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Jenseits von Darwin - Christian Blöss

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11. Spekulationen 99<br />

11. SPEKULATIONEN<br />

Beim Spekulieren war <strong>Darwin</strong> der Erste • Wissenschaftsmüdigkeit und des Kaisers neue<br />

Kleider • Facetten ein und derselben Fragestellung: cerebraler Code, Biophotonen und morphogenetisches<br />

Feld • Müssen Spekulationen immer scheitern? • Was Mannheimer Bakterien<br />

und Münchener Hunde gemeinsam haben könnten • Über die Vorsicht beim Tappen im Dunkeln<br />

Wozu, könnte man fragen, gibt es in einem Buch, das <strong>von</strong> Spekulationen nur so wimmelt, dafür<br />

auch noch ein Extrakapitel? Ist eine Steigerung des bislang freigesetzten spekulativen Potentials<br />

überhaupt noch möglich? Das vielleicht nicht, aber es ist nützlich, die bereits eingeflochtenen<br />

und nicht immer als solche kenntlich gemachten Spekulationen zusammenzufassen<br />

und sie mit einigen anderen noch nicht zur Sprache gekommenen zu bündeln. Daraus ergeben<br />

sich Ausblicke auf zukünftige Forschungsfelder. Spekulationen sind gewissermaßen<br />

Formulierungshilfen für neue Fragen an und neue Blickwinkel für die Natur.<br />

Hatte nicht auch <strong>Darwin</strong> spekuliert, d.h. »durch Überlegungen den Bereich der Erfahrungen<br />

überschritten«? Tatsächlich hat ihn der Bereich der Erfahrungen im Hinblick auf etliche Hypothesen<br />

Lückenhaftigkeit der Fossilurkunden, Zufallsregime auf der Ebene der Varietätenbildung<br />

usw. bis heute schmählich im Stich gelassen. Seine größte Spekulation bestand allerdings<br />

in der Annahme innerweltlicher Ursachen für die Evolution. In diesem Satz sind genaugenommen<br />

zwei Spekulationen enthalten. Bezüglich des Phänomens »Evolution« die eine<br />

Spekulation halten wir uns an die lateinische Übersetzung: »abwerfen, hinaustreiben, verdrängen,<br />

auseinanderwickeln, aufrollen, entwickeln, darstellen«. Das ist es, was die nichtspekulativen<br />

Fossilzeugnisse verraten. Dann sind da die innerweltlieben Ursachen. Wir haben<br />

uns an diesen Gedanken gewöhnt, und unterstellen nicht gleich »transzendente Mächte«,<br />

wenn die Ursache sich nicht aufzeigen läßt (vgl. aber Pertigen 1988b). Für die Gegner <strong>Darwin</strong>s<br />

hingegen war dieser Gedanke erschreckend: Die innerweltlichen Ursachen sind blind;<br />

es gibt kein vorprogrammiertes Heil mehr für die Menschen. Wir wissen aber mittlerweile:<br />

Ordnung ist die Voraussetzung für den Prozeß der Spekulation; wer noch keine gesicherten<br />

Erfahrungen machen konnte, vermag auch nicht zu spekulieren. Das Phänomen des spekulativen<br />

Geistes ist also der Beweis für einen grundlegenden (und stabilen) Zug <strong>von</strong> Ordnung in<br />

der Natur.<br />

Hinsichtlich der Variabilität der Arten hat <strong>Darwin</strong> nur begrenzt spekuliert, denn er hat die Erfahrungen<br />

aus der künstlichen Zuchtwahl auf die freie Natur übertragen. Die variablen<br />

Exemplare einer Art werden zum Objekt der Naturkräfte, sie verrichten an ihnen eine natürliche<br />

Zuchtwahl. Die morphologischen Eigenschaften eines Tieres oder einer Pflanze sind gezielt<br />

variabel. Was dem Menschen beim Schwein die zusätzliche Rippe ist, wird vor dem Gericht<br />

der natürlichen Zuchtwahl die Fitneß. So wie es vorderhand nicht unmöglich ist, aus einem<br />

Schwein mit N Rippen eines mit (N+ 1) Rippen zu machen, so kann, wenn nur genügend<br />

Zeit ins Land geht, aus einem Reptil ein Vogel werden. Das ist, wie gesagt, nicht auszuschließen.<br />

Das Problem besteht lediglich darin, daß wir niemals einen »speculator«, eine<br />

Aufklärungstruppe empfangen werden, die uns diese Annahme verifiziert. <strong>Darwin</strong> sprach nie<br />

ausdrücklich da<strong>von</strong>, daß in dieser Hinsicht nur »specula«, nämlich schwache Hoffnung sei.<br />

Das Parkett des <strong>Darwin</strong>ismus ist hinsichtlich der Verifizierbarkeit »speculoclarus«, i.e. spiegelglatt.

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