Download als PDF - Sozialplattform Oberösterreich
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7 Ausblick<br />
Armutsforschung ist immer auch eine politische Forschung, sie ist wichtig und notwendig.<br />
Sie ermöglicht es, den Blick darauf zu lenken, dass Armut kein Einzelschicksal, sondern sozi<strong>als</strong>trukturell<br />
zu verorten ist. Auf Basis solider Forschung ist sie in der Lage, Ausmaß und<br />
Betroffenheit zu quantifizieren, gefährdete Gruppen zu identifizieren, prekäre Lebenslagen<br />
auszumachen und Instrumente zur Armutsvermeidung zu entwickeln. Voraussetzung dafür<br />
ist, dass sie objektiv und seriös betrieben wird. Dazu gehört, transparent zu machen, dass<br />
Armut kein neutraler, sondern ein relativer, mit verschiedenen Ausprägungen behafteter<br />
Begriff ist. Dementsprechend sind Definitionen von Armut, die Festsetzung von Armutsschwellen<br />
und Armutsgrenzen, die Gewichtung der Haushaltsmitglieder und dergleichen<br />
– unabhängig davon, ob sie auf europäischer Ebene oder von den jeweiligen Forscher/innen<br />
vorgenommen werden – kein statistischer Nebenschauplatz, sondern eindeutig politische<br />
Vorannahmen oder Vor-Entscheidungen. Objektive Armutsmessung ist daher gefordert, immer<br />
zu erläutern, auf welcher Vorannahme, auf welcher Basis welche Ergebnisse beruhen.<br />
Wiewohl mittlerweile für mehr <strong>als</strong> zehn Jahre österreichische Armutsgefährdungsquoten<br />
vorliegen, ist es kaum möglich, Aussagen zur Entwicklung und zum Verlauf der Armutsbetroffenheit<br />
vorzunehmen. Zum einen wurde das Erhebungsinstrument von ECHP auf EU-<br />
SILC umgestellt, zum anderen wurde die Operationalisierung der Armutsschwelle geändert<br />
und das Erhebungsverfahren verfeinert. Für regionale kleinere Stichproben stellt sich zudem<br />
das Problem der Validität. Um diesbezügliche Stichprobenfehler gering zu halten, wurde<br />
daher der Durchschnitt der letztvorliegenden Daten der Jahre 2004, 2005 und 2006 berechnet.<br />
Der ursprünglichen Intention der Sonderauswertung, Daten zur oberösterreichischen<br />
Armutsgefährdung zu berechnen und zudem im Zeitverlauf zu analysieren, kann somit hinsichtlich<br />
der Zeitperspektive nicht entsprochen werden.<br />
Ganz generell zeigt sich, dass Personen in <strong>Oberösterreich</strong> vergleichsweise geringer von<br />
Armutsgefährdung betroffen sind. Dennoch ist einschränkend festzuhalten, dass es - rein<br />
statistisch betrachtet - im Bereich des Möglichen liegt, dass die oberösterreichische und<br />
österreichische Armutsgefährdungsquote gleich hoch sind. Insgesamt sind in <strong>Oberösterreich</strong><br />
zwischen 107.000 und 161.000 Personen armutsgefährdet. Die mittlere Variante der<br />
Armutsgefährdungsquote liegt für die drei analysierten Jahre bei 9,7%, dies entspricht<br />
136.000 armutsgefährdeten <strong>Oberösterreich</strong>er/innen. Die Armutsgefährdungslücke, die den<br />
Einkommensabstand der Gruppe der Armutsgefährdeten zum 60%-Medianeinkommen<br />
misst, beträgt in <strong>Oberösterreich</strong> analog zum österreichischen Wert 17%.<br />
Alle Jahre wieder wird in Fachkreisen mit Spannung die Herausgabe der aktuellen Ergebnisse<br />
der EU-SILC-Erhebung erwartet. Veränderungen von Zehntel-Prozentpunkten nach<br />
oben oder unten werden dann zum Teil <strong>als</strong> große Veränderung interpretiert und je nach<br />
politischer Verantwortung und Couleur dramatisiert oder verharmlost. Vor einer derartigen<br />
Fixierung auf Messdaten sei gewarnt, da Statistik und Daten nichts Absolutes sind.<br />
arbeitslos - krank - alt - drei Wege in die Armut Enquete des Armutsnetzwerks OÖ, 22. 10. 2008 21