Die Person in der Arbeitswelt - GLE-International
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Gesundheitsforschung<br />
46 EXISTENZANALYSE 2/97<br />
WORKSHOPBERICHTE<br />
AltersGerechte <strong>Arbeitswelt</strong> -<br />
Productive Age<strong>in</strong>g<br />
Workshop mit Irene Kloimuüller und He<strong>in</strong>rich Geißler<br />
Wieviele Jahre Ihres bereits gelebten<br />
Lebens würden Sie gerne hergeben?<br />
Ke<strong>in</strong>es?!<br />
Jünger aussehen, fit bleiben.<br />
Wie vor 10, 20 Jahren.<br />
Schon.<br />
Aber ke<strong>in</strong>en Tag jünger im Se<strong>in</strong><br />
Mit dem Älterwerden vermehren sich<br />
Erfahrung, Rout<strong>in</strong>e, Weitsicht - mit<br />
den Jahresr<strong>in</strong>gen wächst auch <strong>der</strong><br />
Baum. An den Aufgaben, an den Verlusten,<br />
an den Erfolgen und an den<br />
“Nie<strong>der</strong>lagen” im Leben wachsen wir,<br />
haben dazugelernt und schwierige Situationen<br />
oft gemeistert. Jahresr<strong>in</strong>ge<br />
s<strong>in</strong>d Erfahrungsgew<strong>in</strong>ne.<br />
Trotz <strong>der</strong> persönlichen Erfahrung<br />
prägt <strong>der</strong> Zeitgeist <strong>in</strong> uns e<strong>in</strong> negatives<br />
Bild vom Älterwerden: unattraktiv<br />
werden, körperlich und geistig nachlassen,<br />
starr und streitsüchtig se<strong>in</strong> - zum<br />
alten Eisen gehören. Wissenschaftliche<br />
Ergebnisse belegen nun, daß wir SO<br />
altern, wie wir glauben, daß man altert.<br />
Je negativer dieses Alters-Bildnis,<br />
um so schwieriger, unglücklicher und<br />
destruktiver wird das eigene Älterwerden.<br />
Zudem herrscht <strong>in</strong> unserer Gesellschaft<br />
das Bild vom “destructive<br />
ag<strong>in</strong>g” als Naturgesetz des Älterwerdens<br />
vor. E<strong>in</strong>stellungen, Entscheidungen<br />
und Verhaltensweisen von Führungskräften,<br />
<strong>Person</strong>alverantwortlichen<br />
wie auch Kollegen gegenüber älteren<br />
Mitarbeitern s<strong>in</strong>d von e<strong>in</strong>er Tendenz<br />
zum Negativen begleitet.<br />
Der Grund für diese Abwertung<br />
ist die Gleichsetzung des Älterwerdens<br />
im Berufsleben mit zahlreichen unproduktiven<br />
und destruktiven Ersche<strong>in</strong>ungen:<br />
· steigende Krankenstandstage<br />
· Arbeitsunfähigkeit und Frühpensionierung<br />
· Produktivitätsabfall<br />
· mangelnde Lernfähigkeit<br />
· schwierige Interaktion<br />
· e<strong>in</strong>geschränkte Vermittelbarkeit<br />
· u.v.a.<br />
Ältere Mitarbeiter werden häufig abgeschrieben,<br />
es wird von ihnen nichts<br />
mehr erwartet. Und dieser “äußeren<br />
Kündigung” folgt die berühmte “<strong>in</strong>nere<br />
Kündigung”. Vieles von dem was<br />
wir als Altern verstehen ist ke<strong>in</strong> Naturgesetz,<br />
son<strong>der</strong>n Folge dieser <strong>in</strong>neren<br />
und äußeren Ausgrenzung. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
am Arbeitsplatz.<br />
<strong>Die</strong> Gründe für “destructive<br />
ag<strong>in</strong>g” im Arbeitsleben liegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
altersungerechten Struktur <strong>der</strong> <strong>Arbeitswelt</strong>:<br />
· Psychobiologische Überfor<strong>der</strong>ung<br />
Während die körperliche (!) Leistungsfähigkeit<br />
mit dem Älterwerden<br />
tendenziell abnimmt, bleiben<br />
die Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen an<br />
jungen, gesunden Arbeitnehmern<br />
