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Aufarbeitung der Grausamkeiten, Brutalitäten und ... - Gewalt-im-JHH

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Am 20. Juni 2006 brachte die ESV eine schriftliche Erklärung heraus, für die sich <strong>im</strong><br />

Nachhinein <strong>der</strong> Begriff „Volmarsteiner Erklärung“ (VE) etablierte. Die VE wurde von Pfarrer<br />

Springer in Abst<strong>im</strong>mung mit Aufsichtsrat <strong>und</strong> Kuratorium verabschiedet. Die einleitende<br />

Erklärung hebt darauf ab, dass „<strong>im</strong> <strong>JHH</strong> teilweise schl<strong>im</strong>me, kränkende, verletzende <strong>und</strong><br />

menschenunwürdige Behandlung erlebt <strong>und</strong> teils auch traumatische Erfahrungen“ gemacht<br />

wurden. In Einzelfällen sei auch gewalttätig geprügelt worden. Insbeson<strong>der</strong>e einige<br />

„Königsberger Diakonissen“ hätten „einzelne Kin<strong>der</strong> physisch <strong>und</strong> psychisch gequält, ihnen<br />

jedenfalls die notwendige Liebe vorenthalten <strong>und</strong> sie offensichtlich zu Objekten ihrer<br />

Aggression gemacht.“ Springer stellt fest, „dass die Kin<strong>der</strong>, hinter denen keine Eltern o<strong>der</strong><br />

engagierte Fürsorgerinnen (Vormün<strong>der</strong>) standen, beson<strong>der</strong>s <strong>im</strong> Visier von gewalttätigen<br />

Schwestern <strong>und</strong> Lehrerinnen standen ...“.<br />

Nachfolgen<strong>der</strong> Absatz könnte als erster Beginn einer Vergangenheitsbewältigung seitens <strong>der</strong><br />

ESV gedeutet werden. In <strong>der</strong> VE heißt es: „Wir sprechen diesen Opfern <strong>der</strong> damaligen Zeit<br />

unsere Anteilnahme aus, trauern mit ihnen über ggfs. eine ‚verlorene Kindheit„ <strong>und</strong><br />

solidarisieren uns mit ihren Lei<strong>der</strong>fahrungen.“ Im nachfolgenden Satz wird allerdings darauf<br />

hingewiesen, dass die ESV „jetzt erst aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> aktuellen Thematisierungen – für viele<br />

nicht mehr Lebende zu spät – auf diesen ‚weißen Fleck auf <strong>der</strong> Landkarte unserer Anstalts-<br />

bzw. Stiftungsgeschichte„, <strong>der</strong> gegenüber den an<strong>der</strong>en He<strong>im</strong>en <strong>und</strong> Lehrwerkstätten unserer<br />

Stiftung offensichtlich ein ‚schwarzer„ war...“ gestoßen ist.<br />

Danach versichert die ESV, dass sie „ihre Schil<strong>der</strong>ungen ihrer Kindheit für glaubwürdig hält“<br />

<strong>und</strong> ihre Zeugnisse lebendig erhalten will: „Sie werden archiviert, um sie <strong>der</strong> Gegenwart <strong>und</strong><br />

Zukunft zugänglich zu machen <strong>im</strong> Sinne des ‚nie wie<strong>der</strong> wie einst„“. Diese <strong>Aufarbeitung</strong> soll<br />

<strong>der</strong> Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>der</strong> anstaltsinternen Mitarbeiter, aber auch den<br />

Ausbildungsstätten <strong>der</strong> Sozial-, Heil- <strong>und</strong> Son<strong>der</strong>pädagogik zur Verfügung stehen. Ebenso<br />

soll das Dokument als Zuarbeit für das Diakonische Werk <strong>der</strong> Evangelischen Kirche<br />

Deutschlands zu verstehen sein, „obwohl unsere diakonische Körperbehin<strong>der</strong>tenhilfe keine<br />

‚He<strong>im</strong>erziehung <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> Fürsorgeerziehung„ darstellt.“<br />

Der damaligen Zeit auf den Kin<strong>der</strong>stationen soll kein „pädagogisches Konzept“ zugr<strong>und</strong>e<br />

gelegen haben. Einen Absatz später heißt es jedoch „die Schule verstand sich als ‚reine<br />

Ersatzschule„ ... ohne ein spezifisches För<strong>der</strong>konzept, allein zur Wissensvermittlung.“<br />

Als weiterer Beitrag zur <strong>Aufarbeitung</strong> <strong>und</strong> Vergangenheitsbewältigung seitens <strong>der</strong> ESV<br />

könnte folgen<strong>der</strong> Absatz gedeutet werden: „Namens <strong>der</strong> Evangelischen Stiftung Volmarstein<br />

entschuldigen wir uns, dass die <strong>Grausamkeiten</strong> damals nicht verhin<strong>der</strong>t, unterb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

geahndet wurden <strong>und</strong> bitten um Vergebung <strong>und</strong> Versöhnung.“ Diese Äußerungen können auf<br />

<strong>der</strong> Homepage <strong>der</strong> Freien Arbeitsgruppe in den Stellungnahmen zur „Volmarsteiner<br />

Erklärung“ nachgelesen werden. Sie führten zu heftiger Ablehnung <strong>und</strong> Stellungnahmen von<br />

vier Gruppenmitglie<strong>der</strong>n.<br />

Dass es bisher keine offizielle Stellungnahme <strong>der</strong> ESV als nachfolgende<br />

Stiftungsverantwortliche gab, entschuldigt Springer wie folgt: „Doch erstens war die<br />

Nachkriegszeit <strong>im</strong> <strong>JHH</strong> eine offensichtlich ‚vergessene Geschichte„. Und zweitens halten wir<br />

uns an das Wort Jesu Christi: ‚Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.„“

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