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Jenseits von Darwin - Christian Blöss

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46 <strong>Jenseits</strong> <strong>von</strong> <strong>Darwin</strong><br />

keit der paläontologischen Überlieferung besteht heute nur zu einem sehr geringen Teil nicht<br />

mehr in dem früheren Ausmaß.« (Heberer 1960, 384) Zu deutsch: An der Lückenhaftigkeit<br />

hat sich nichts geändert. Im Gegenteil, »Lücken« haben sich nicht als die Ausnahme erwiesen,<br />

sondern als die Regel. Egal, ob man das plötzliche Auftreten fast aller WirbellosenStämme<br />

zu Beginn des Kambriums, das Auftreten der ersten Wirbeltiere im De<strong>von</strong> oder der Säuger<br />

im Paläozän betrachtet. Man kennt keine Vorläufer, obwohl zum Beispiel die präkambrischen<br />

Schichten prädestiniert gewesen wären, Organismen zu fossilieren. Vor allem zeigt<br />

kein bekanntes Fossil nur teilweise entwickelte, sondern stets voll ausgebildete Organe und<br />

typische vollständige Baupläne (Kahle 1984, 116). »Seit <strong>Darwin</strong>s Zeiten steht das Beweismaterial<br />

der Paläontologen ( ... ) im Widerspruch zum Gradualismus. Dennoch wurde die Botschaft<br />

der Fossilienurkunden einfach übergangen ein merkwürdiger Tatbestand und ein beachtenswertes<br />

Kapitel in der Geschichte der Wissenschaft, das alle angeht, die sich mit der<br />

Fossilienforschung befassen.« (Stanley 1983, 121) Man kann sogar behaupten, daß die Paläontologie<br />

zeitweise in Verruf geraten ist, weil sie nicht in der Lage ist, <strong>Darwin</strong>s Theorie mit<br />

Funden zu untermauern. Der Begriff der »Lücke« wirkt irreführend, denn er lastet die Schuld<br />

an der Kluft zwischen Theorie und Empirie den Erdeingeweiden an, als wollten diese nicht<br />

enthüllen, was der wahren Theorie zufolge irgendwann doch nicht länger zurückzuhalten sein<br />

wird.<br />

Zwei Tendenzen lassen sich herausstellen, die mit der <strong>Darwin</strong>schen Theorie allein vom paläontologischen<br />

Standpunkt aus unvereinbar sind:<br />

Die meisten Arten weisen eine morphologische Stabilität über ange Zeiträume trotz sich verändernder<br />

Randbedingungen 56auf. So reicht die Gattung der Elefanten etwa 4 Millionen<br />

Jahre in die Vergangenheit zurück. Die drei Gattungen des afrikanischen, des indischen Elefanten<br />

sowie des Mammuts tauchen »plötzlich fast gleichzeitig in den Fossilurkunden auf«<br />

(Stanley 1983, 119). Diese Gattungen erfuhren zwar eine gewisse stufenweise Evolution,<br />

dennoch behielten sie über rund eine halbe Million Generationen ihre Grundbaupläne bei.<br />

Evolutionäre Entwicklung beschränkt sich auf Zeiträume <strong>von</strong> einigen tausend bis zehntausend<br />

Jahren (Stanley 1983, 132; Williamson 1981, 214 f.). »Wenn wir in der stratigraphischen<br />

Täbelle das Auftreten und Aussterben der einzelnen Pflanzengruppen ein tragen, so<br />

fällt uns auf, daß es Zeiten gab, in denen zahlreiche neue Formen entstanden, manche Familien<br />

sich geradezu explosiv entfalteten.« (Mägdefrau 1968, 489) »Wenn ein neuer Stamm, eine<br />

neue Klasse oder Ordnung erscheint, folgt danach eine schnelle, für geologische Zeiträume<br />

explosionsartige Ausdifferenzierung, so daß praktisch alle bekannten Ordnungen oder Familien<br />

plötzlich und ohne erkennbare Übergänge auftreten.« (Goldschmidt 1952,84) Die morphologische<br />

Stabilität der Funde und ihr plötzliches Auftauchen haben Anlaß zu Hypothesen<br />

gegeben, die sich <strong>von</strong> der <strong>Darwin</strong>schen Evolutionsvorstellung beträchtlich entfernt haben. Biologen<br />

wie Nils Eldredge, Stephen J. Gould und Steven Stanley haben<br />

<strong>Darwin</strong>s Theorie einer homogenen graduellen Artvariation durch eine Theorie lokaler, punktualistischer<br />

Evolution abgeändert. Artvarietäten setzten sich vor allem in isolierten Kleinpopulationen<br />

unter »quasiinzestuösen« Bedingungen durch und brächen dann abrupt in die angestammten<br />

Plätze der Vorfahren ein, womit diese dann zum Aussterben verurteilt seien. Damit<br />

wird zwar erklärlich, warum die Zwischenformen fehlen, denn bei kleinen Populationen<br />

sinkt die Fossilisationswahrscheinlichkeit ganz beträchtlich. Aber unverständlich bleibt, warum<br />

die »Abweichler« nun gerade die Nischen zurückerobern sollen, die <strong>von</strong> ihren deutlich<br />

verschiedenen »Vorfahren« besetzt sind. Die Differenz in Morphologie und logischerweise<br />

auch im Verhalten sollte die neue Varietät eigentlich zur Besetzung einer anderen Nische antreiben.<br />

Auch die quasiinzestuösen Fortpflanzungsbedingungen sind der Vitalität der variie-

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