Grundeinkommen
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Kapitel 2<br />
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der in der Landwirtschaft tätigen Menschen, da auch die frühe industrielle Arbeit<br />
schwere körperliche Anstrengung bedeutete. Sie wurde deshalb ebenso als Arbeit<br />
anerkannt. Beim Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft fiel dies<br />
schwerer. Gleichwohl wurde auch hier eine Erweiterung des Arbeitsbegriffs geleistet.<br />
Beim Wandel von der Dienstleistungs- zur Informations- und Wissensgesellschaft ist<br />
von Menschen der älteren Generation schon einmal zu hören: „Wenn ihr den ganzen<br />
Tag am Computer sitzt, kommt ihr dann überhaupt noch zum Arbeiten?“ Für den einen<br />
oder anderen Bürojob mag diese Frage gerechtfertigt erscheinen. Bei einem<br />
hochproduktiven Programmierer ist sie es nicht. Für ihn – besser gesagt für diejenigen,<br />
die dank ihrer Fähigkeiten von der Arbeit im alten Sinne befreit werden – gilt<br />
das, was die Dekanin der Fakultät für Informatik der Universität Karlsruhe im Februar<br />
2005 in ihrer Eröffnungsrede anlässlich eines Symposions zum Thema <strong>Grundeinkommen</strong><br />
und Konsumsteuer mit den Worten „arbeitslos dank IT“ (ZITTERBARTH<br />
(2006)) zum Ausdruck brachte: Die hochproduktive Arbeit – im Sinne industrieller<br />
Produktivität – „ernährt“ heute immer mehr Menschen. Auch hier kann der Wandel<br />
des Arbeitsbegriffs als vollzogen gelten. Doch was kommt nach der so genannten<br />
Informations- und Wissensgesellschaft? Die „Kulturgesellschaft“? Worum handelt es<br />
sich bei dem Arbeitsbegriff in der so genannten Kulturgesellschaft? Um dem Menschen<br />
direkt zugewandte Arbeit (WERNER (2007, S. 22))! Mit anderen Worten: Um<br />
Arbeit am Menschen, im Unterschied zur industriellen oder auch Dienstleistungsarbeit<br />
für den Menschen (siehe oben). Eine Kulturgesellschaft könnte damit definiert<br />
werden als eine Volkswirtschaft, in der mehr als 50 Prozent der geleisteten Arbeit als<br />
Arbeit am Menschen geleistet werden. Dies ist heute bereits der Fall, insbesondere<br />
wenn man die „nicht bezahlte“ Arbeit, etwa das Ehrenamt, die häusliche Pflege, die<br />
Familienarbeit und die Kindeserziehung hinzurechnet. 15 Da den Menschen, wie gezeigt,<br />
die Erweiterung des Arbeitsbegriffs bereits mehrfach gelungen ist, kann mit<br />
einiger Berechtigung erwartet werden, dass eine neuerliche Erweiterung im Zuge des<br />
Bewusstseinswandels hin zur Kulturgesellschaft von den Menschen vollzogen werden<br />
wird.<br />
15 Die bei dieser Überlegung entstehende Frage, ob hierbei nur die bezahlte oder auch die unbezahlte<br />
„Arbeit am Menschen“ berücksichtigt werden kann und soll, macht erneut deutlich, wie unzureichend<br />
der traditionelle Erwerbsarbeitsbegriff bei seiner Anwendung auf die Arbeit in der Gegenwart ist.<br />
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