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Ergonomie, Führungskultur, Betriebssport, Arbeitssicherheit<br />
o<strong>de</strong>r Kantinenessen – unter <strong>de</strong>m Etikett „Gesundheit“ tummelt<br />
sich eine Vielzahl von Themen, Trends und Schlagworten, die<br />
die Aufmerksamkeit verantwortungsvoller Unternehmer for<strong>de</strong>rn.<br />
Ebenso unübersichtlich wie das Themenspektrum präsentieren<br />
sich die zahllosen Dienstleister, För<strong>de</strong>rprogramme,<br />
Bildungsangebote, Institute und Institutionen, die sich <strong>de</strong>r betrieblichen<br />
Gesundheitsför<strong>de</strong>rung zuordnen.<br />
Laut einer aktuellen Studie von Booz & Company lasten auf<br />
Deutschlands Arbeitgebern krankheitsbedingte Kosten von<br />
jährlich rund 3.600 Euro pro Arbeitnehmer. Im Jahr 2009 beliefen<br />
sich, hochgerechnet auf alle <strong>de</strong>utschen Unternehmen,<br />
die Kosten auf etwa 129 Milliar<strong>de</strong>n Euro. Nur ein Drittel davon<br />
resultiert aus reinen Fehlzeiten. Der größere Teil entsteht<br />
dadurch, dass Arbeitnehmer trotz Krankheit am Arbeitsplatz<br />
erscheinen. Ihre eingeschränkte Einsatzfähigkeit vermin<strong>de</strong>rt<br />
die Arbeitsqualität, erhöht die Fehleranfälligkeit und steigert<br />
die Anzahl von Unfällen.<br />
„Im <strong>de</strong>utschen Mittelstand gibt es<br />
noch kein Gesundheitsmanagement,<br />
das <strong>de</strong>n Namen wirklich verdient.“<br />
RUDOLF KAST, DIE PERSONALMANUFAKTUR, WITTNAU<br />
Dennoch: „Im <strong>de</strong>utschen Mittelstand gibt es kein betriebliches<br />
Gesundheitsmanagement, das <strong>de</strong>n Namen verdient“,<br />
konstatiert Rudolf Kast, Inhaber von Die Personalmanufaktur<br />
in Wittnau. Dabei sei die Arbeit in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren<br />
intensiver gewor<strong>de</strong>n und ihr Einfluss auf die individuelle Gesundheit<br />
erheblich gestiegen. Der frühere Personalleiter <strong>de</strong>r<br />
Sick AG in Waldkirch hat selbst ein betriebliches Gesundheitsmanagement<br />
aufgebaut. Seine Zutaten: Ein engagiertes<br />
Steuerungsgremium, vom Thema überzeugte Führungskräfte<br />
sowie Mitarbeiter, die als interne Promotoren die Selbstverantwortung<br />
in <strong>de</strong>r Belegschaft stärken.<br />
Der Vorturner<br />
„Es fing an mit <strong>de</strong>r Erkenntnis, dass meine Leistungsfähigkeit<br />
sinkt. Mit zunehmen<strong>de</strong>r Bürotätigkeit baut<br />
sich <strong>de</strong>r Fitnessgrad ab – und umso beschwerlicher<br />
wer<strong>de</strong>n körperliche Einsätze auf <strong>de</strong>r Baustelle. Diese<br />
Erkenntnis wollte ich nicht vom Tisch fegen, son<strong>de</strong>rn<br />
im Betrieb umsetzen.<br />
Die Innungskrankenkasse hat mir dann ein Bonusprogramm<br />
mit <strong>de</strong>n Zielen Prävention und Prophylaxe<br />
angeboten. Wir sind mit <strong>de</strong>r ganzen Truppe in ein<br />
Reha-Zentrum gegangen und haben eine Diagnose<br />
und Analyse <strong>de</strong>r körperlichen Disposition gemacht.<br />
Das Resultat war erstaunlich: Meine Mitarbeiter sind<br />
echte Kerle, aber sie haben eine überdurchschnittlich<br />
entwickelte Bauchmuskulatur und weniger gute<br />
Rückenmuskeln. Heute wissen wir, dass das durch<br />
die Bewegungsabläufe bei <strong>de</strong>r Arbeit kommt.<br />
In zunächst 20 Sitzungen haben wir eine Stun<strong>de</strong><br />
vor Feierabend zusammen mit einem Sportlehrer<br />
bestimmte Turnübungen gelernt, die hier Abhilfe<br />
schaffen sollen. Dann haben wir gemeinsam weitergemacht.<br />
Die Übungen sind nach <strong>de</strong>r Einarbeitung<br />
je<strong>de</strong>rzeit und überall praktikabel – zu Hause, in <strong>de</strong>r<br />
Werkstatt, sogar auf <strong>de</strong>r Baustelle.<br />
Nach einem Jahr haben wir die Körperdaten erneut<br />
erhoben und festgestellt, dass wir muskulär ins<br />
Gleichgewicht gekommen sind. Alle haben gewonnen:<br />
Die Mitarbeiter haben einen finanziellen Bonus<br />
bei <strong>de</strong>r Krankenkasse bekommen. Und im Betrieb<br />
ist <strong>de</strong>r Krankenstand <strong>de</strong>utlich gesunken. Die Ausfälle<br />
wegen Rückenbeschwer<strong>de</strong>n sind auf null runtergegangen.<br />
Im Nachgang haben wir Geräte angeschafft, um die<br />
Lastenverteilung beim Heben zu verbessern. Aufkleber<br />
an Hebepunkten, aber auch an <strong>de</strong>n Toiletten<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Stechuhr erinnern an gutes Heben.“<br />
Foto: privat<br />
Fehlen<strong>de</strong>s Wissen als Ursache<br />
Die Zurückhaltung <strong>de</strong>s Mittelstands führen zwei aktuelle<br />
Studien <strong>de</strong>s TÜV Süd zum Teil auf fehlen<strong>de</strong> Informationen<br />
über psychische Belastungsfaktoren zurück, aber auch auf<br />
fehlen<strong>de</strong>s Wissen über die Ausgestaltung eines effektiven<br />
Gesundheitsmanagements. Den größten Handlungsbedarf<br />
in <strong>de</strong>r betrieblichen Gesundheitsför<strong>de</strong>rung sehen die Experten<br />
bei gesun<strong>de</strong>m Führungsverhalten, Konfliktmanagement,<br />
verlängerter Lebensarbeitszeit und Arbeitsmotivation. „Viele<br />
Mittelständler befrem<strong>de</strong>t das Thema Gesundheit“, bestätigt<br />
Karin Patzel-Kohler, systemischer Coach aus Steinheim/Murr.<br />
Gegenüber weithin akzeptierten Unfallszenarien habe eine<br />
Krankheitsgeschichte im psychischen Bereich häufig die<br />
Klaus Bran<strong>de</strong>nburg<br />
Inhaber von Fußbo<strong>de</strong>n Bran<strong>de</strong>nburg, Gummersbach,<br />
sechs Mitarbeiter<br />
ProFirma 12 2011<br />
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