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Jenseits von Darwin - Christian Blöss

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8. Der Zufall - Von der göttlichen Fügung zum Evolutionstrigger 67<br />

8. DER ZUFALL - VON DER GÖTTLICHEN FÜGUNG ZUM<br />

EVOLUTIONSTRIGGER<br />

Warum ein Meteoritenschlag zugleich ein Schlag ins Gesicht der Erdgeschichtler ist • Die<br />

kausale Reichweite katastrophischer Naturgeschichte: so kurz, daß die Versuchung, einen unrichtigen<br />

Zusammenhang herzustellen, gar nicht aufkommen kann • Warum die vordarwinsche<br />

Naturgeschichte Katastrophen hinnahm: Sie waren das Werkzeug Gottes zur Gestaltung<br />

einer menschengerechteren Welt • <strong>Darwin</strong>s größte Schwäche: das Hinwegfegen der Epochenvorstellung<br />

in Ermangelung geeigneter nichtkatastrophischer Ursachen für die Epochenschnitte<br />

Können wir Evolution als die Abfolge <strong>von</strong> Ausdrücken eines in sich abgestimmten universellen<br />

GenBestandes verstehen, der aufgrund veränderter Randbedingungen des Ökosystems<br />

über kurz oder lang »ausgereizt« ist und einem neuen Gen Bestand Platz machen muß? Nach<br />

den Begriffen moderner Systemtheorie, insbesondere denen der noch jungen Katastrophentheorie,<br />

ist nichts anderes zu erwarten (Saunders 1980; Woodcock 1978; Gilmore 1981). Wir<br />

haben aber nicht mehr als nur einige, wenn auch starke Indizien, daß neue GenBestände koaptiert<br />

sind und deutliche Strukturänderungen wenn auch nur innerhalb einer Spezies und<br />

keineswegs bezüglich der gesamten Biosphäre bedeuten. Die Molekularbiologie macht diese<br />

Annahme also sinnfällig. Es müssen aber »äußere« Indizien hinzukommen, die das Heraustreiben<br />

des Systems aus seiner gegenwärtigen Konfiguration anzeigen und verständlich machen.<br />

Wir machen uns also auf die Suche nach Katastrophenindizien, und das in zweierlei<br />

Hinsicht: zum einen als reale katastrophische Ursache einer gleichermaßen heftigen Veränderung<br />

in der Ökosphäre. Auf diesen Aspekt konzentriert sich der wieder modern gewordene<br />

Katastrophismus in Geologie und Paläontologie. Katastrophale Folgen für die Ökosphäre<br />

können andererseits auch aus einem geringfügigen Vorgang erwachsen, meist wegen des<br />

Überschreitens eines kritischen Grenzwertes bestimmter Parameter, und wird <strong>von</strong> moderner<br />

Systemtheorie in Gestalt der »catastrophe theory« interpretiert.<br />

Katastrophentheorien sind bei aller Evidenz der historischen Umbrüche sehr schwer in die<br />

moderne Naturgeschichte integrierbar. Der Grund dafür liegt in der Akausalität äußerer Einflüsse.<br />

Solange mit solchen Einflüssen nicht zu rechnen ist, lassen sich die evolutionären<br />

Vorgänge auf »irdische« Ursachen zurückführen, für die Spuren gefunden und prinzipiell jedenfalls<br />

zu einem geschlossenen Netz <strong>von</strong> Ursachen und Wirkungen geknüpft werden können.<br />

Allzuoft versagt dieses Unterfangen allerdings, denn für die explosiven Radiationen zum<br />

Beispiel sind entsprechend »starke« Ursachen kaum zu identifizieren. Wie sollten auch ihre<br />

Spuren zu finden sein, wenn für die nachgewiesene Neu oder Umgestaltung der Biosphäre lediglich<br />

die Mutation nur eines Bakterienstammes verantwortlich gewesen wäre. Ähnlich<br />

schwierigen Verhältnissen sieht sich der Naturgeschichtler angesichts realer Katastrophen gegenüber,<br />

denn die Ursache ist zufällig, sie beendet eine kausal eventuell doch zufriedenstellende<br />

Rekonstruktion und läutet einen Neuanfang dieser Arbeit ein, denn die ökologischen<br />

Verhältnisse können radikal anders sein und sind wenn überhaupt nur mühselig aus den<br />

Funden abzulesen. Ein Meteoritenschlag sei für die erdgeschichtliche Forschung »ein Schlag<br />

ins Gesicht«, denn die Forschung bemühe sich ja gerade, erdgeschichtliche Ereignisse aus irdischhistorischen<br />

Voraussetzungen zu erklären. (Hölder 1962; 358)<br />

Vielleicht muß sich Naturgeschichte, und womöglich auch andere Formen der Geschichtsrekonstruktion,<br />

daran gewöhnen, daß erkannte Ordnung nicht bloß für ihre Entstehung, sondern

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