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Die Person in der Arbeitswelt - GLE-International

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Mensch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> als <strong>Person</strong><br />

se<strong>in</strong> kann (wie kann e<strong>in</strong> Arbeitsklima<br />

geschaffen werden, das <strong>Person</strong>se<strong>in</strong> ermöglicht<br />

und damit die Leistung erhöht?).<br />

Der Arbeitsvertrag<br />

In e<strong>in</strong>em Arbeitsvertrag willigt die<br />

<strong>Person</strong> dazu e<strong>in</strong>: Ihr könnt mich benutzen.<br />

Man könnte e<strong>in</strong> Arbeitsverhältnis<br />

deuten als e<strong>in</strong> „Benutzt-werden mit<br />

Zustimmung“.<br />

Der Arbeitsvertrag zwischen dem<br />

<strong>Die</strong>nstgeber und <strong>der</strong> <strong>Person</strong> des<br />

<strong>Die</strong>nstnehmers be<strong>in</strong>haltet nämlich, daß<br />

<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstnehmer se<strong>in</strong>e Arbeitskraft<br />

für e<strong>in</strong>e vere<strong>in</strong>barte Zeit dem <strong>Die</strong>nstgeber<br />

zur Verfügung stellt und sich den<br />

Weisungen se<strong>in</strong>es Vorgesetzten unterwirft<br />

(Weisungsgebundenheit). Der juristische<br />

Begriff „<strong>Person</strong>“ stimmt mit<br />

dem existentiellen Begriff „<strong>Person</strong>“<br />

(„Das Freie und Ansprechbare, das<br />

durch die Maske durchtönt“ 3 ) nur dar<strong>in</strong><br />

übere<strong>in</strong>, daß die <strong>Person</strong> dem Vertrag<br />

frei zustimmt.<br />

Gefragt ist am Arbeitsplatz <strong>der</strong><br />

Nutzwert, also nur bestimmte Kräfte<br />

und Fähigkeiten des Menschen für bestimmte<br />

Aufgaben. Nicht gefragt ist<br />

<strong>der</strong> Eigenwert <strong>der</strong> <strong>Person</strong>, o<strong>der</strong> die<br />

<strong>Person</strong> an sich.<br />

Damit die Zustimmung des<br />

Arbeitsnehmers zum Vertrag e<strong>in</strong>e echte<br />

ist, muß er wissen, was von ihm erwartet<br />

wird. Deshalb: Erwartungen<br />

müssen klar formuliert werden! (*)<br />

Idealerweise kennt <strong>der</strong> potentielle<br />

<strong>Die</strong>nstnehmer aufgrund e<strong>in</strong>er Aufgabenbeschreibung<br />

und e<strong>in</strong>es Anfor<strong>der</strong>ungsprofils,<br />

was von ihm erwartet<br />

wird. Somit kann sich <strong>der</strong> Bewerber<br />

fragen: Kann ich diesen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

überhaupt entsprechen o<strong>der</strong><br />

nicht ? (Leistungsfähgikeit und Leistungsmöglichkeit)<br />

Will ich überhaupt<br />

das Erwartete tun, um dafür den Nutzen<br />

<strong>der</strong> Entlohnung zu erhalten, o<strong>der</strong><br />

nicht? Ist es mir wert, für diese Entloh-<br />

50 EXISTENZANALYSE 2/97<br />

WORKSHOPBERICHTE<br />

nung mich den Erfor<strong>der</strong>nissen und Zielen<br />

zu unterwerfen? (Leistungsbereitschaft)<br />

4<br />

Was e<strong>in</strong> Arbeitnehmer<br />

realistischerweise nicht erwarten<br />

kann<br />

E<strong>in</strong> Beispiel:<br />

Herr K. ist 40 Jahre, ist ohne Beruf, da er<br />

es bisher noch nie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Arbeitsverhältnis<br />

länger aushielt. Er war ständig auf <strong>der</strong><br />

Suche nach e<strong>in</strong>em Vater, den er verehren<br />

bzw. auf den er aufschauen könnte, und<br />

nach <strong>der</strong> wertschätzenden Zuwendung von<br />

ihm bzw. von se<strong>in</strong>er Mutter. Somit benutzte<br />

er jedes Anstellungsverhältnis für spektakuläre<br />

Auftritte und für kreative<br />

Innovationsergüsse (die er meist <strong>in</strong> Form<br />

von Vorwürfen e<strong>in</strong>brachte und für <strong>der</strong>en<br />

Bereich er überhaupt nicht zuständig war).<br />

Er for<strong>der</strong>te massiv, daß man auf se<strong>in</strong>e <strong>Person</strong><br />

e<strong>in</strong>gehen müsse; g<strong>in</strong>g selbst aber nicht<br />

im ger<strong>in</strong>gsten auf die Vorstellungen des<br />

<strong>Die</strong>nstgebers e<strong>in</strong>. Damit wurden die meisten<br />

Arbeitsverträge kurzfristig wie<strong>der</strong> aufgelöst.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Therapie hatte er gelernt, mit<br />

<strong>der</strong> Realität Beziehung aufzunehmen. Er<br />

wollte von <strong>der</strong> Versorgung durch das Arbeitsamt<br />

unabhängig werden und e<strong>in</strong> geregeltes<br />

E<strong>in</strong>kommen beziehen, auch wenn es<br />

kle<strong>in</strong> war. So stieg er mit e<strong>in</strong>er neuen Haltung<br />

