13 / 3–2009
13 / 3–2009
13 / 3–2009
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DRUCK Perspektiven<br />
(K)eine Frage der Qualität<br />
Die Wettbewerbssituation hat sich verändert und auch die Anforderungen<br />
der Tiefdruck-Kunden. Print-Jobs werden laufend<br />
an neue Kundenvorgaben angepasst. Schon lange wird<br />
über Sinn und Unsinn der Produktion eines klassischen Versandhandelskataloges<br />
diskutiert. Im Gegensatz zu einem Hauptkatalog<br />
in Millionenhöhe lassen die meisten Kunden aus dem Versandhandel<br />
inzwischen mehrere kleinere Kataloge produzieren, die das<br />
ganze Jahr hindurch zum Kauf animieren sollen.<br />
„Wir nutzen die individuell und auf kleinere Zielgruppen zugeschnittenen<br />
Minikataloge das ganze Jahr hindurch und verzeichnen<br />
nach Erscheinen jedes Mal erhöhte Online-Verkaufsraten unserer<br />
Waren“, berichtet ein Verantwortlicher für den Einkauf von<br />
Werbematerial bei einem großen Versandhandel im Norden<br />
Deutschlands.WassonstreineTiefdruckaufträgewaren,wirdheute<br />
im Rollenoffset produziert. Dabei wird nicht mehr über die Verfahren<br />
und die damit verbundenen qualitativen Unterschiede diskutiert.<br />
Durch die Standards im Offsetdruck und die modernen<br />
Kontroll-Funktionen der neuen Maschinen erfüllt der Rollenoffsetdruck<br />
die Ansprüche der Kunden ohne Abstriche. Langjährige<br />
Tiefdruckexperten beklagen sich sogar über die sich einschleichenden<br />
Qualitätsmängel im Tiefdruck.<br />
Der mörderische Preisdruck seitens der Kunden zwinge die Tiefdrucker<br />
beim Einkauf von Papier und Farbe derart hohe Abstriche<br />
zu machen, dass die Printprodukte qualitativ weit unter den Möglichkeiten<br />
des Verfahrens liegen und im Verlgeich zum Offsetdruck<br />
weit abgeschlagen sind. Selbst in Punkto Qualität scheint das bisherbrilliantesteDruckverfahrenfürMagazinekeinerstzunehmenderWettbewerbermehrseinzukönnen,wodochdieQualitätfürjeden<br />
Kunden eine ausschlaggebende Rolle spielt.<br />
Kunden müssen verkaufen<br />
Vorbei sind die Zeiten, in denen maximaler Umfang und maximale<br />
Auflage die Verkaufsstrategie der Kunden prägte. Heute<br />
arbeiten sie differenzierter und analysieren beispielsweise<br />
dieRelationenzwischenPrintwerbungundOnline-Verkauf.Mitden<br />
so gewonnenen Informationen über das Käuferverhalten planen<br />
sie neue Print-Produkte. Sie nutzen alle Kommunikationskanäle<br />
und setzen verstärkt Tools für individualisierte Marketingstrategien<br />
ein. Der „personalisierte Katalog“ ist auf dem besten Wege<br />
bald Realität zu werden.<br />
Auf diese veränderten Marketing-Strategien müssen sich Druckunternehmen<br />
einstellen. Das bedeutet, dass sie crossmediale<br />
Dienstleistungen anbieten, vollständig digitale Abläufe haben und<br />
innovative neue Ideen für ihre Kunden entwickeln müssen. Wer<br />
überlebenwillmussIT-Know-HowbesitzenunddasUnternehmen<br />
mit modernster Software digital vernetzen. Nur wer schnell, innovativ<br />
und qualitativ gut ist, hat eine Chance auch noch in 20 Jahren<br />
im Rotationsmarkt zu bestehen.<br />
Tiefdruck für Verpackungen<br />
Ein anderes Kapitel ist der Tiefdruck im Bereich der<br />
Verpackungsherstellung. In Europa beträgt der Anteil<br />
an Verpackungen rund 25 Prozent gegenüber 40 Prozent,<br />
die im Flexodruck hergestellt werden. In Japan beträgt<br />
derTiefdruckanteilbeidenVerpackungenallerdingssatte85<br />
