Die Person in der Arbeitswelt - GLE-International
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In <strong>der</strong> zweiten Grundmotivation geht es um die Beziehungen<br />
und um den Lebenswert, um Zuwendung und Nähe,<br />
wodurch die emotionale Wärme im Subjekt entsteht. Störungen<br />
auf dieser Ebene, wie zum Beispiel blockierte<br />
Emotionalität, Beziehungsangst, emotionale (depressive)<br />
Überlastung führen zu e<strong>in</strong>em Basisgefühl des Verpflichtetse<strong>in</strong>s.<br />
Solche Menschen s<strong>in</strong>d empfänglich für helfende<br />
Berufe, <strong>in</strong> denen sie trotz ihrer Bemühungen den Schuldgefühlen<br />
nicht entkommen und wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gefängnis eigener<br />
Bedürftigkeit sich für an<strong>der</strong>e hergeben. Sie kämpfen<br />
darum, für an<strong>der</strong>e ke<strong>in</strong>e Belastung zu se<strong>in</strong>, eigene Ansprüche<br />
h<strong>in</strong>tanzustellen, nicht schlecht se<strong>in</strong> zu wollen, ke<strong>in</strong>e<br />
Belastung darzustellen.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> dritten Grundmotivation geht es um die<br />
Anerkennung des Eigenen, des Selbstwertes und <strong>der</strong> Rechtfertigung<br />
<strong>der</strong> eigenen Existenz vor sich und den an<strong>der</strong>en.<br />
Man möchte von den Mitmenschen geschätzt werden und<br />
sich selbst schätzen können. Störungen <strong>in</strong> diesem Bereich<br />
machen den Menschen empfänglich für Verlockungen von<br />
Selbstwertangeboten, wie sie zum Beispiel Karriereberufe<br />
o<strong>der</strong> Geld mit sich br<strong>in</strong>gen. <strong>Die</strong> Bedürftigkeit besteht hier<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mangel an Selbstwert, <strong>der</strong> den Menschen gleichsam<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sucht nach Anerkennung treibt. Das Streben<br />
ist beseelt davon, von den Mitmenschen verehrt und geschätzt<br />
zu se<strong>in</strong>.<br />
Schließlich geht es <strong>in</strong> <strong>der</strong> vierten Grundmotivation um das<br />
F<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>ns, also des größeren Zusammenhanges, <strong>in</strong><br />
dem man sich selbst und se<strong>in</strong> eigenes Leben verstehen<br />
kann. Wer diese existentielle Haltung, für die die an<strong>der</strong>en<br />
drei Grundmotivationen Voraussetzung s<strong>in</strong>d, nicht hat, ist<br />
anfällig für S<strong>in</strong>nersatz, für “Sche<strong>in</strong>-S<strong>in</strong>ne” (z. B. Modeströmungen,<br />
gesellschaftlich anerkannte Ziele, ideologische<br />
Erklärungen usw.).<br />
7. Therapie und Prävention<br />
Therapie und Prävention des Burnouts haben natürlicherweise<br />
<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die situative Entlastung im Visier.<br />
Üblicherweise werden personbezogene, organisations- sowie<br />
<strong>in</strong>stitutionsbezogene Strategien überlegt (Sonneck<br />
1994, 27). Dazu gehören vor allem verhaltensorientierte<br />
Maßnahmen wie Abbau des Zeitdrucks, Delegation und<br />
Teilung von Verantwortung, Festlegen realistischer Ziele,<br />
das Besprechen normativer Vorstellungen, dysfunktionaler<br />
Glaubenssätze und Denkmuster, das Ausf<strong>in</strong>digmachen fehlen<strong>der</strong><br />
Informationen und Strategien zur Verbesserung <strong>der</strong><br />
Arbeitseffizienz, wobei die Supervision und die Bearbeitung<br />
