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Jakob Kindinger

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oder im Sinne der auf Gewalthandlungen abzielenden Beschlüsse des 3. Parteitages der<br />

kommunistischen SED und des sogenannten `National-Kongresses´ wirkt, macht sich einer schweren<br />

Pflichtverletzung schuldig.<br />

Zu den Organisationen, deren Unterstützung mit den Dienstpflichten unvereinbar sind, gehören<br />

insbesondere:<br />

1. die Kommunistische Partei Deutschlands mit allen ihren Unterorganisationen,<br />

2. die sozialdemokratische Aktion,<br />

3. die Freie Deutsche Jugend (FDJ),<br />

4. die Vereinigung der Sowjetfreunde,<br />

5. die Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion,<br />

6. der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands,<br />

7. der gesamtdeutsche Arbeitskreis für Land- und Forstwirtschaft,<br />

8. das Komitee der Kämpfer für den Frieden,<br />

9. das Komitee der Jungen Friedenskämpfer,<br />

10. die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN),<br />

11. die Sozialistische Reichspartei,<br />

12. die sogenannte `Schwarze Front´ (Otto-Strasser-Bewegung),<br />

13. die `Nationale Front´ (Dachorganisation.<br />

Die Bundesregierung ersucht die Dienstvorgesetzten, gegen Beamte, Angestellte und Arbeiter, die ihre<br />

Treuepflicht gegenüber der Bundesrepublik durch Teilnahme an solchen Organisationen oder<br />

Bestrebungen verletzen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. […] Die Bundesregierung<br />

empfiehlt den Landesregierungen, sofort entsprechende Maßnahmen zu treffen.“ 234<br />

Außer Württemberg-Hohenzollern erließen alle Landesregierungen daraufhin ähnliche Bestimmungen.<br />

In der Frage der rechtlichen Wirkung des Erlasses vom 19. September 1950 war die Rechtsprechung<br />

gespalten. Die Arbeitsgerichte waren überwiegend der Meinung, dass die bloße Mitgliedschaft in einer<br />

kommunistischen Organisation die Entlassung aus dem öffentlichen Dienst nicht rechtfertige. Dem<br />

stehe das Parteienprivileg und die Tatsache entgegen, dass es sich bei dem Erlass der<br />

Bundesregierung um keine Rechtsnorm handele.<br />

Die Verwaltungsgerichte hielten überwiegend die Entlassung eines Beamten allein wegen seiner<br />

Mitgliedschaft in einer kommunistischen Organisation bei Widerrufsbeamten jedenfalls für zulässig.<br />

Aus einem abschließenden Arbeitszeugnis des Bürgermeisters der Stadt Bensheim geht hervor, dass<br />

<strong>Kindinger</strong> vom 23. Mai 1945 bis einschließlich 9. Mai 1952 als Angestellter der Stadt gearbeitet hat. 235<br />

Bemerkenswert ist, dass <strong>Kindinger</strong> bereits eine Woche nach seiner Rückkehr und noch gesundheitlich<br />

geschädigt von zehneinhalbjähriger Haft, Arbeit bei der Stadt aufnahm, und zwar zunächst als<br />

Straßenmeister. Der damalige Bürgermeister Treffert beschreibt seine Tätigkeiten und Aufgaben wie<br />

folgt: „Er war hier als Kolonnenführer für ca. 30 bis 35 städtische Arbeiter eingesetzt und hatte für diese<br />

Arbeiter die Arbeitseinteilung vorzunehmen und zu überwachen. Insbesondere hatte er die Aufgabe als<br />

Straßenmeister, mit den ihm zugeteilten städtischen Arbeitern nach Anweisung des Stadtbauamtes<br />

folgende Arbeiten auszuführen: Straßenausbesserungen, Kanal- und Sinkkastenreinigung, Gewinnung<br />

von Stocksteinen im Steinbruchbetrieb, Arbeiten im Kiesbruch, Erdarbeiten für Kanal- und<br />

Wasserleitungsbau, Material- und Schutttransport an die städtischen Baustellen und kurze Zeit auch die<br />

Müllabfuhr.“ 236<br />

234 Zit. n. Brünneck, Alexander von: Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1968.<br />

Frankfurt/Main 1978, S. 54f.<br />

235 Der Zeitraum der vorüber gehenden Entlassung wurde im Nachhinein finanziell abgegolten und als Zeitraum<br />

durchgehender Beschäftigung gewertet.<br />

236 Archiv der Stadt Bensheim, Personalakte <strong>Jakob</strong> <strong>Kindinger</strong>, Straßenbaumeister, geb. 1905.<br />

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