Jenseits von Darwin - Christian Blöss
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7. Die Ordnung der Moleküle - Von der Schablone zum Hyperzyklus 57<br />
7. DIE ORDNUNG DER MOLEKÜLE - VON DER SCHABLONE<br />
ZUM HYPERZYKLUS<br />
Die Nagelprobe der Molekularbiologie: Je determinierter die Gestalt der ersten Zelle, desto<br />
sprunghafter wird Evolution ablaufen • Wir könnten wir Evolution im Reagenzglas beobachten,<br />
wenn sich Bakterien so schnell entwickeln würden, wie es die Säuger getan haben • Rauher<br />
Wind gegen das molekularbiologische Dogma: Boten-RNS vergreifen sich an einem Tabu<br />
• Wie formieren sich neue Gen-Batterien oder: die Evolution eines Fisches zu einem<br />
Lurch binnen drei Wochen<br />
Das vorangegangene Kapitel konnte den Schleier <strong>von</strong> der geheimnisvollen molekularen Weit<br />
des Lebens nur so weit lüften, als es eine vernünftige Hypothese für die Entstehung raumzeitlicher<br />
Strukturen auf dieser submikroskopischen Ebene gibt. Strukturbildung erfolgt nicht unter<br />
allen Bedingungen, aber wenn, dann »schlagartig« unter der Bedingung nichtlinearer<br />
Rückkopplungsmechanismen zwischen Reaktionsedukten und produkten in den einzelnen<br />
Reaktionsebenen. Auf diesem Grundphänomen beruhen auch die zahlreichen Laborversuche<br />
zur »Selbstorganisation der Materie« (z.B. Eigen/Schuster 1982). Der Aspekt der nunmehr<br />
nur noch unstetig zu erwartenden Strukturübergänge findet dabei allerdings wenig<br />
Beachtung.<br />
Folgende Themen sollen in diesem Kapitel behandelt werden: zuerst die Frage, welcher »Gestaltungsspielraum«<br />
der Evolution durch die ersten »selbstorganisierten« Molekülkomplexe<br />
überhaupt gelassen worden ist? War alles »frei«, oder hat eine <strong>von</strong> Beginn an sehr eingeschränkte<br />
Mannigfaltigkeit erster Lebewesen die Evolution bereits kanalisiert und damit auch<br />
den Keim ihrer Sprunghaftigkeit gelegt? Dann provoziert der Befund einer Evolutionsbeschleunigung<br />
die Frage nach der Möglichkeit einer Wechselwirkung zwischen Genom und<br />
Umwelt. Während diese Frage im Rahmen des molekularbiologischen Dogmas als sinnlos<br />
oder sogar häretisch angesehen Wird, verweisen Experimente darauf, daß sie doch dringlichst<br />
gestellt werden muß, und daß die Antworten darauf ungeahnte Dimensionen eröffnen. Formieren<br />
sich ganze GenBatterien im Genom, um gewissermaßen schlagartig, unter veränderten<br />
Umweltbedingungen dann zum Ausdruck zu kommen? Während das »Präadaptive« dieses<br />
'Vorgangs, daß nämlich diese Formierung vor jeder Notwendigkeit <strong>von</strong>statten gehen müßte,<br />
dem harten Wissenschaftler Kopfzerbrechen bereitet, könnte es zugleich eine Ahnung da<strong>von</strong><br />
vermitteln, wie umfassend die Informationsvermittlung und übertragung zwischen den Gen<br />
Pools der Arten womöglich ist und daß schon längst die Abstimmung zukünftig realisierter<br />
Biosphären stattgefunden hat.<br />
Die Diskussion, ob denn unter irdischen Ur-Bedingungen (Überlegungen, wie diese beschaffen<br />
gewesen sein mag, sind natürlich immer auf Spekulationen angewiesen) überhaupt eine<br />
spontane Entstehung erster DNSKetten oder erster Reproduktionszyklen mit DNS und Protein<br />
zu erwarten war, verläuft sehr kontrovers. Sidney W. Fox beschreibt die beiden »Lager«<br />
so: »Gould und andere Neo<strong>Darwin</strong>isten unterstellen der natürlichen Zuchtwahl eine Kreativität,<br />
indem sie <strong>von</strong> außen auf etwas wirkt. Die Alternative, daß natürliche Zuchtwahl auf<br />
Komplexe wirkt, die <strong>von</strong> innen, das heißt auf molekularer Ebene (bereits, CB) entstanden<br />
sind, wird nicht diskutiert.« (1984, 18)<br />
Fox hat viele Experimente unter präbiotischen Bedingungen gemacht bzw. ausgewertet. Er<br />
ist der Meinung, daß die neodarwinistische Formulierung, Evolution werde durch die natürli-