von Teamkonflikten im Vor<strong>der</strong>grund stehen (ebd.).<br />
Schließlich werden auch die Behandlung fehlen<strong>der</strong> Autonomie<br />
sowie von Autoritätskonflikten angegeben (Sonneck<br />
1995, 9).<br />
<strong>Die</strong> existenzanalytische Behandlung des Burnouts wird<br />
zunächst gleichermaßen vorgehen, dann aber die Defizite<br />
im Bereich <strong>der</strong> Grundmotivationen erhellen und behandeln.<br />
ORIGINALARBEITEN<br />
Damit verlagern wir die Aufmerksamkeit von den äußeren<br />
Bed<strong>in</strong>gungen auf die Haltung zum Leben und auf die S<strong>in</strong>nstruktur,<br />
nach <strong>der</strong> das subjektive Leben ausgerichtet wird.<br />
<strong>Die</strong> Ausbildung authentischer, existentieller Haltungen<br />
stellt den eigentlichen Gew<strong>in</strong>n dar, <strong>der</strong> aus e<strong>in</strong>em durchgemachten<br />
Burnout zu ziehen ist.<br />
Für die Prävention empfiehlt Rothbucher (1996) die<br />
sogenannte Existentialmeditation, wie sie Längle (1988,<br />
110-119) im Kapitel “Anleitung zu existenzanalytischen<br />
Fragen” und Böschemeyer (1988, 140-145) im Kapitel<br />
“Anstöße zum sokratischen Dialog” vorgestellt haben.<br />
Damit kann die existentielle Lage durchforstet werden und<br />
schon im Frühstadium auf mögliche pathogene, nicht stimmige<br />
Lebensbereiche abgetastet werden.<br />
<strong>Die</strong> Bedeutung von Entspannungsverfahren und<br />
Erholungszeiten ist für die Prophylaxe unbestritten. Daneben<br />
arbeitet die Existenzanalyse aber spezifisch <strong>in</strong> erster<br />
L<strong>in</strong>ie an existentiellen Haltungen und situativen E<strong>in</strong>stellungen.<br />
Erst dann wird auch die Entspannung und Erholung<br />
e<strong>in</strong>e anhaltende Wirkung haben. Damit geht die Existenzanalyse<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Prävention bis <strong>in</strong> die Schicht <strong>der</strong><br />
Persönlichkeitsentwicklung vor. E<strong>in</strong>ige typische existenzanalytische<br />
Fragen zur Prävention und Behandlung des<br />
Burnouts s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 6 zusammengestellt.<br />
Prävention des Burnouts durch sich befragen:<br />
• Wozu mache ich das?<br />
• Mag ich das tun? Erlebe ich, daß es gut ist, so<br />
daß ich es gerne tue? Gibt mir die Tätigkeit auch<br />
jetzt etwas?<br />
• Will ich dafür leben – will ich dafür gelebt haben?<br />
Tab. 6: E<strong>in</strong>ige wesentliche existenzanalytische Fragen zur<br />
Prävention des Burnouts.<br />
Rothbucher und an<strong>der</strong>e Autoren stellen ihren Ausführungen<br />
e<strong>in</strong> prägnantes Kurzgedicht von Eugen Roth voraus:<br />
E<strong>in</strong> Mensch sagt und ist stolz darauf:<br />
“Ich geh‘ <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Pflichten auf!”<br />
Doch bald darauf, nicht mehr so munter,<br />
geht er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Pflichten unter!<br />
Der Gefahr durch erlebnisarme Pflichterfüllung auszubrennen,<br />
kann vorgebeugt werden. E<strong>in</strong>e pragmatische Faustregel<br />
könnte so lauten:<br />
These 8:<br />
Wer mehr als die Hälfte <strong>der</strong> Zeit<br />
mit D<strong>in</strong>gen beschäftig ist, die er nicht gerne<br />
tut, wo er nicht mit dem Herzen bei <strong>der</strong> Sache ist<br />
o<strong>der</strong> woran er ke<strong>in</strong>e Freude hat,<br />
<strong>der</strong> muß früher o<strong>der</strong> später mit e<strong>in</strong>em Burnout rechnen.<br />
EXISTENZANALYSE 2/97 19