winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša
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Derzeit ist nicht sicher, ob die Arbeit des Konvents einen positiven<br />
Abschluss – nämlich die Annahme einer neuen Verfassung im<br />
Parlament – erfahren wird, ja es ist gar fraglich, ob es dem Konvent<br />
gelingen wird, einen gesamtheitlichen Vorschlag für eine neue<br />
Bundesverfassung vorzulegen. Die parteipolitischen Gefechte werden<br />
nicht nur am bekannten Beispiel der Einbindung von Schöpfung und<br />
Gott in die Verfassung ausgetragen. Viel hitziger, wenngleich zum Teil<br />
weniger öffentlich, wird über Weltlicheres gestritten. Vor allem über<br />
Finanzfragen, staatliche Kontrolle, Kompetenzverteilung zwischen<br />
Bund und Land sowie über Fragen der sozialen Sicherheit.<br />
Von besonderer Bedeutung ist gerade in Bezug auf die Frage des<br />
Volksgruppenschutzes die Debatte über die Notwendigkeit der<br />
Verankerung von konkreten durchsetzbaren Grundrechten in einem<br />
besonderen Artikel der neuen Bundesverfassung oder, im Gegensatz<br />
dazu, lediglich in Form von Staatszielbestimmungen im B-VG bzw.<br />
in einer eventuellen Präambel zur BV, wobei gleich anzumerken ist,<br />
dass Staatszielbestimmungen vor Gericht nicht durchsetzbar sind.<br />
Für eine derartige Verfassungspräambel haben sich vor allem einige<br />
ÖVP-Vertreter ausgesprochen, wohl um sich so der Verankerung<br />
von sozialer Sicherheit und des Rechts auf Arbeit – eingefordert vor<br />
allem von den Sozialdemokraten - zu entziehen. Es ist zu befürchten,<br />
dass zwischen solchen Mühlsteinen auch der Volksgruppenschutz<br />
letztendlich zerrieben werden könnte.<br />
In den Konvent wurden mehrere konkrete Vorschläge für die<br />
Rechte von Volksgruppen in der neuen Verfassung eingebracht.<br />
Der Rat der Kärntner Slowenen hat Ende des vergangenen<br />
Jahres dem Konvent einen gesamtheitlichen Entwurf für ein<br />
Volksgruppengesetz sowie klar ausgearbeitete Modelle zur Einsetzung<br />
einer demokratischen öffentlich-rechtlichen Vertretung<br />
und für ein vollwertiges Volksgruppenmandat vorgelegt, beides<br />
insbesondere für die slowenische Volksgruppe in Kärnten. Das<br />
Österreichische Volksgruppenzentrum hat eine kooperative<br />
Petition der Mitgliedsorganisationen samt einem Antrag auf<br />
eine Neuformulierung des Artikel 19 StGG sowie einen Antrag<br />
für ein Volksgruppengrundgesetz eingebracht. Alle genannten<br />
Entwürfe ergänzen einander und sind mit allen partei- und<br />
regierungsunabhängigen Vertretungsorganisationen der österreichischen<br />
Volksgruppen akkordiert. Wenn sich auch einige<br />
Bestimmungen im Bezug auf die Siedlungsbesonderheiten<br />
lediglich auf die Kärntner Slowenen oder auf die burgenländischen<br />
Volksgruppen beziehen, handelt es sich doch kurz gesagt um<br />
eine Vereinheitlichung des Volksgruppenschutzes auf Niveau des<br />
Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrages von 1955, ergänzt<br />
ZUR PERSON / O AVTORJU<br />
HUBERT MIKL<br />
Hubert Mikel, rojen 1964 v Beljaku/Villach, je generalni tajnik<br />
Centra avstrijskih narodnih skupnosti na Dunaju: oevz@twinet.<br />
net<br />
Hubert Mikel, geb 1964 in Villach/Beljak ist Generalsekretär<br />
des Österreichischen Volksgruppenzentrums in Wien: oevz@twinet.net<br />
um den Anspruch auf eigene Medien und Vorschulerziehung in<br />
der Muttersprache sowie um das Recht auf Selbstverwaltung der<br />
finanziellen Mittel, um kollektive Rechte und um die Möglichkeit der<br />
Durchsetzung dieser Rechte auch auf dem Gerichtsweg.<br />
Im Auftrag des Grundrechtsausschusses des Konvents hat Univ.-<br />
Prof. Dr. Dieter Kolonovits Ende Jänner einen Vorschlag zur<br />
Neufassung des verfassungsrechtlichen Volksgruppenschutzes in<br />
einem ausgewogenen Minderheitenschutzartikel – konzipiert als Teil<br />
eines neuen Grundrechtskataloges in der österreichischen Verfassung<br />
– vorgelegt. Die Abgeordnete der Grünen, Mag. Terezija Stoisits,<br />
hat im Vorfeld die Vertretungsorganisationen der österreichischen<br />
Volksgruppen zu einer Gesprächsrunde eingeladen. Der von<br />
Kolonovits erarbeitete Vorschlag beinhaltet die derzeit geltenden<br />
Verfassungsrechte der Volksgruppen und setzt diese teilweise für<br />
alle Minderheiten auch als kollektive Rechte um; er bringt auch<br />
eine vorsichtige Weiterentwicklung des Volksgruppenschutzes im<br />
Bereich der vorschulischen Erziehung, schafft die Durchsetzung von<br />
Gruppenrechten vor Behörden und Gerichten und erwähnt eigene<br />
Vertretungskörper der Volksgruppen. Der Vorschlag würde also<br />
den Rechtsschutz vor allem für jene Volksgruppen verbessern, die<br />
nicht vom Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages erfasst sind,<br />
und darüber hinaus aktuelle Gegebenheiten und die europäische<br />
Entwicklung miteinbeziehen.<br />
Das Österreichische Volksgruppenzentrum hat in einem eigenen Entwurf<br />
den Vorschlag von Kolonovits ergänzt, in dem der Begriff der Volksgruppe<br />
sowie eigene Förderungen für Medien und die Einrichtung von Selbstve<br />
rwaltungskörperschaften definiert werden. Auch die Sozialdemokraten<br />
haben im Grundrechtsausschuss einen besonderen Beitrag geleistet,<br />
indem sie über öffentliche Hearings, zu denen auch parteiunabhängige<br />
NGOs der Volksgruppen geladen wurden, einen eigenen umfassenden<br />
Grundrechtskatalog erarbeiteten. Im Volksgruppenbereich folgt dieser<br />
inhaltlich ziemlich dem Vorschlag von Kolonovits, ergänzt diesen<br />
jedoch um den Anspruch auf eigene Medien und setzt einen besonderen<br />
Akzent im Bereich der Offenheit und der gegenseitigen Akzeptanz der<br />
verschiedenen Volksgruppen.<br />
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