Aufarbeitung der Grausamkeiten, Brutalitäten und ... - Gewalt-im-JHH
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- „Die Essensversorgung war angesichts <strong>der</strong> Lebensmittelknappheit mangelhaft<br />
[...]“. Das Essen aus Blechgeschirr wird wie folgt erklärt: „Für die einen war es<br />
das Unappetitliche, für an<strong>der</strong>e das Praktische, [...] für dritte hatte es<br />
symbolischen Gefängnischarakter, für vierte dagegen wird es in Verbindung<br />
mit Freiheitsgefühl a la Zeltlager, Freizeiten, Campingausrüstung gebracht -<br />
<strong>und</strong> sei es nachträglich“.<br />
- Neben <strong>der</strong> Betonung <strong>der</strong> allgemeinen Finanznot, <strong>der</strong> strengen Handhabung von<br />
Hausordnungen in an<strong>der</strong>en Häusern <strong>und</strong> des abendlichen „Herumlungerns<br />
gerade in dunklen Ecken des <strong>JHH</strong> (‚Seufzerbrücke„)“ durch Jugendliche, die<br />
als „schlechtes Beispiel für die Kin<strong>der</strong> des <strong>JHH</strong>“ galten, versucht die ESV in<br />
Bezug auf den Zeitrahmen unter 7. ein gewisses Verständnis für die<br />
„<strong>Grausamkeiten</strong> <strong>und</strong> Lieblosigkeiten“ (aaO) aufzubringen:<br />
Zitat: „„Zucht <strong>und</strong> Ordnung„ galt noch lange nach dem Krieg als oberstes<br />
pädagogisches Ziel. ‚Züchtigung„ erschien vielfach noch als geeignetes Mittel<br />
zum Erreichen dieses Zieles, war noch lange allgemein – ob in Familien, He<strong>im</strong>,<br />
Schule o<strong>der</strong> Betrieb – gesellschaftlich anerkannt, nicht verpönt <strong>und</strong> wurde in<br />
den 50er Jahren nur selten geächtet <strong>und</strong> geahndet, obwohl hier ein Wandel<br />
einsetzte <strong>und</strong> sich auch durchsetzte. Christlich vertieft bzw. verbrämt wurden<br />
Zucht <strong>und</strong> Züchtigung noch mit <strong>der</strong> Zielsetzung eines ‚keuschen, züchtigen„<br />
Lebens als beson<strong>der</strong>er ‚moralischer Tugend„.“<br />
Die Religiosität <strong>der</strong> Königsberger Schwestern muss auch herhalten für ein<br />
gewisses Verständnis für die Übergriffe. So werden sieben Bibelstellen zitiert,<br />
die den religiösen Zeitgeist wie<strong>der</strong>spiegeln sollen. Beispiel: „Offenbarung 3,<br />
19: ‚Welche ich lieb habe, die weise ich zurecht <strong>und</strong> züchtige sie„“, „Sprüche<br />
13, 24: ‚Wer seine Rute schont, <strong>der</strong> hasst seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat,<br />
<strong>der</strong> züchtigt ihn beizeiten„“.<br />
Erst aus dem Jahre 1969 findet sich ein Protokoll aus einer Hausleiterkonferenz, laut dem<br />
Pastor Lotze Vorkommnisse zum Anlass n<strong>im</strong>mt „ganz gr<strong>und</strong>sätzlich noch einmal zu sagen,<br />
dass es in unseren Anstalten streng verboten ist, Pflegebefohlene zu schlagen. Sollte es wegen<br />
solchen Verhaltens zu Gerichtsverhandlungen kommen, würden unsere Anstalten ungeheuren<br />
Schaden, auch durch die Presse erleiden“.<br />
Nach einer Aufzählung von ehemaligen Schülern <strong>und</strong> Schülerinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern als<br />
„Zeitzeugen“, von denen etliche Mitarbeiter nach Wissen <strong>der</strong> FAG erst Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre<br />
in <strong>der</strong> ESV angefangen haben, folgt die Bemerkung: „Eine Reihe von Aussagen sind<br />
gesammelt <strong>und</strong> archiviert.“ Dieser Aussage wird <strong>im</strong> Punkt „4.c Gesammelte Aussagen <strong>der</strong><br />
ESV“ nachgegangen.<br />
Die FAG <strong>JHH</strong> 2006 hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, ehemalige, heute noch in <strong>der</strong> ESV<br />
lebende ehemalige Mitschüler in beson<strong>der</strong>er Weise zu betreuen. In diesem Rahmen, aber auch<br />
schon vor Gründung <strong>der</strong> FAG, hat <strong>der</strong> Gruppensprecher wie<strong>der</strong>holt Pastor Springer um<br />
Verän<strong>der</strong>ung des persönlichen Umfeldes für JP gebeten. Mit mehreren Schreiben bittet er um<br />
st<strong>und</strong>enweise Assistenz am Tag <strong>und</strong> um technische Hilfsmittel, damit JP „mit seiner Umwelt<br />
kommunizieren <strong>und</strong> sich weiterbilden“ kann. „An Bildung, außer das Erlernen des<br />
Gesangbuches <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zehn Gebote, hat es ja in seiner Kindheit gemangelt [...]. Des weiteren<br />
braucht er den PC, um seinen Erlebnis- <strong>und</strong> Erfahrungshorizont, <strong>der</strong> 15 Jahre seines Lebens<br />
nur aus 10x10 m Hof bestand, zu erweitern. Das alles kostet Geld, was nun mal nicht zu<br />
än<strong>der</strong>n ist. Dafür hat man in seiner Kindheit viel Geld eingespart.“