Forschung und Lehre Jahresbericht 2009 - ZfP Südwürttemberg
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Kurzbezeichnung:<br />
WEIS 5<br />
<strong>Forschung</strong>sprojekte zur Ethik in der Medizin<br />
„Crimes against criminals are still crimes”. Ethische <strong>und</strong> medizinhistorische<br />
Aspekte des Maßregelvollzugs am Beispiel der in die sog. „Aktion T4“<br />
eingeschlossenen Patienten (AT)<br />
Heute in der Forensischen Psychiatrie behandelte Patientinnen <strong>und</strong> Patienten<br />
stellten in historischer Perspektive eine gesondert stigmatisierte Gruppe unter<br />
den Opfern der NS-„Euthanasie“ bzw. der als „T4“ bezeichneten Ermordung<br />
von Patienten dar. Hierbei ist zwischen „Justizvollzug“ (Strafvollzug) einerseits<br />
<strong>und</strong> dem seit 1933 verwendeten Begriff „Maßregelvollzug“ zu unterscheiden.<br />
Seit der Arbeit von Nikolaus Wachsmann (dt. Fassung, 2006) zum Justizvollzug<br />
(Strafvollzug) wird zu Recht angezweifelt, dass im Gegensatz zu den<br />
Konzentrationslagern in den Gefängnissen der Nationalsozialisten ‚Recht <strong>und</strong><br />
Ordnung’ geherrscht hätten <strong>und</strong> die Inhaftierten dort zu Recht untergebracht<br />
worden seien. Mitunter war das Gegenteil der Fall („crimes against criminals<br />
are still crimes“). Dieses Weissenauer <strong>Forschung</strong>sprojekt in Kooperation mit<br />
dem Hanse-Klinikum Strals<strong>und</strong> stellt einen interregionalen Vergleich zur<br />
Untersuchung der ethischen Problematik <strong>und</strong> den historischen Gegebenheiten<br />
im „Maßregelvollzug“ dar. Während der Bereich Justizvollzug (Strafvollzug)<br />
inzwischen untersucht wird, stellt der Maßregelvollzug bzw. stellen die hiervon<br />
betroffenen Personen weiterhin eine bisher vernachlässigte Gruppe von<br />
Opfern des Nationalsozialismus dar. Das Projekt fragt darüber hinaus nach<br />
Implikationen der sich ergebenden <strong>Forschung</strong>sergebnisse für die aktuelle<br />
Forensische Psychiatrie. Am deutschen Justizvollzug (Strafvollzug) nach 1933<br />
konnte gezeigt werden, wie schnell sich die Justiz mit den neuen Machthabern<br />
nicht allein arrangierte, sondern sich zunehmend in Vorwegname des Führerwillens<br />
übte <strong>und</strong> konsequent an der Auflösung des rechtlichen Normengefüges<br />
arbeitete. Im hier beschriebenen Projekt wird zu sehen sein, inwieweit ärztliche<br />
Akteure <strong>und</strong> Mitarbeiter des Ges<strong>und</strong>heitswesens strukturbildende gesetzliche<br />
<strong>und</strong> versorgerische „Maßnahmen“ initiiert hatten. Im Fokus dieser interregionalen<br />
Untersuchung steht darüber hinaus das Schicksal insbesondere derjenigen<br />
Patientinnen <strong>und</strong> Patienten, bei denen im „Merkblatt“ zum<br />
„Meldebogen T4“ zwar nicht direkt nach „Gewaltbereitschaft“ in der Vorgeschichte<br />
gefragt wurde, die jedoch als sog. "kriminelle Geisteskranke" behandelt<br />
worden sind.<br />
Beginn: Wintersemester 2008/09.<br />
Kooperationspartner: Dr. Dr. Michael Gillner / Dr. Frank Orlob / Dr. Jan Armbruster<br />
(Strals<strong>und</strong>, Mecklenburg-Vorpommern); Dr. Michael von der Haar (Bad<br />
Rehburg, Niedersachsen); Dr. Udo Frank, Dr. Thomas Müller (beide <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong>,<br />
Abt. Psychiatrie I Universität Ulm)<br />
Projektierter Bearbeitungszeitraum: <strong>2009</strong> – 2011.<br />
54 <strong>Forschung</strong>sbericht <strong>2009</strong>