Prozent gegenüber fünf (!) Prozent im Flexodruck. Im Verpackungsdruck<br />
scheint sich der Tiefdruck wesentlich besser<br />
zu behaupten als auf dem Akzidenzmarkt. Die Entwicklung<br />
im Flexodruck rückt aber auch in diesem Bereich unaufhörlich<br />
vor und gewinnt immer mehr Anteile.<br />
12 54 NT NEWSPAPER TECHNOLOGY 3/2009<br />
Industrieller Rotationsdruck<br />
Eine Strategie dem blutigen Preiskampf zu entkommen, kann<br />
die Kombination aus Tief- und Rollenoffsetdruck in Richtung<br />
Automatisierung der Abläufe und damit in Richtung der industriellen<br />
Druckproduktion sein. Konzerne wie Schlott oder Arvato<br />
sind Mitbewerbern auf dem Weg in Richtung des industriellen<br />
Rotationsdrucks einen Schritt voraus.<br />
Doch sie sind nicht die einzigen Unternehmensgruppen, die Tiefdruck-<br />
und Rollenoffsetdruck-Unternehmen unter einem Dach<br />
vereinen.DiedeutscheAppl-GruppeunterhältnebenihrenBogenund<br />
Rollenoffset-Betrieben mit Print Forum ein Tochterunternehmen,<br />
das mit vier Tiefdruckrotationen produziert. Im September<br />
2009 nahm Appl dort eine zusätzliche Tiefdruckanlage mit einer<br />
Breite von 3,180 Metern in Betrieb und das mit großem Erfolg. Die<br />
Gruppe kann mit Recht behaupten „gut aufgestellt“ zu sein, denn<br />
die Unternehmen decken nahezu die gesamte Bandbreite an Formaten<br />
für den Offsetdruck ab. Der Tiefdruck macht die Gruppe flexibler<br />
im Bereich der Bahnbreite und Auflagenhöhe. Der Vertrieb<br />
kann somit in ganz Europa nach „passenden Fischen“ angeln. Solange<br />
es diese noch gibt.<br />
Das Ende einer (Ä)ERA?<br />
Die Tiefdruckzylinder<br />
wachsen in den Himmel<br />
- eine Wunschvorstellung der<br />
ERA, der European Rotogravure<br />
Association. Mittlerweile ist sie<br />
wieder am Boden angekommen...<br />
Die „European Web Association“ (ERA) ist bemüht, den Tiefdruck<br />
weiterhin als ein dominierendes Verfahren zu pflegen.<br />
In jährlichen Preisverleihungen werden die besten Verpackungs-undZeitschriftendruckerprämiert.Dochwielangefunktioniert<br />
das noch? Auf der Konferenz in Verona äußerte sich der Verkaufs-<br />
und Marketingchef des italienischen Tiefdruckunternehmens<br />
Mondadori Printing Pozzoni, Goirgio Ferraris, für die Zukunft<br />
des Tiefdrucks positiv: „Der Tiefdruck ist nicht tot!“<br />
Zuversichtlich stimmt ihn die Tatsache, dass die Kunden nach wie<br />
vor Produkte im Tiefdruckverfahren bevorzugten. Doch was passiert,<br />
wenn sie das nicht mehr tun? Was, wenn Ikea plötzlich auf die<br />
Idee käme, alle seine Kataloge in den Ländern vor Ort und im Rollenoffsetherstellenzulassen?WürdendannalleTiefdruckmaschinen<br />
gegen Offsetrotationen ausgetauscht werden? Den Maschinenherstellern<br />
würde dies sicherlich große Freude machen.<br />
Eines ist sicher: Die Entwicklung lässt sich nicht aufhalten. Sonst<br />
gäbe es heute noch Trommelscanner von Linotype und Crosfield,<br />
wir würden noch im Zeppelin fliegen und unsere Lieblings-Songs<br />
auf dem Kassettenrecorder abspielen. Die Schlussfolgerung ist logisch:<br />
Sobald der technische Fortschritt und die Anforderungen<br />
der Kunden das Tiefdruckverfahren überflüssig machen, wird es<br />
vom Markt verschwinden und den Weg für neue Lösungen und<br />
Wertschöpfungsketten frei machen. Doch bis es soweit ist heißt es:<br />
Geld verdienen, solange die großen Fische noch im Wasser sind.