Jenseits von Darwin - Christian Blöss
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58 <strong>Jenseits</strong> <strong>von</strong> <strong>Darwin</strong><br />
che Zuchtwahl zufälliger Komplexe vorangetrieben, abgeändert werden müsse: daß nämlich<br />
nicht etwa zufällige, sondern bereits (selbst) organisierte Proteine und Proteinkomplexe zum<br />
ersten »Spielmaterial« der natürlichen Zuchtwahl avancierten: »Das herausragende Merkmal<br />
der experimentellen Funde ist die Leichtigkeit, mit der charakteristische proteinoide Mikrosphären<br />
entstehen können. Genau das Gegenteil hatte man erwartet. ( ... ) Weder wissenschaftliche<br />
Logik noch die Befunde verbieten die spontane Entstehung einer bereits voll entwickelten<br />
modernen Zelle: Es würde plötzliche Entstehung bedeuten. Diese moderne Zelle<br />
würde dementsprechend in einer Serie <strong>von</strong> Selbstorganisationsschritten aus der Protozelle<br />
entstehen.« (Fox 1984, 25) Fox betont die Nichtzufälligkeit, mit der unter bestimmten Bedingungen<br />
sowohl Protein als auch Nukleinsäuresequenzen vorab, also vor jeder Selektion entstehen<br />
können: Das Spielmaterial der Evolution sei begrenzt, bereits »vorab« dagewesen und<br />
<strong>von</strong> ihr nicht beliebig variierbar. Am Anfang hätten die Proteinoide gestanden, aus denen<br />
sich vor jeder Zuchtwahl Protozellen mit der Fähigkeit zur Protein und zur DNSSynthese<br />
gebildet hätten. Fox zieht die »proteinfirst« Hypothese vor, denn die unbedingte Anwesenheit<br />
<strong>von</strong> Enzymen (= Protein) bei dem modernen Biosynthesezyklus mache die Hypothese des<br />
»DNSFirst« so unwahrscheinlich. Fox, als einer »der bekanntesten Verfechter der Selbstorganisationshypothese<br />
in den USA«, hat herbe Kritik erfahren, die sich insbesondere auf die<br />
Selbstlimitierung bei der Polykondensation <strong>von</strong> Nuklein und Aminosäuren bezieht. »Eine<br />
matrizenfreie, nichtgesteuerte Entstehung einer DNS Kette ist eine statistische Copolykondensation<br />
mit den vier verschiedenen Monomeren A, T, C72und G, ( ... ) eine Reaktion, deren<br />
Gesetzmäßigkeiten sorgfältig studiert wurden, sorgfältiger als bei vielen anderen chemischen<br />
Reaktionen, die man kennt.« (Vollmert 1985, 46) In jeder denkbaren UrSuppe seien<br />
stets Bestandteile in Lösung, die die Polykondensation nach wenigen Kettenverbindungen<br />
zum Erliegen bringen. Fox' »proteinfirst«Hypothese kann zwar die Reparaturenzyme, die die<br />
Polykondensation unterstützen, als bereits existent voraussetzen, aber Vollmert sieht in keinem<br />
der Experimente zur Schmelzpolykondensation <strong>von</strong> Aminosäuren zu Proteinoiden ein<br />
Ergebnis, was die Hypothese, diese hätten sich spontan bilden können, rechtfertigen würde.<br />
Fox kommentiert die Kritik an seiner Arbeit so: »Die Feststellung, daß Proteinoide aus thermodynamischen<br />
Gründen zur Hydrolyse (letztlich zur Zersetzung, CB) neigen (Miller/Orgel<br />
1974), mag >theoretisch< gerechtfertigt sein, aber es werden dabei die Bedingungen der chemischen<br />
Kinetik und der Stabilisierung durch zwischenmolekulare Wechselwirkungen in den<br />
Proteinoiden außer acht gelassen, <strong>von</strong> den veröffentlichten experimentellen Ergebnissen ganz<br />
zu schweigen.« (Fox, 27)<br />
Möglicherweise wird diese Debatte gegenstandslos, wenn sich die <strong>von</strong> Pöpp erwogene Möglichkeit<br />
bewahrheitet, daß nämlich der chemischen Reaktionsdynarnik ein Prinzip der elektromagnetischen<br />
Steuerung hierarchisch übergeordnet ist. Es scheint so, daß das DNSGitter<br />
nicht primär aufgrund seiner chemischen Eigenschaften entsteht, sondern vielmehr in einen<br />
bestimmten Ausschnitt etwa des Sonnenlichtes »als optimale Antenne« hineinwachsen könne<br />
(vgl. dazu das 11. Kapitel).<br />
Kontrapunktisch zu Fox' Hypothese steht die Theorie des Hyperzyklus <strong>von</strong> Manfred Eigen.<br />
Der »Hyperzyklus« simuliert die katalytische Replikation <strong>von</strong> Proteinen und<br />
Polynukleotiden. Letztere bilden die Vorlage zur Synthese <strong>von</strong> Proteinen, und diese beschleunigen<br />
unter Umständen wiederum den Aufbau neuer Polynukleotide. Zu einem selbstverstärkenden<br />
Prozeß kommt es, wenn diese »Helferkette« sich schließen kann, wenn also<br />
das »letzte« Protein einer solchen Kette die Replikation des »ersten« Polynukleotids unterstützt.<br />
Damit ist ein Zyklus entstanden, in dem sowohl Polynukleotide als auch Proteine<br />
wachsen können, dabei aber im einzelnen keine zufällige, sondern eine determinierte Gestalt<br />
annehmen. Mehrere Hyperzykel können dabei um das molekulare Spielmaterial in Wettstreit