verbesserung der suchtprävention - Hochschule Merseburg
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4. Institutionalisierte Primär-, Sekundär- Tertiärprävention nicht mehr zeitgemäß<br />
Die Begriffe primäre, sekundäre und tertiäre Prävention unterscheiden faktisch nach<br />
<strong>der</strong> Zielgruppe <strong>der</strong> Maßnahmen. Bei primärer Prävention geht es um die gesamte in<br />
Frage stehende Population, noch bevor irgendwelche Anzeichen des Missbrauchs von<br />
psychoaktiven Substanzen auftreten. Sekundäre Prävention betrifft Gruppen, bei<br />
denen Anzeichen dafür vorliegen, dass sie in Gefahr stehen, Missbrauch zu entwickeln.<br />
Tertiäre Prävention schliesslich meint Massnahmen für solche Gruppen, die<br />
erste Manifestationen von Missbrauch und Abhängigkeit zeigen, und bei denen es<br />
deshalb darum geht, eine Verschärfung des Problems zu vermeiden.<br />
Positiv gesehen hat diese Unterscheidung zur Spezialisierung und Professionalisierung<br />
für die entsprechenden unterschiedlichen o<strong>der</strong> auch gemeinsamen Maßnahmen<br />
geführt. Negativ betrachtet ist aber eine wechselseitige Abschottung <strong>der</strong> entlang dieser<br />
Unterscheidung gebildeten Institutionen mit Präventionsaufgaben erfolgt. Solche<br />
Strukturen sind nicht kompatibel mit den Erfor<strong>der</strong>nissen von Prävention aus einer<br />
gesundheitswissenschaftlichen („salutogenetischen“) Perspektive, welche als oberstes,<br />
wenn auch keineswegs ausschliessliches Ziel <strong>der</strong> Prävention eine Kompetenzför<strong>der</strong>ung<br />
auf allen möglichen Stufen <strong>der</strong> Betroffenheit von Gebrauch. Missbrauch und<br />
Abhängigkeit in den Mittelpunkt stellt.<br />
Diese Unvereinbarkeit besteht in doppelter Weise: Zum einen müssen die Maßnahmen<br />
an die Lebenswirklichkeit <strong>der</strong> Betroffenen in ihrem Alltag angepasst werden, und diese<br />
ist zumeist nicht separiert nach den genannten Zielgruppen <strong>der</strong> Prävention. Drogenkonsum<br />
ist kein individueller Akt, son<strong>der</strong>n als ein soziales Ereignis zu verstehen,<br />
das aus einem gesellschaftlichen Gesamtsystem heraus entsteht, das alle Beteiligten<br />
angeht und von allen ausgeht und bei welchem <strong>der</strong> einzelne fest eingebettet in und<br />
beeinflusst von seinen sozialen Lebensbezügen ist. Schon diese Sachlage deutet an,<br />
wie schwer eine Differenzierung <strong>der</strong> praktischen Arbeit in Primär-, Sekundär- und<br />
Tertiärprävention in sozialen Bezügen ist, in denen eine Trennung zwischen Nichtkonsumenten,<br />
regelmäßigen Konsumenten und problematisch Konsumierenden nur<br />
bedingt vorgenommen werden kann. Vielmehr sind Menschen mit und ohne Erfahrungen<br />
mit dem Konsum psychoaktiver Substanzen in den gleichen Settings anzutreffen.<br />
Zum an<strong>der</strong>en sind die heute bekannten Ursachen von und Entwicklungswege<br />
zu Missbrauch und Abhängigkeit nicht linear progressiv, son<strong>der</strong>n es gibt vielfache<br />
Entwicklungsmuster unterschiedlichen Verlaufs und Endes, einschliesslich nur temporärer<br />
Betroffenheit o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>holter Gefährdung.<br />
VIII. Anhang I