winter/zima 2004/2005 - Pavlova hiša
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Hallo EU – Hallo Slowenien.<br />
Erinnerungen.<br />
å Text<br />
Kurt Oktabetz<br />
Hätte jemand vor 15 Jahren den Fall des Eisernen Vorhanges vorausgesagt, wäre er als Phantast bezeichnet<br />
worden. Zugegeben: Die Grenze zwischen der Steiermark und Slowenien war nie durch Wachtürme, Stacheldraht<br />
und Minengürtel gesichert, aber auch die sogenannte „Grüne Grenze“ war eine Trennlinie zwischen<br />
zwei verschiedenen politischen Systemen und für die Menschen hüben wie drüben nicht nur eine Sprachbarriere.<br />
Slowenien war – wenn auch nicht im fundamentalistischen Sinn – ein kommunistisches Land, eine Teilrepublik<br />
Jugoslawiens, unter der Zentralherrschaft Belgrads.<br />
Bevölkerungsminderheiten auf beiden Seiten, die zwangsläufig immer existieren, wenn politisch willkürliche<br />
Grenzen gezogen werden, wurden zwar geduldet, aber nicht gerade freundlich behandelt.<br />
Die Steiermark sah sich in einer Sackgasse, als Blinddarm im äußersten Südosten Westeuropas, und war gesellschaftspolitisch<br />
und ökonomisch nahezu ausschließlich auf den Nordwesten Europas ausgerichtet. Diese<br />
Situation bestand – mit nur einer kurzen, dramatischen Unterbrechung in den Jahren 1938 – 1945 und mit<br />
nachhaltigen Wirkungen auf die Menschen – rund 80 Jahre oder vier Generationen hindurch.<br />
Und dann kam die Überraschung, größer als jede Phantasie: Der innere Gärungsprozess wurde ja kaum wahrgenommen<br />
und vielfach für wirkungslos und realitätsfremd gehalten.<br />
Aber die neuen Realitäten waren plötzlich da, waren zur Kenntnis zu nehmen von den Menschen, die sich ganz<br />
allgemein durch ein ihnen innewohnendes Beharrungsvermögen auszeichnen und die jeder signifikanten Änderung<br />
zunächst mit einer Abwehrhaltung oder doch mit einer gewissen Skepsis begegnen.<br />
Wahrscheinlich hing – historisch betrachtet – alles am schicksalhaften seidenen Faden: Der Wille des Volkes<br />
und die Kraft seiner politischen Führung gebaren die Selbständigkeit Sloweniens, die effektiv erstmalige in<br />
seiner langen Geschichte.<br />
Wenn nun jemand vor 12 Jahren vorausgesagt hätte, dass der 1. Mai <strong>2004</strong> die Mitgliedschaft Sloweniens in<br />
der Europäischen Union besiegeln würde, hätte dies wiederum Kopfschütteln hervorgerufen, denn unter den<br />
Experten und politischen Pragmatikern galt die Formel, die der ehemalige Chef der Deutschen Bank auf die<br />
Frage nach der Dauer eines möglichen Wechsels von einer zentralverwalteten in eine marktwirtschaftliche<br />
Gesellschaft aufstellt, nämlich zwei Generationen: eine, die das alte System überwindet und eine, die das neue<br />
aufbaut. Vielleicht ist aber auch die Dynamik heutiger Prozesse zu sehen und besser zu verstehen, wenn statt<br />
einer vermeintlich 40-jährigen Entwicklungsdauer eine Phase von 12 Jahren genügt, um ein gewünschtes (politisches)<br />
Ziel zu erreichen. Der unbedingte Wille und die Zielidentität eines ganzen Volkes sowie die Intelligenz<br />
und der Fleiß der Menschen waren und sind dafür ausschlaggebend. Dabei musste Slowenien nicht nur<br />
den Kommunismus überwinden, sondern nebenbei auch einen Staat aufbauen, den es noch nie hatte.<br />
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