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Jakob Kindinger

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gestellt, kehrt er an die Bergstraße zurück und tritt unmittelbar nach der Neugründung der CDU wieder<br />

politisch in Erscheinung. In der Kommunalwahl am 21. März 1946 wird er zum Bürgermeister der Stadt<br />

Benheim gewählt. Diese Amt bekleidet er bis zum 25. Juni 1954. Zwei Tage zuvor war er durch<br />

einstimmigen Beschluss des Stadtparlaments zum Ehrenbürger der Stadt Bensheim ernannt worden. 257<br />

Relevant für die Problematik zwischen <strong>Kindinger</strong> und Treffert ist die Tatsache, dass <strong>Kindinger</strong> sieben<br />

Jahre lang, also über seine ganze Arbeitszeit hinweg, Vorsitzender des Betriebsrates war. Er trat<br />

konsequent für die Interessen der Angestellten und Beamten der Stadt Bensheim ein. So kam es z.B.<br />

am 14. August 1946 zu einer Verwaltungskonferenz, deren Protokoll zu entnehmen ist, dass Treffert<br />

<strong>Kindinger</strong>s fristlose Entlassung wünschte, weil „es ihm nicht zugemutet werden kann, mit <strong>Kindinger</strong><br />

weiterhin zusammen zu arbeiten“, so Treffert. 258 Anlass dazu gebe das Parteitreffen der KPD am 10.<br />

August 1946 in Bensheim. <strong>Kindinger</strong> sei Hauptredner gewesen. Treffert kritisierte das „Verhalten“<br />

<strong>Kindinger</strong>s. Aus der vorliegenden Niederschrift ist leider nicht erkennbar, ob Treffert auf der<br />

Versammlung persönlich anwesend war oder aber nur von einer dritten Person über das Treffen<br />

informiert wurde. Auch geht in keiner Weise aus dem Protokoll hervor, woran er denn in einem solchen<br />

Maße Anstoß genommen hat, dass er eine fristlose Entlassung <strong>Kindinger</strong>s für notwendig hält. Es ist<br />

jedoch zu vermuten, dass es mit <strong>Kindinger</strong>s politischer Überzeugung bzw. seinem persönlichen<br />

Auftreten zu tun haben muss, das er auf dem Parteitreffen demonstrierte. Jedoch hat die geforderte<br />

Entlassung nichts mit <strong>Kindinger</strong>s Arbeit als Straßenmeister direkt zu tun. Es werden ihm keine Fehler<br />

oder Vergehen beim Ausüben seiner Tätigkeit als Angestellter der Stadt vorgeworfen. Aber nur in<br />

diesem Fall wäre eine Kündigung rechtsmäßig. Es lässt sich also auf eine erhebliche Antipathie<br />

Trefferts gegenüber <strong>Kindinger</strong> schließen. Die Verwaltungskonferenz „beschließt daraufhin einstimmig,<br />

<strong>Kindinger</strong> fristlos aus dem städtischen Dienst zu entlassen.“ 259<br />

Die Treffert-<strong>Kindinger</strong>-Auseinandersetzung beschäftigte auch den Hessischen Landtag. Die KPD-<br />

Fraktion richtete eine Große Anfrage an den Herrn Minister des Innern betreffend Amtsmissbrauchs von<br />

Beamten. Minister Zinnkann teilte am 24. August 1947 im Plenum mit, dass der Bürgermeister der Stadt<br />

Bensheim im März 1947 ein Flugblatt gegen die KPD, angeklammert an die Lebensmittelkarten, durch<br />

städtische Bedienstete in den städtischen Diensträumen zur Verteilung gebracht habe. Der<br />

Bürgermeister habe zum Ausdruck gebracht, „dass der Vorsitzende der Ortsgruppe Bensheim der KPD,<br />

der gleichzeitig Angestellter bei der Stadtverwaltung und Vorsitzender des Betriebsrates ist, fortgesetzt<br />

in Versammlungen und Flugblättern die Stadtverwaltung in der unglaublichsten Weise angreift". 260<br />

Zinnkann führte weiter aus, dass die Angriffe in einer KPD-Versammlung unter <strong>Kindinger</strong>s Vorsitz sich<br />

zugetragen hätten. Über die Stadtverwaltung und den Bürgermeister sei hergefallen worden mit<br />

Ausdrücken wie „Idiot“, „Trottel“, „Spitzbube“; die Stadtverwaltung sei als „Kasperletheater“ bezeichnet<br />

und der Bürgermeister zum Rücktritt aufgefordert worden. Ein Redner, der die Amerikaner als Idioten<br />

bezeichnet habe, sei durch die Militärregierung zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt worden. Der<br />

Minister betonte dann, dass er keinen Anlass sehe, in irgendeiner Form gegen die Beamten<br />

vorzugehen. In der Tat machen nicht nur die genannten Beleidigungen deutlich, dass es sich um<br />

wechselseitige Antipathie gehandelt haben muss. Nach Zeitzeugenberichten soll der Umgang mit<br />

Beiden durchaus problematisch gewesen sein.<br />

Es folgen weitere Auseinandersetzungen zwischen <strong>Kindinger</strong> und Bürgermeister Treffert. Im<br />

vorliegenden Fall geht es um <strong>Kindinger</strong>s eigene Interessen. Am 10. Mai 1947 schreibt <strong>Kindinger</strong> einen<br />

Brief an Treffert, in dem es um einen vorzeitig abgebrochenen Urlaub geht.<br />

257 Blust, Emil Milo: „Er hat die Krone des Lebens errungen“. Zum hundertsten Geburtstag von Bensheims Bürgermeister<br />

Joseph Treffert/Der Aufstieg in die politische Höhenluft. Partisan des Zentrums und der CDU – Mann der „ersten<br />

Stunde“/Demokrat mit Führungsstil. In: Bergsträßer Anzeiger vom 20. Mai 1983, S. 18. Siehe auch: Bürgermeister Treffert 70<br />

Jahre alt. In: Bergsträßer Anzeiger vom 10. Mai 1953.<br />

258 Archiv der Stadt Bensheim, Personalakte <strong>Jakob</strong> <strong>Kindinger</strong>: Auszug aus der Niederschrift der Verwaltungskonferenz vom<br />

14. August 1946.<br />

259 Ebd.<br />

260 Stenographischer Bericht über die 24. Sitzung des Hessischen Landtags vom 24. August 1947, 9 Uhr, Nr. 24. Große<br />

Anfrage der Fraktion der KPD an den Herrn Minister des Innern betreffend Amtsmissbrauch von Beamten -Drucksache Abt. I<br />

Nr. 233.<br />

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