Jenseits von Darwin - Christian Blöss
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9. Die Zukunft des Katastrophismus 79<br />
auf. (Pflug 1984, 108) Auch die zu Dutzenden in den Gesteinsschichten registrierten Magnetfeldumkehrungen<br />
scheinen mit den Maxima der Aussterberaten korreliert zu sein. Richard<br />
Muller, ein Astronom an der Berkeley Universität, vermutet einen Zusammenhang mit Kometen<br />
oder Asteroidentreffern der Erde. Diese Treffer, aber auch die Verschiebung der Polarkappen<br />
infolge <strong>von</strong> Klimastürzen, hätten eine Destabilisierung des Drehmomentengleichgewichts<br />
des Erdkerns bewirkt, wo der Ursprung des irdischen Magnetfeldes vermutet wird.<br />
Elisabeth S. Vrba fand »nicht katastrophische«, aber dennoch »dramatische« Korrelationen<br />
zwischen Klimaschwankungen und den Diversifizierungs und Aussterberaten zum Beispiel<br />
bei afrikanischen Rinderarten vor rund zwei Millionen Jahren. (Vrba 1984, 132 ff.)<br />
Man weiß seit langem <strong>von</strong> mehreren großen Artensterben in der Erdgeschichte. Das Ende des<br />
Kambriums wird markiert durch das Verschwinden <strong>von</strong> 66 % der Trilobiten, das Ende des<br />
Perm durch den Verlust <strong>von</strong> 75 % der Amphibien und 50 % der Reptilien, das Ende der Trias<br />
durch das fast völlige Verschwinden der Ammoniten. Ungefähr 25 % aller aus der Zeit bekannten<br />
Tiere starben am Ende der Kreide. Obwohl Skeptiker darauf hinweisen, daß das Fehlen<br />
<strong>von</strong> Fossilien nicht notwendigerweise das Aussterben einer Gruppe bedeuten muß,<br />
scheint das Ausmaß der erwähnten Massenausrottungen einfach zu groß. »Irgendeine gewaltige<br />
Naturkatastrophe muß in jedem Fäll eingetreten sein.« (Taylor 1983, 126)<br />
Neues Wasser auf die Mühlen der Diskussion um die großen Aussterbeereignisse goß L.W.<br />
Alvarez, der aus Iridiumfunden in verschiedenen Teilen der Erde aus einander entsprechenden<br />
Schichten nämlich aus der oberen Kreide den Schluß zog, daß dieses auf der Erde ansonsten<br />
sehr seltene Element die »Visitenkarte« eines Riesenmeteors sein müsse, der die Erde<br />
vor sechzig Millionen Jahren getroffen und das Massensterben verursacht habe. (Russell<br />
1982, 17; Alvarez et al., 1984a) »Bis vor kurzem glich die Forschung über das Massensterben<br />
einer HüttenFabrikation«, bemerkte David Jablonski während einer Tagung über die<br />
»Dynamik des Aussterbens« im August 1983, »doch das Interesse an der AsteroidenHypothese<br />
hat das Gesicht dieser Wissenschaft wirklich geändert.« (ebd.) Tätsächlich füllen sich<br />
die wissenschaftlichen Magazine mit Artikeln, die extraterrestrische Ursachen für die Aussterbeereignisse<br />
diskutieren. Nicht nur der Einschlag <strong>von</strong> großen Meteoriten wird diskutiert,<br />
auch die Auswirkungen entfernter SuperNovä kommen wieder ins Gespräch (vgl. z.B. Lemcke<br />
1981, 111; Maddox, 685; Smith, 1982, 217; Lewin 1983b, 1036; Stanley 1984, 92; Hsü<br />
1983, 77; Prothero 1985,550).<br />
Für uns ist die Frage <strong>von</strong> Interesse: Was passierte nach einem solchen Massensterben bzw.<br />
nach einer solchen umfassenden Katastrophe? Das Ereignis am Ende der Kreide gibt einige<br />
wichtige Aufschlüsse. Die an die obere Kreide angrenzende Schicht ist das Paläozän, in dem<br />
die zum Teil noch heute lebenden Säuger fast schlagartig auf der Bühne auftauchen. Da die<br />
Grenze zwischen diesen beiden Schichten innerhalb des Auflösungsvermögens der geologischen<br />
Datierungsmethoden »scharf« ist (Alvarez 1984b, 1183 ff.), erscheint die Annahme<br />
durchaus begründet, daß die Katastrophe, die diesen Übergang kennzeichnet, nicht nur eine<br />
Zeitmarke setzt, sondern tatsächlich als Evolutionstrigger gewirkt, d.h. eine generelle Umformierung<br />
der existierenden Genome bewirkt und deren gegenseitige Abstimmung denn es<br />
mußte ja »plötzlich« eine neue Funktionseinheit der Biosphäre erreicht werden eingeleitet<br />
hat. Ein Szenario, das sich lediglich spekulativ in den Raum stellen läßt, denn für den genetischen<br />
Informationsaustausch gibt es nur vage Andeutungen.<br />
Bislang liegt das Augenmerk des Katastrophismus nicht auf diesem Trigger Mechanismus,<br />
sondern auf der zerstörerischen Wirkung. Entsprechend schwer tut man sich auch bei der Beurteilung<br />
der Katastrophenindizien. Das zeigt sich in einem ebenso lauen wie in sich widerspruchsvollen<br />
Satz, wonach »wir Einschläge <strong>von</strong> Asteroiden als einen Bestandteil des unifor-