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verbesserung der suchtprävention - Hochschule Merseburg

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gen im Hinblick auf den Konsum illegaler Drogen generell von Missbrauch gesprochen und<br />

völlige Abstinenz postuliert wird, so als sei ein geordneter und (selbst-) kontrollierter<br />

Gebrauch von Betäubungsmitteln prinzipiell nicht möglich. Dem heutigen Stand <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Erkenntnis, <strong>der</strong> gesellschaftlichen Diskussion und Praxis, sowie vor allem<br />

aber auch <strong>der</strong> Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Prävention im Dialog mit jungen Menschen wird dies<br />

nicht (mehr) gerecht. Umgekehrt versperrt eine solche, im wesentlichen an juristischen<br />

Kategorien orientierte Sicht von ihrem Ansatz her eine sachgerechte Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit kulturell eingelebten Konsummustern bei Alkohol, Tabak und Medikamenten; <strong>der</strong><br />

Umgang mit diesen Substanzen erscheint implizit, nämlich in Relation zum Konsum illegaler<br />

Drogen, als weniger schädlich und substanzbedingt leichter „beherrschbar“.<br />

Schließlich erschwert eine solche Perspektive in ihrer Tendenz auch jegliche gesellschaftliche<br />

Diskussion über betäubungsmittelrechtliche Reformen: Wenn jedwe<strong>der</strong> nicht medizinisch<br />

begründete Gebrauch von Betäubungsmitteln per definitionem als Missbrauch<br />

gewertet wird, lässt sich hier kaum mehr diskutieren – ganz abgesehen davon, dass jenseits<br />

weniger, zumeist eng definierter klinischer Studien kaum empirische Belege über die längerfristigen<br />

Folgen unter legalisierten (Alltags-) Bedingungen gewonnen werden können<br />

1. Zu Sucht und Suchtdynamik<br />

Das Wort „Sucht“ stammt aus dem Altgermanischen 4 und bezeichnete bis weit in die Neuzeit<br />

hinein in erster Linie körperliche Krankheiten 5 . Gleichwohl gibt es bereits in vorchristlicher<br />

Zeit und im klassischen Altertum Beschreibungen alkoholinduzierter Rauschzustände;<br />

vereinzelt finden sich dort auch bereits Hinweise auf chronische Verlaufsformen. Eine umfassende<br />

Charakterisierung verschiedener Symptome <strong>der</strong> Abhängigkeit von psychotropen Substanzen,<br />

vorwiegend von Alkohol, finden sich allerdings erst um die Wende des<br />

18. zum 19. Jahrhun<strong>der</strong>t 6 .<br />

Erst im Laufe des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurde versucht, <strong>der</strong> zunehmend inflationären Ausweitung<br />

des Sinngehaltes des Wortes „Sucht“ 7 entgegenzutreten. Die WHO benannte Expertengremien,<br />

die ab den 1950er Jahren den Begriff <strong>der</strong> Sucht als Basis für internationale Kontrollgesetze<br />

definierten. Dabei wurde erstmals zwischen Sucht und Abhängigkeit unterschieden.<br />

Abhängigkeit war nunmehr eingegrenzt auf die Abhängigkeit von psychotropen Substanzen.<br />

Bereits hier finden sich die wichtigsten auch heute noch für die Diagnosestellung einer<br />

Abhängigkeit gültigen Kriterien wie beispielsweise ein überwältigen<strong>der</strong> Wunsch (Zwang)<br />

zum Konsum <strong>der</strong> Droge, eine Tendenz zur Dosissteigerung, psychische und körperliche<br />

Abhängigkeit sowie schwere Folgeschäden sowohl für das Individuum wie auch für die<br />

Gesellschaft. Davon unterschieden wurde eine min<strong>der</strong>schwere Gewöhnung, bei <strong>der</strong> zwar eine<br />

psychische Abhängigkeit beobachtet werden konnte, jedoch keine körperliche; auch die Ten-<br />

4<br />

Dies lässt sich in verschiedenen germanischen Dialekten nachweisen, so findet sich im Altnordischen „Sots“, gotisch „Sauths“ und Altfriesisch<br />

„Secht“.<br />

5<br />

In einer etymologisch an<strong>der</strong>en Deutung wird <strong>der</strong> Begriff „Sucht" mit bestimmten Persönlichkeitszügen und Leidenschaften in Zusammenhang<br />

gebracht. Dagegen ist die Beziehungssetzung zwischen Sucht und Suchen, wie sie etwa um 1800 aufkam, etymologisch falsch.<br />

6<br />

Maßgeblich beteiligt waren hierbei Autoren wie Benjamin Rush, Thomas Trotter, Constantin von Brühl-Cramer und Christoph-Wilhelm Hufeland<br />

beteiligt. Die beiden letztgenannten Autoren sprachen erstmals von „Trunksucht“ und „Opiumsucht“.<br />

7<br />

Da Begriffsbildungen auf dem Suchtgebiet erheblich von <strong>der</strong> Alltagssprache beeinflusst werden, wird sich eine den diagnostischen Inventaren<br />

gemäße Verwendung <strong>der</strong> Begriffe „Abhängigkeit" und „psychotrope Substanz" anstelle von „Sucht" und „Droge" kaum durchsetzen lassen.<br />

Komission empfiehlt dennoch, sich auch im politischen Raum vermehrt <strong>der</strong> international üblichen Terminologie zu bedienen.<br />

II. Übergeordnete Zielsetzungen in <strong>der</strong> Prävention

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