Wie plural ist normal? - Landesjugendring NRW e.V.
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Durchaus vergleichbar <strong>ist</strong> das Konzept der Lebenslage mit dem Konzept des französischen<br />
Soziologen Pierre Bourdieu (1983), der jedoch zur Bezeichnung der Lebenslageaspekte<br />
eher von ökonomischen, kulturellen und sozialen Kapital spricht. Weiterentwickelt<br />
worden <strong>ist</strong> das Konzept von Amartya Sen und Martha Nussbaum (1993), die eher die<br />
Ressourcen bzw. die Fähigkeiten und Kompetenzen der Menschen in den Mittelpunkt<br />
ihrer Analyse rücken und den Cabability-Ansatz entwickelt haben. Dieser Ansatz diskutiert<br />
das Wohlergehen der Individuen innerhalb einer Gesellschaft einerseits vor<br />
dem Hintergrund ihres Seins und Handelns und andererseits auf der Basis ihrer Verwirklichungschancen.<br />
Als Lebensstile wird „der Stil des Lebens (...) als ein geschlossenes Ganzes, (...) von dem<br />
aus alle Elemente seines Seins und Tuns einen einheitlichen, aufeinander bezüglichen<br />
Sinn erhalten“, aufgefasst (Simmel 1900). Darunter fallen z.B. gemeinsame Verhaltensweisen<br />
oder gleichartige Organisationsformen des Alltagslebens, gemeinsame Werte,<br />
Lebensvorstellungen, Lebensweisen, Interaktionsformen, Erfahrungen und Wissensbestände.<br />
Lebensstile implizieren ein gewisses Maß an Wahl- und Gestaltungsfreiheit.<br />
Allerdings <strong>ist</strong> das Ausmaß der Gestaltungsfreiheit der Menschen in modernen Gesellschaften<br />
in der Soziologie umstritten. Im Vergleich zur Nachkriegszeit gibt es zweifellos<br />
mehr Möglichkeiten für alle; dennoch <strong>ist</strong> diese Wahlfreiheit nach wie vor stark<br />
schichtabhängig.<br />
Fünf Merkmale kennzeichnen einen Lebensstil: Ganzheitlichkeit (er betrifft das „ganze Leben“),<br />
Freiwilligkeit (Wahlmöglichkeiten), Charakter („Eigenart“ oder „Stil“; er spiegelt ein<br />
„Muster“ wider), die Verteilung der Stilisierungschancen (er <strong>ist</strong> abhängig von materiellen<br />
Bedingungen und vom Wohlstand einer Gesellschaft) und die Verteilung der Stilisierungsneigung.<br />
Diese <strong>ist</strong> sowohl schicht- als auch altersabhängig. Bei den Angehörigen der Mittelschicht<br />
<strong>ist</strong> die Neigung größer als bei den Vertreter(inne)n der Ober- und Unterschicht. Bei<br />
Kindern und SeniorInnen <strong>ist</strong> sie weniger ausgeprägt als bei Jugendlichen und Erwachsenen.<br />
Während sich Lebensstile auf Individuen beziehen, werden soziale Milieus als eine<br />
Gruppe von Menschen mit ähnlichen Lebensstilen definiert. Soziale Milieus sind „Wertegruppierungen“,<br />
Gruppen mit ähnlichen Prinzipien der Lebensgestaltung, mit ver-<br />
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