Download als PDF - Sozialplattform Oberösterreich
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Es genügt nicht festzustellen, dass Menschen arm sind, wesentlich ist es zu erkennen, warum<br />
und welche Möglichkeiten der Intervention bestehen. Die Frage, die in der Ankündigung<br />
zu dieser Enquete aufgeworfen wird, lautet: Ist Alter ein sicherer Weg in die Armut?<br />
Der Engländer Seebohm Rowntree war um 1900 sehr bemüht, das Vorurteil, bei der Armut<br />
handle es sich um einen moralischen Defekt der Betroffenen empirisch zu entkräften. Er<br />
zeigte, dass Elend bei der Arbeiterklasse eine zwingende Folge mangelnder Ressourcen ist.<br />
Außerdem hat er ein lebenszyklisches Modell der Armut skizziert. Demnach gibt es im Lebensverlauf<br />
drei signifikante Armutsphasen. Die erste beginnt in der Kindheit, wenn nicht<br />
mehr genug Ressourcen da sind, um alle Kinder zu versorgen. Bei Rowntree erreicht dies<br />
im Alter zwischen 10 und 15 Jahren den Gipfel. Nach der Familiengründung wiederholt<br />
sich diese Armutsphase im Alter von 35-40 Jahren. Schließlich gibt es zum Lebensende,<br />
wenn die Erwerbsmöglichkeiten bereits gesundheitlich minimiert sind, nochm<strong>als</strong> eine Phase<br />
der Armut. Ein solches Bild individueller Armutskarrieren scheint auch heute einleuchtend<br />
und wird vielfach zur Begründung einer scheinbaren Dynamik von Armut verwendet. Mein<br />
wesentlicher Kritikpunkt an diesem Modell ist, dass es strukturelle Unterschiede im Lebensverlauf<br />
ausblendet. Bei Rowntree war das erklärte Ziel, Armutslagen in der Arbeiterklasse<br />
zu beschreiben. Der Lebensverlauf in einer, sagen wir, „besitzenden Klasse“, mag in seinen<br />
ökonomischen Höhen und Tiefen ähnlich sein, aber auf einem gänzlich anderen Niveau<br />
ablaufen.<br />
Umgekehrt sind auch soziale Lagen anzunehmen, die zeitlebens benachteiligt sind, wo sich<br />
<strong>als</strong>o die Erhebungen und Vertiefungen der wirtschaftlichen Situation gänzlich unterhalb<br />
oder in der Nähe der Armutsgrenze abspielen. Schließlich kann es sein, dass bestimmte<br />
soziale Gruppen von lebenszyklischen Mustern unberührt bleiben, etwa dann, wenn keine<br />
Familie gegründet wird.<br />
Soweit die theoretische Darstellung, was aber ist der empirische Gehalt der Lebenszyklusthese?<br />
Empirischer Gehalt der Lebenszyklusthese<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
Armutsgefährdungsquote in %<br />
20<br />
10<br />
Armuts gefährdungs quote vor S ozialleis tungen<br />
-<br />
0-9 10-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80+<br />
Quelle Statistik Austria EU-SILC 2006<br />
Alters k las s e<br />
22.10.2008 7<br />
S T A T I S T I K A U S T R I A<br />
arbeitslos - krank - alt - drei Wege in die Armut Enquete des Armutsnetzwerks OÖ, 22. 10. 2008 29