Aufarbeitung der Grausamkeiten, Brutalitäten und ... - Gewalt-im-JHH
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Bereits zu Beginn seines Praktikumberichtes berichtet JT vom Antrittsbesuch bei <strong>der</strong><br />
Hausleiterin, <strong>der</strong> Oberin. Sie übergab ihm die für das Haus geltenden Richtlinien. „Dazu<br />
gehörte z.B. auch, was für mich selbstverständlich, für die Arbeit auf <strong>der</strong> Station jedoch von<br />
größter Bedeutung war, wie ich später mit Bestürzung erfahren musste: Das Schlagen ist<br />
strengstens verboten.“<br />
Ein letztes Zitat aus seinem Praktikumsbericht: „Jürgen war es auch, <strong>der</strong> bei einer<br />
entwicklungsbedingten Unsauberkeit ertappt wurde. Die Bestrafung war furchtbar! Ich war<br />
auf dem Weg, den Jungen <strong>der</strong> züchtigenden Person zu entreißen, als das Klatschen <strong>und</strong> das<br />
Schreien des Kindes aufhörten, dass ich trotz geschlossener Türen vier lärmerfüllte Z<strong>im</strong>mer<br />
weiter seit geraumer Zeit hörte. – Tatzeit 5.50 h ! – Rot am ganzen Körper, vor Schluchzen<br />
zitternd durfte sich <strong>der</strong> Junge anziehen lassen. – Eine <strong>der</strong> Richtlinien: ´Das Schlagen ist<br />
strengstens verboten!´“<br />
Unter JT müsste eigentlich <strong>der</strong> gesamte Praktikumsbericht zitiert werden. Er ist eine<br />
Aufzählung <strong>der</strong> beobachteten psychischen <strong>und</strong> physischen <strong>Gewalt</strong>exzesse, unter denen die<br />
Kin<strong>der</strong> zu leiden hatten. Der Bericht dokumentiert, dass es in irgendeinem Z<strong>im</strong>mer <strong>im</strong><br />
Einzugsbereich <strong>der</strong> Schwestern täglich <strong>Gewalt</strong> gegeben hat. Fühlbar wird hier auch die<br />
tägliche Angst einiger Kin<strong>der</strong> schon direkt nach dem Wachwerden: „Dem Anziehen am<br />
Morgen sehen einige Kin<strong>der</strong> mit Angst entgegen. ... Sie haben Angst um Hilfe zu fragen, o<strong>der</strong><br />
sie sagen nichts, weil <strong>im</strong> Moment je<strong>der</strong> beschäftigt ist. Wird jedoch solch wartend dasitzend<br />
o<strong>der</strong> stehendes Geschöpf vom Stammpersonal erblickt, dann folgt folgendes Geschrei: ´So ein<br />
großer Kerl, je größer <strong>der</strong> wird, desto blö<strong>der</strong> wird <strong>der</strong>, da sitzt <strong>der</strong> da <strong>und</strong> glotzt <strong>und</strong> glotzt <strong>und</strong><br />
glotzt ...´ (ich habe die Wie<strong>der</strong>holungen noch nicht erzählt). Eine handfeste Zurechtweisung<br />
bleibt nicht aus.“<br />
Über die Macht <strong>der</strong> Stationsschwestern <strong>und</strong> die Machtlosigkeit ihrer Vorgesetzten gegenüber<br />
<strong>der</strong> Stationsschwester: „Viele Fragen ... konnte ich mit Schwester Elf. ausführlich besprechen.<br />
In vielen Fällen wurden meine Vermutungen bestätigt. Aber gegen die Kleinarbeit auf einer<br />
Station ist auch eine Oberin ziemlich machtlos. Wenn nach einem Gespräch über die<br />
Symptome des Nässens wie bei Jürgen, eine Oberin mit einem Seufzer äußert: `Das scheint<br />
man auf <strong>der</strong> Station auch langsam einzusehen!` zeugt das einerseits von <strong>der</strong> Machtpolitik <strong>der</strong><br />
Stationsschwester, an<strong>der</strong>erseits aber auch von dem Ringen einer Oberin um solches Einsehen<br />
auf <strong>der</strong> Station.“<br />
Über den Versuch eines gewissen Verständnisses für die Personalsituation: „Gewiss darf die<br />
persönliche Situation des Personals nicht vergessen werden. Das Stammpersonal hat einige<br />
private Schicksalsschläge zu ertragen. Auch spielt die Zahl <strong>der</strong> Arbeitsjahre keine<br />
unbedeutende Rolle. Doch das kann alles nur begrenzt als Entschuldigung gewertet <strong>und</strong><br />
angesehen werden. Man kann kein Kind, das an seinem Leiden unschuldig ist, für Dinge<br />
büßen lassen, die es we<strong>der</strong> kennt noch verschuldet hat. Ich kann die Kin<strong>der</strong> doch nicht als<br />
Blitzableiter benutzen. Es ist schwer sich zusammen zu reißen, wenn man nervlich<br />
überfor<strong>der</strong>t ist.“<br />
JT hatte drei Personen mit den Vorfällen konfrontiert: Die Oberin des Hauses, den<br />
Anstaltsleiter <strong>und</strong> den Brü<strong>der</strong>haus-Vorsteher.