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winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša

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Ich habe deswegen vor Jahren in der Steiermark die sogenannte<br />

Fremdsprachenolympiade einführen können, einen<br />

Wettbewerb für Schüler und Schülerinnen einer gewissen<br />

Schulstufe, die fremde Sprachen lernen. Die Besten werden<br />

bepreist und zwar für alle Sprachen, die unterrichtet werden,<br />

einschließlich der zwei toten, des Griechischen, das ja<br />

fast verschwunden ist, und des Lateinischen, das eine interessante<br />

Grundlage ist, um Sprache überhaupt zu verstehen<br />

und fremde Sprachen zu lernen. Also sehr wohl Vielfalt<br />

der Sprachen, Förderung, wo immer es geht, für die jungen<br />

Leute, das ist ihre Zukunft, aber auch Respekt für die eigene<br />

Sprache.<br />

Muss man sich der deutschen Sprache schämen? Man sollte<br />

zum Beispiel Schüler, Schülerinnen, literarische Texte<br />

auswendig lernen lassen. Es gibt keinen Grund dafür, dass<br />

man die Rezitation abgeschafft hat, mit der Ausnahme,<br />

dass man alles leichter machen wollte, dass man sich bei<br />

den jungen Menschen anbiedern wollte. Ich glaube nicht,<br />

dass das ein Fortschritt war. Es hieß oder es heißt offiziell,<br />

es behindere die Persönlichkeit, wenn man einen literarischen<br />

Text auswendig lernen müsse. Ich finde das gar nicht<br />

behindernd, sondern sehr bereichernd für den Rezitator<br />

und seine Zuhörer.<br />

Vielleicht lernen auch Schauspieler wieder sprechen. Die<br />

Sprechschulung hat man in Schauspielschulen abgeschafft,<br />

weil es persönlichkeitsbehindernd sei, dass Schauspieler<br />

Bühnensprache lernen müssen. Uns ist es in Graz aufgefallen,<br />

dass talentierte junge Schauspieler, die aus deutschen<br />

Theaterschulen zu uns kamen, immer schlechter sprachen,<br />

immer undeutlicher, unartikulierter, unverständlicher. Als<br />

wir das monierten, kam die Antwort, Sprechschulung sei<br />

nicht mehr üblich, das schränke die Freiheit der Person<br />

ein. Ich meine, dass Sprechen zum Handwerkszeug eines<br />

Schauspielers gehört wie die Säge zum Tischler, denn der<br />

Schauspieler ist ja nicht für sich da, sondern für das Publikum<br />

und das Publikum will verstehen, was da vorne auf der<br />

Bühne gesprochen wird, und dazu braucht man Sprache.<br />

Ich verstehe nicht, warum man das abschafft. Vielleicht hat<br />

das auch mit Selbstunterwerfung zu tun. Es gibt aber keinen<br />

Grund, sich der deutschen Sprache zu schämen.<br />

Fremdsprache Deutsch. Eine Sprachdiskussion in den Medien<br />

wäre auch interessant, gibt es aber bei uns nicht. Ich<br />

kenne einen einzigen Fall, wo regelmäßig über Sprachsünden<br />

diskutiert wird. Es gibt, alle vierzehn Tage, in der Wiener<br />

„Presse“ Sprachspaltereien. Zur Nachahmung wärmstens<br />

empfohlen. Sprachkurse für öffentliche Personen<br />

wären schön. Was man nicht alles hören und lesen kann!<br />

Ein paar Beispiele gefällig? Ich leide immer, wenn in einer<br />

Versammlung ein Begrüßer loslegt und der Reihe nach einen<br />

Prominenten nach dem anderen mit „Ich darf Herrn<br />

sowieso herzlich bei uns begrüßen“ vorstellt. Da hört man<br />

manches Mal eine ganze Ich - darf - Litanei. Äußerst unhöflich.<br />

Er hat ja niemanden gefragt, ob er dürfe, behauptet<br />

es aber ununterbrochen. Es gibt absurde Wörter. Kein<br />

Mensch kann erklären, warum eine Zahlung, die ich selbst<br />

leiste, bei der ich selbst nichts behalte, ausgerechnet Selbstbehalt<br />

heißt. Zu den unsinnigen Wörtern gehören auch die<br />

beschönigenden. Die können höchst zynisch sein, zum Beispiel<br />

wenn es heißt, dass arbeitende Menschen nicht gefeuert,<br />

sondern „freigesetzt“ werden. Da kann man nur sagen,<br />

hoch die Freiheit der Arbeitslosen.<br />

Es genügt, Rundfunk oder Fernsehen aufzudrehen, um sofort<br />

zu wissen, dass in Österreich für manche Leute Deutsch<br />

die erste Fremdsprache ist. Da bleibt es im Wetterbericht<br />

„wettermäßig kühl“, da hört man in der Kultur die „meist<br />

gemachtesten Fehler“ von den „meist gespieltesten Opern“,<br />

da hieß es kürzlich „Wir gedenken heute dem verstorbenen<br />

Kammersänger E.H.“. Dass der sogenannte 2. Fall bei uns<br />

gerne entsorgt wird, ist bekannt. Es gibt natürlich auch umgekehrt<br />

den übereleganten 2. Fall, zum Beispiel wenn „der<br />

Vertreter des Landes Steiermarx“ begrüßt wird, oder des<br />

„Landes Steiermarkes“.<br />

Das waren ein paar bescheidene Kostproben aus einem Berg<br />

von Attentaten auf die Sprache, die ganze Bücher füllen.<br />

Sprachen in Europa. Um etwas erfreulich Positives zu sagen:<br />

Es gibt in Graz ein Institut, das der Europarat eingerichtet<br />

hat, das Europäische Fremdsprachenzentrum. Über<br />

30 europäische Staaten finanzieren es. Dort finden laufend<br />

Kurse für Sprachmittler aus vielen europäischen Ländern<br />

statt. Man arbeitet dort auf der Basis der Gleichberechtigung<br />

der europäischen Sprachen. Es war eine große Leistung<br />

des Landes Steiermark und der Stadt Graz, mit Hilfe<br />

der Bundesregierung dieses Projekt gegen internationale<br />

Konkurrenz an Land zu ziehen. Seine Tätigkeit liegt auf der<br />

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