(die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie gestützt wurde) <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> neues Arbeitsverhältnis e<strong>in</strong>: Ihm war<br />

bewußt, daß für se<strong>in</strong>en Nutzen des geregelten<br />

E<strong>in</strong>kommens se<strong>in</strong> Chef von ihm ebenfalls<br />

e<strong>in</strong>en ganz konkreten Nutzen wollte.<br />

Gleich beim Arbeitsvertrag erfragte er sehr<br />

genau, was man von ihm erwarte. Er achtete<br />

sehr darauf, daß er die erwarteten Leistungen<br />

erbrachte. Und bei all se<strong>in</strong>er Kreativität<br />

prüfte er, ob se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>novativen Ideen<br />

auch den Vorstellungen <strong>der</strong> Vorgesetzten<br />

entsprachen. Herr K. hatte es - für se<strong>in</strong>e<br />

Begriffe - recht lange im <strong>Die</strong>nstverhältnis<br />

durchgehalten, bis er sich e<strong>in</strong>e bessere Alternative<br />

fand. Er wechselte den Job, weil<br />

er im neuen Beruf den an ihn gestellten Erwartungen<br />

und den Arbeitsumständen deutlicher<br />

zustimmen konnte.<br />

Das Gelungene bei Herrn K. war, daß er<br />

sich freimachten konnte von unrealistischen<br />

Erwartungen („<strong>Die</strong> müssen doch ...“), daß<br />

er Beziehung zur Realität e<strong>in</strong>es Arbeitsver-<br />

hältnisses aufgenommen hatte und sich dabei<br />

trotzdem treu blieb.<br />

Der Arbeitnehmer kann realistischerweise<br />

nicht erwarten, daß er sich im<br />

Betrieb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ausmaß als e<strong>in</strong>zigartige<br />

<strong>Person</strong> entfalten kann, wie er es<br />

sonst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leben nie se<strong>in</strong> kann.<br />

Der Arbeitsplatz ist ke<strong>in</strong> Raum, wo er<br />

sich das holen kann, was er zum<br />

<strong>Person</strong>se<strong>in</strong> braucht und das er sonst im<br />

Leben nicht bekommt. Der Primärzweck<br />

e<strong>in</strong>es Betriebes ist nicht die<br />

persönliche Selbstentfaltung, son<strong>der</strong>n<br />

das Produzieren bestimmter Produkte<br />

o<strong>der</strong> das Erbr<strong>in</strong>gen bestimmter <strong>Die</strong>nstleistungen.<br />

Auch ist die Arbeit, die jemand<br />

leistet, im Normalfall nicht e<strong>in</strong>zigartig.<br />

(E<strong>in</strong>zigartigkeit ist ja wesentlich für<br />

<strong>Person</strong>se<strong>in</strong>). Im Gegenteil, <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />

ist leicht ersetzbar durch an<strong>der</strong>e,<br />

da die Tätigkeitsbereiche se<strong>in</strong>er<br />

Arbeitsstelle meist präzis def<strong>in</strong>iert<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

<strong>Person</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vere<strong>in</strong>barten Rolle<br />

Der Mensch ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeitswelt</strong><br />

nicht als gesamte <strong>Person</strong> gefragt, son<strong>der</strong>n<br />

nur <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf bestimmte<br />

Erwartungen - und das als <strong>Person</strong>!<br />

(*)<br />

Das heißt, e<strong>in</strong> Bündel an Verhaltenserwartungen<br />

(„Es wird erwartet, daß du<br />

tust“) def<strong>in</strong>ieren die Rolle, die <strong>der</strong><br />

Arbeitnehmer e<strong>in</strong>zunehmen hat.<br />

Der Unterschied zum Roboter ist <strong>der</strong>,<br />

daß die <strong>Person</strong> die Erwartungen verhandeln<br />

und vere<strong>in</strong>baren kann und <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Rolle e<strong>in</strong>en Freiraum hat,<br />

<strong>in</strong> dem sie die Rolle - ver-antwortungsvoll<br />

- gestaltet.<br />

Hier liegen aber e<strong>in</strong>ige Ursachen, warum<br />

<strong>Person</strong>se<strong>in</strong> im Betrieb scheitern<br />

kann:<br />

• Wenn nicht klar def<strong>in</strong>iert und kommuniziert<br />

wird, was erwartet wird:<br />

Oft muß <strong>der</strong> Arbeitnehmer sich diese<br />

- oft unausgesprochenen - Erwartungen<br />

hartnäckig e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>n:<br />

3 A. Längle leitete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vortrag im Zuge <strong>der</strong> Ausbildungskurses den Begriff <strong>Person</strong> von dem late<strong>in</strong>ischen Begriff „personare“ (=<br />

durchtönen, wi<strong>der</strong>hallen) ab. <strong>Person</strong> ist das, was h<strong>in</strong>ter allem Äußeren und allen Äußerungen steckt<br />

4 R. Sprenger unterscheidet zwischen Leistungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Leistungsmöglichkeit, wobei die Leistungsbereitschaft<br />

von <strong>der</strong> Führungskraft nicht bee<strong>in</strong>flußbar ist. Wohl aber kann sie für die Leistungsfähigkeit sorgen und für Rahmenbed<strong>in</strong>gungen,<br />

die se<strong>in</strong>e Leistung ermöglichen und <strong>der</strong> vorhandenen Leistungsbereitschaft Raum geben (Sprenger, 153 f.).

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