Aufarbeitung der Grausamkeiten, Brutalitäten und ... - Gewalt-im-JHH
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Jochen allgemein: „Es war so gut wie gar nichts an Freude. Das einzige war wirklich<br />
Weihnachten <strong>und</strong> Ostern <strong>und</strong> ab <strong>und</strong> zu, wenn irgendwelche Festivitäten waren.“<br />
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Jochen zu den Anstaltsleitern: „Jetzt kommen wir auf den Punkt. Der erste Anstaltsleiter, den<br />
ich kennengelernt habe, war <strong>der</strong> Pastor Vietor ... Der hat sich nicht um uns gekümmert, mal<br />
mit <strong>der</strong> Hand über den Kopf gestreichelt, wie man das mal so bei Kin<strong>der</strong>n tut. Der kam hoch,<br />
um ein bißchen zu quatschen - nur mit den Erwachsenen, nicht mit uns.“<br />
Und weiter: „… Bald jeden Abend hat Schwester Jenny sich über die Lehrerin, Frau<br />
Steiniger, beschwert <strong>und</strong> zwar bei <strong>der</strong> Schwester von Herrn Vietor, dem damaligen<br />
Anstaltsleiter. Fast jeden Abend war die bei uns am telefonieren. Die hat jahrelang<br />
herumgewütet, die Steiniger, ohne daß <strong>der</strong> Vietor was gemacht hat.“<br />
Eine weitere Episode: „… Da war einmal eine Sache mit dem Erich ... Der war fast ein<br />
ausgereifter Mann. Das konnte man sehen ... Ich weiß noch ganz genau, daß die Alte [eine<br />
Pflegehelferin] den fertigmachte. Er würde sich ständig am Pillermann, wie das damals für<br />
uns hieß … Da hat die den so angemacht, weil <strong>der</strong> wohl so groß war <strong>und</strong> er sich ständig daran<br />
herumspielte. Ich weiß noch ganz genau, daß <strong>der</strong> fürchterliche Angst hatte. Der hat ganz<br />
schwer darunter gelitten. Der hat so ein Gesicht gezogen, war am Heulen wie ein Bekloppter.“<br />
Und weiter: „Unter an<strong>der</strong>em hatten wir auch ein paar Leute, <strong>der</strong>en Hospitalismus teilweise<br />
erzwungen war. Einer war da zum Beispiel ... Der hatte schon so eine Macke, daß er nur aus<br />
lauter Langeweile in <strong>der</strong> Wand popelte. Wenn die Schwester das gesehen hat, kriegte <strong>der</strong><br />
einen auf die Glocke wie ich. Der popelte sich richtig schön dadurch. Die Wände waren ja<br />
nicht tapeziert ... Dann hatten wir noch einen daneben in dem Raum ... <strong>der</strong> hatte als<br />
Hospitalismus ... daß er sich <strong>im</strong>mer die Haare ausriß. Der hatte fast Glatze.“<br />
Jochen erzählt, dass dieser nach seinem Umzug ins Franz-Arndt-Haus nicht mehr seine Haare<br />
büschelweise ausriss, <strong>und</strong> dass die ihm nachgewachsen sind. Auf die Frage, ob es<br />
irgendwelche Konsequenzen gehabt hätte, wenn ein Kind z.B. mit dem Kopf hin <strong>und</strong> her<br />
gewackelt hätte: „Ja natürlich. Wenn die das gesehen haben, hat es was hinter die Ohren<br />
gegeben, kräftig. Ich auch.“<br />
Ob es auch Freizeitgestaltung gegeben habe. Jochen: „Nein, nein. Die Schule [auf <strong>der</strong><br />
Kleinkin<strong>der</strong>station] war normalerweise um 12 Uhr beendet. Es wurde dann Mittag gegessen.<br />
Danach still auf dem Stuhl sitzen, keinen Ton reden bis drei Uhr.“<br />
Seine Erinnerungen an die Diakonenschüler sind <strong>im</strong> großen <strong>und</strong> ganzen positiv.<br />
Jochen zur Frage <strong>der</strong> Freizeitgestaltung an Wochenenden: „Es hat nichts gegeben, wo man<br />
sich drüber freuen konnte.“ Gelegentlich hat er von an<strong>der</strong>en Eltern o<strong>der</strong> Tanten kleine<br />
Geschenke erhalten. Ansonsten: „Es gab nichts beson<strong>der</strong>es. Es war <strong>im</strong>mer stilles <strong>und</strong><br />
stummes Sitzen. Ab <strong>und</strong> zu mal „Mensch-ärgere-dich-nicht“ spielen, <strong>und</strong> „Schwarzer Peter“<br />
gab es auch noch. Mehr nicht. „Mau-Mau“ habe ich erst viel später kennen gelernt.<br />
Frage: „Konntet Ihr aus dem Haus?“<br />
Jochen: „Nein, nicht allein... . Erst <strong>im</strong> Hermann-Luisen-Haus konnten wir frei herumlaufen,<br />
ohne dass die Leute Angst kriegten, wir laufen weg.“<br />
Von einer Lehrerin berichtet er: „Bei <strong>der</strong> habe ich nie Angst gehabt. Die hat auch nicht<br />
geprügelt, keine Ohrfeigen gegeben, gar nichts.“