abgeordnete an.<br />
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