Eildienst 09/07 - Landkreistag NRW
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sozialdemokratischen Landrat Hansmann<br />
(Landkreis Hörde/Westfalen). 73<br />
Entsprechend überschwänglich dankte von<br />
Stempel den Ehrenamtlichen und den Landräten<br />
im Staatsrat und Landtag für ihre tatkräftige<br />
Mitarbeit. Diese Freude über die<br />
gute Zusammenarbeit war gegenseitig: Pfarrer<br />
Jansen, der sich 1925 auf der Hauptversammlung<br />
noch über die anzügliche und<br />
abfällige Behandlung von Ehrenamtlichen<br />
durch die Landräte beklagt hatte, dankte<br />
dem Präsidenten „für die Anerkennung seiner<br />
bescheidenen Mitarbeit“ und versicherte,<br />
welche „Freude“ es für ihn sei, „in Ihrem<br />
<strong>Landkreistag</strong>svorstand mitzuarbeiten“. 74<br />
9. Vorläufiges Ende:<br />
Eingliederung<br />
in den Deutschen<br />
Gemeindetag<br />
Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident<br />
von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler.<br />
Dem neuen „Kabinett der nationalen<br />
Konzentration“ gehörten neben Hitler<br />
zunächst nur zwei weitere Nationalsozia -<br />
listen an, diese besetzten aber wichtige<br />
Ressorts: Frick wurde Reichsinnenminister<br />
und Göring übernahm als Reichsminister<br />
ohne Geschäftsbereich und stellvertretender<br />
Reichskommissar für Preußen die Zuständigkeit<br />
für das preußische Innenministerium<br />
und damit auch für die preußischen<br />
Beamten inklusive der Landräte.<br />
Bereits am 4. Februar 1933 wurden in Preußen<br />
alle kommunalen Parlamente auf dem<br />
Verordnungswege aufgelöst, vorgezogene<br />
Neuwahlen für den 12. März festgesetzt und<br />
bis dahin die Neubesetzung kommunaler<br />
Ämter verboten. Für fünf Wochen gab es in<br />
ganz Preußen keine kommunalen Beschlussorgane<br />
mehr; den ehrenamtlichen Verbandspolitikern<br />
des <strong>Landkreistag</strong>es wurde damit<br />
Dr. Gustav von Beckerath 75<br />
Schwerpunkt: 60 Jahre <strong>Landkreistag</strong> <strong>NRW</strong> 1947 – 20<strong>07</strong><br />
die Legitimation für ihre Funktionen im Verband<br />
entzogen.<br />
Von einem freien Wahlkampf konnte nicht<br />
mehr die Rede sein, nachdem Ende Februar,<br />
einen Tag nach dem Brand des Reichstags<br />
wichtige Grundrechte der Weimarer Verfassung<br />
außer Kraft gesetzt worden waren.<br />
Stattdessen gab es gezielten Terror und massive<br />
Behinderungen vor allem der Aktivitäten<br />
von KPD und SPD.<br />
In Westfalen gewann die NSDAP bei den<br />
Kommunalwahlen 33 Prozent der Abgeordnetensitze<br />
in den Kreistagen, in der Rheinprovinz<br />
waren es 34 Prozent. In den Regierungsbezirken<br />
Aachen und Münster – bis<br />
auf den Kreis Tecklenburg – blieb das Zentrum<br />
trotzdem die stärkste Fraktion im<br />
Kreistag. Der Anteil der NSDAP-Kreistags-<br />
Leiter der Kommunalstelle des Westausschusses<br />
Berufliche Laufbahn:<br />
1894 wurde er mit der Verwaltung des Landkreises Simmern betraut, seit 1905 war er<br />
Landrat von Düsseldorf (Rheinprovinz). Während der Besetzung des Ruhrgebietes war<br />
er 1923 kurzfristig in französischer. Haft. 1926 wurde er wegen Erreichens der Altersgrenze<br />
pensioniert.<br />
Engagement im <strong>Landkreistag</strong>:<br />
1922-26 Vorstandsmitglied des Preußischen <strong>Landkreistag</strong>es<br />
ab 1926 Leiter der Kommunalstelle des Westausschusses<br />
Persönliches und familiärer Hintergrund:<br />
Geboren am 9.11.1859 (Mennonit) als Sohn des Seidenfabrikanten Wilhelm von Beckerath<br />
in Krefeld.<br />
Politische Mitgliedschaften und Mandate:<br />
Mitglied der Freikonservativen Partei, in der Weimarer Republik der DVP<br />
19<strong>09</strong>-1919 Mitglied des Rheinischen Provinziallandtages<br />
mitglieder erhöhte sich aber durch gesetzliche<br />
Manipulation weiter: auf 35 Prozent in<br />
Westfalen beziehungsweise auf 36 Prozent<br />
in der Rheinprovinz. Es wurden einfach die<br />
Wahlplakate aus dem Jahr 1932: Im Freistaat Lippe gewann die NSDAP bei den Landtagswahlen<br />
vom 15. Januar 1933 mit 39,5 Prozent der Stimmen und war damit stärkste Fraktion.<br />
von der KPD gewonnenen Sitze für ungültig<br />
erklärt und die kommunalen Parlamente<br />
um deren Anzahl verkleinert. 76<br />
Die Ergebnisse der NSDAP lagen in beiden<br />
Provinzen deutlich unter dem Durchschnitt<br />
in Preußen in Höhe von 48 Prozent der Kreistagssitze.<br />
Insgesamt war das Wahlergeb nis<br />
jedoch auch im Rheinland und in Westfalen<br />
73 Der heute kaum mehr benutzte verwaltungsrechtliche<br />
Begriff der Kompetenz-Kompetenz<br />
steht zusammenfassend für die Aufgaben<br />
und Befugnisse eines Verwaltungsorgans.<br />
Kompe tenz-Kompetenz ist per Definitionem<br />
die Befugnis eines staatlichen Organs,<br />
„seine sachliche Zuständigkeit unterr<br />
Einschränkung fremderr Zuständigkeiten zu<br />
erweitern“, zum Beispiel das Recht der Landkreise<br />
gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheiten<br />
zu Kreisaufgaben zu erklären.<br />
Deutsches Rechtslexikon, Bd. 2, hg. von<br />
Tilch, Horst/Arloth, Frank, 2001 , S. 2546f.<br />
[Zitat Fußnote ebd.]. Kitschun, <strong>Landkreistag</strong>,<br />
S. 663f.; Hoebink, Die rheinischen und<br />
westfälischen Landkreise zwischen Stadt und<br />
Staat, in: Hundert Jahre Kreisordnung in<br />
Nordrhein-Westfalen, 1988, S. 49.<br />
74 Schreiben von Jansen an Stempel vom 29.<strong>07</strong>.<br />
1929, in: LAB B, Rep. 142-04, 6<strong>07</strong>. Kitschun,<br />
<strong>Landkreistag</strong>, S. 668.<br />
75 Kitschun, <strong>Landkreistag</strong>, S. 692; Romeyk, Die<br />
leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamte<br />
der Rheinprovinz, S. 349.<br />
76 Berechnet nach: Ergebnis der Kreistagswahlen<br />
vom 17.11.1929, in: Zeitschrift für Selbstverwaltung,<br />
Jahrgang 13,1930, S.148ff. Kitschun, <strong>Landkreistag</strong>,<br />
S. 678ff.; Herbst, Ludolf, Das nationalsozialistische<br />
Deutschland, 1997, S. 62ff.<br />
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