ausgerichtet. <strong>Die</strong>se Überfor<strong>der</strong>ung<br />
führt durch chronischen Stress zu<br />
verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ter Erwerbsfähigkeit, erhöhter<br />
Krankheitsrate und frühzeitiger<br />
Pensionierung.<br />
· Geistige Unterfor<strong>der</strong>ung<br />
Der (berufsbed<strong>in</strong>gten) Zunahme von<br />
geistigen Fähigkeiten mit dem<br />
Älterwerden steht <strong>in</strong> vielen Fällen<br />
mangelnde Herausfor<strong>der</strong>ung älterer<br />
Arbeitnehmer gegenüber. S<strong>in</strong>nverlust<br />
bis zum Wi<strong>der</strong>willen beschleunigen<br />
Krankheitsentwicklung<br />
und Frühpensionierung.<br />
· Verlust sozialer E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />
Ältere Arbeitnehmer erfahren weni-<br />
ger Herausfor<strong>der</strong>ung, “man” erwartet<br />
weniger von ihnen. <strong>Person</strong>alentwicklung<br />
über 40 gibt es nicht. E<strong>in</strong>stellungskriterien<br />
und Angebote für<br />
ältere Arbeitnehmer fehlen. Gleichaltrige<br />
Kollegen werden “dünn” am<br />
Arbeitsplatz. Der Verlust von Anerkennung<br />
und sozialer Integration am<br />
Arbeitsplatz erhöht das Risiko von<br />
Krankheit und Frühpensionierung.<br />
· Alters-Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />
<strong>Die</strong> Abwertung älterer Menschen<br />
nimmt zu - und zwar <strong>in</strong> <strong>der</strong> gesamten<br />
Gesellschaft. <strong>Die</strong> Folgen s<strong>in</strong>d<br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung, Selbstwertverlust<br />
und <strong>in</strong>nerer Rückzug - auch am Arbeitsplatz.<br />
Der geschürte Generationskonflikt<br />
ist e<strong>in</strong>e wesentliche<br />
demokratiepolitische Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Gegenwart und Zukunft.<br />
· Attraktives Privatleben<br />
Seit den siebziger Jahren ist e<strong>in</strong><br />
gesicherter Ruhestand für die Mehrheit<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer reale Möglichkeit.<br />
Das Privatleben ist heute<br />
e<strong>in</strong>e attraktive Sphäre <strong>der</strong> Selbstverwirklichung<br />
von Interessen und<br />
Hobbys. <strong>Die</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> steht damit<br />
<strong>in</strong> Konkurrenz zum Privatleben.<br />
E<strong>in</strong> attraktives Arbeitsleben ist Voraussetzung<br />
für e<strong>in</strong> gesundes Verbleiben<br />
im Beruf.<br />
Mit dem Nationalprogramm<br />
“AltersGerechte <strong>Arbeitswelt</strong>” kann zu<br />
e<strong>in</strong>er Wende vom gegenwärtigen<br />
“destructive ag<strong>in</strong>g” zu e<strong>in</strong>em künftigen<br />
“productive ag<strong>in</strong>g” im Arbeitsleben - und<br />
darüber h<strong>in</strong>aus - beigetragen werden.<br />
Als Ergebnis e<strong>in</strong>es Umgestaltungsprozesses<br />
stehen respektvolle Unternehmenskultur,<br />
gute Beziehungen, verbesserte<br />
Arbeitsorganisation, erhaltene<br />
Arbeitsfähigkeit, gute Gesundheit und<br />
Produktivität und e<strong>in</strong> produktives Privatleben.<br />
Productive Age<strong>in</strong>g - altersGerechte<br />
<strong>Arbeitswelt</strong> eröffnet menschengerechte<br />
AlterNativen: Altern als Wachstum,<br />
als produktives Leben, mit se<strong>in</strong>en Interessen,<br />
Pflichten, Hobbys und Vergnügen.<br />
In Gesundheit arbeitsfähig zu<br />
bleiben, privat und beruflich. Frei von<br />
destruktiven Altersbildnissen.