Qualitative Freiraumplanung
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MÖGLICHKEITSANALYSE: LEITBILDER<br />
Abduktion ist Entwurf<br />
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den Leitbildern direkt abgeleitet werden können, da diese entweder<br />
selbst noch, wenn auch nur am Rande, die überlieferten Freiraumbegriffe<br />
enthalten oder sich auf andere Wirklichkeitsbereiche beziehen<br />
(Wirtschaftsstruktur, Sozialstruktur etc.). Im Gegenteil wird vermutet,<br />
dass gerade jene Aussagen der Leitbilder, die sich nicht explizit mit<br />
der Freiraumfrage befassen, das Neue, Fremde, von der geltenden<br />
Norm Abweichende und Unerwartete enthalten, um das sich qualitative<br />
Forschung als Erkenntnisquelle bemüht (Flick et al. 2000, 14).<br />
Ein solches Interpretationsverfahren verbindet Wissenschaft mit<br />
Kunst, indem Kunst für „den Umgang mit Mehrdeutigkeiten, das Erfassen<br />
von Begrenztheiten und das Mischen von Getrenntem [...] als<br />
Erfahrung von Wahrheit“ (Bude 2000, 570) verstanden wird. Dem<br />
entspricht die Methode des abduktiven Schlusses von Charles Sanders<br />
Peirce. Sie ist ein Kenntnis erweiterndes, kreatives Schlussverfahren,<br />
das nicht logisch oder empirisch beweisen will, dass etwas der Fall ist,<br />
sondern dies vermutet. Abduktion führt eine neue Idee ein, um ein<br />
fremdes Phänomen zu verstehen und ist damit „ein Augenblick des<br />
Entwurfs einer Welt“ (572).<br />
Abduktion kann nicht durch ein spezifisches Verfahrensprogramm erzwungen,<br />
aber durch Strategien und eine spezifische Haltung begünstigt<br />
werden. Peirce hat hierzu das Herbeiführen von Situationen echten<br />
Zweifels und Unsicherheit und des freien Wanderns des Geistes<br />
als Möglichkeiten angeführt (Reichertz 2000, 282f.). Voraussetzung<br />
ist dabei, die vorliegenden Daten unbedingt ernst zu nehmen und demgegenüber<br />
das bisherige Wissen in Frage zu stellen. Eine solche Reihe<br />
abduktiver Schlüsse wird aus den im Kapitel 4 dokumentierten Leitbildern<br />
gezogen. Aus den vorliegenden Texten werden solche Begriffe<br />
ausgewählt, die sich auf den Gegenstand ‚städtische Grün- und Freiräume’<br />
sinngebend projizieren lassen. Dies bedeutet nichts anderes,<br />
als dass sie durch die begriffliche Kombination mit dem Zusatz ‚grün‘<br />
einen Sinn erkennen lassen. Die in diesem abduktiven Verfahren entstehende<br />
große Zahl unterschiedlicher und neuer Begriffe wird untereinander<br />
derart in Verhältnisse gesetzt, dass Zusammenhänge (Aggregationen)<br />
höherer und höchster Ordnung herstellbar sind.<br />
Gültigkeit und Relevanz begründet eine qualitative Analyse aus der<br />
maximalen Variation – im Sinne von Unterschiedlichkeit, nicht von<br />
zahlenmäßiger Repräsentativität – sowie der Gegenstandsangemessenheit<br />
von Fragestellung, Methodenwahl und Bewertung. Ihre Ergebnisse<br />
müssen intersubjektiv nachvollziehbar, kohärent im Sinne von<br />
Konsistenz und Widerspruchsehrlichkeit sein; sie sind jedoch letztlich<br />
nicht überprüfbar. Die Ergebnisse stehen für sich – welchen gesellschaftlichen<br />
Stellenwert sie einnehmen, kann durchaus unterschiedlich