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Jenseits von Darwin - Christian Blöss

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18 <strong>Jenseits</strong> <strong>von</strong> <strong>Darwin</strong><br />

Richtig ist, daß sich für jedes Lebewesen mit seinem mehr oder weniger vollkommenen Satz<br />

an Überlebensstrategien eine Varietät denken ließe, die für den Überlebenskampf besser gerüstet<br />

wäre. Unabhängig <strong>von</strong> der Tatsache, daß die Entstehung dieser Varietät eine Frage des<br />

Managements und nicht des Zufalls auf molekular-biologischer Ebene wäre, wird man sich<br />

die Frage stellen müssen, ob der Natur eine solche Varietät überhaupt passen wurde. <strong>Darwin</strong><br />

hat die Illusion in die Welt gesetzt, daß die Geschichte der belebten Natur eine stetige Folge<br />

<strong>von</strong> sich parallel entwickelnden und verzweigenden Arten ist. Aber noch nie ist es <strong>Darwin</strong>isten<br />

möglich gewesen, für das Problem, worin denn zum Beispiel die Selektionsvorteile der<br />

Varietäten zwischen Reptil und Säuger bestanden haben mögen, etwas anderes als ein<br />

Schlupfloch angeben zu können: Es müssen aber welche bestanden haben – denn sonst hätte<br />

es die Säuger nicht gegeben. Der darauf folgende Stoßseufzer ist tief, muß aber stumm bleiben:<br />

Hätten wir doch wenigstens eine Zwischenvarietät gefunden. Derek Ager diagnostizierte<br />

das methodische Nicht-zur-Kenntnis-Nehmen des dieser Ansicht radikal widersprechenden<br />

paläontologischen Befundes als einen Fall <strong>von</strong> Gehirnwäsche. <strong>Darwin</strong> auf die Füße zu stellen<br />

bedeutete eine Umkehrung seines Arguments vom Selektionsvorteil: Eine Art entsteht nicht<br />

durch die Kumulation einzelner Änderungen, die jeweils irgendeinen Vorteil im Überlebenskampf<br />

bedeuten, sie entsteht vielmehr, weil sie sonst für die Reproduktion des Ganzen fehlen<br />

würde.<br />

<strong>Darwin</strong>s Ansatz mündete in das Paradigma <strong>von</strong> der zufälligen Mutation, die dem unerbittlichen<br />

Urteil der natürlichen Zuchtwahl unterworfen wird. Also forscht man nach Möglichkeiten<br />

der Mutation und dem ihr zugrunde liegenden Mechanismus auf molekularer Ebene. Man<br />

versteht wohl recht gut, wie Reproduktion geschieht, aber Anzeichen für ein<br />

nichtschädliches, geschweige denn progressives Zusammenspiel <strong>von</strong> »Zufall und Notwendigkeit«<br />

im molekularen Bereich finden sich nicht. <strong>Darwin</strong>istisch orientierte Forschung kann mit<br />

der Frage, wie »Natur« auf eine Tierart wirkt, damit diese sich gegebenen Anforderungen anpaßt,<br />

nichts anfangen, weil das »zentrale Dogma« der modernen Molekularbiologie eine <strong>von</strong><br />

»außen« kommende Wirkung auf das Genom ohne Ausnahme für unmöglich erklärt. Evolution<br />

sei ausschließlich das Ergebnis einer Selektion <strong>von</strong> Mutationen, die ein Widerhall des gegen<br />

Einflüsse <strong>von</strong> außen blinden und tauben, sich sinn- und regellos verändernden Genoms<br />

sind. Aus dem Chaos der Varietäten filtere die natürliche Zuchtwahl diejenigen Exemplare<br />

heraus, die unter den gegebenen Umständen erfolgreicher um das Überleben kämpfen<br />

können. Der Selektionsdruck ist im <strong>Darwin</strong>ismus nur der Gegendruck, erzeugt durch ein auf<br />

den überquellenden Topf <strong>von</strong> Varietäten gepreßtes Sieb, das nur die den Lebensumständen<br />

besser angepaßten Exemplare passieren. Aber das Ergebnis wäre – um in dem Bild zu bleiben<br />

– ein Brei und bestünde nicht aus den unzähligen aufeinander abgestimmten Bausteinen, die<br />

im Aufbau des Organismus wie in der ganzen Biosphäre zu erkennen sind.<br />

<strong>Darwin</strong> hätte wahrscheinlich der Metapher <strong>von</strong> der in sich abgestimmten Maschine der Natur<br />

zustimmen können. Seine Zeit war noch geprägt <strong>von</strong> der Vorstellung Gottes als eines Maschinenbauers,<br />

dessen Zielsetzungen zwar unerforschlich, aber letztlich doch <strong>von</strong> der Wohlfahrtspflege<br />

für den Menschen bestimmt sind. Daß Ordnung bei Reglementierung der<br />

Einzelelemente <strong>von</strong> alleine entstehen kann, wäre als Persiflage der Gottesidee und nicht als<br />

ihre Verwerfung erschienen.<br />

Hätte man <strong>Darwin</strong> das Ergebnis des Benard-Experiments gezeigt, bei dem sich in einer <strong>von</strong><br />

unten erhitzten Flüssigkeitsschicht nach einer Weile schlagartig wabenförmig geordnete<br />

Konvektionsbereiche ausbilden, hätte er sofort erkannt, daß hier die Frage nach Zwischenstadien<br />

<strong>von</strong> der ruhenden zur geordnet strömenden Flüssigkeit sinnlos ist: Ordnung ist eine Begleiterscheinung<br />

spezieller Randbedingungen. Morphologisch »benachbarte« oder ähnliche<br />

Variationen dieses Muster haben keine Chance, in die Realität zu treten. Es gibt hier weder

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