Schluss mit lustig Folge 40 H 2 O ... wirft sein altes Leben über Bord von Michael Bahnerth Das ist das En<strong>de</strong>. Henning Hirschmüller-Oberst, H2O genannt, nimmt Abschied vom Unternehmerdasein und sucht mit seiner Frau Clara neue Herausfor<strong>de</strong>rungen auf hoher See. H2O blickte um sich. Das also ist sie, dachte er, die Hülle, in <strong>de</strong>r mein restliches Leben Platz haben soll. Meines und das meiner Frau. Der letzte Lebensabschnitt. Ein luxuriös ausstaffierter Schiffsbauch, Kombüse, Wohnbereich, Bad, zwei Kajüten, ein paar Bücher, Seekarten, Funkanlage, Satellitentelefon, Fernseher. Um ihn herum das Meer, noch eine Hülle, von <strong>de</strong>r er nicht wusste, ob sie ihm passen wür<strong>de</strong>. Noch zwei Stun<strong>de</strong>n bis zum Sonnenuntergang. Dann wür<strong>de</strong>n er und Clara die Leinen losmachen und in Richtung Rhodos segeln. Noch gestern Abend hatte es so gut geklungen, als er mit Clara auf <strong>de</strong>m Achter<strong>de</strong>ck saß und einen Single Malt trank: die Weltmeere besegeln. „Mensch“, hatten seine Kollegen in <strong>de</strong>n letzten Tagen verlauten lassen, „Du hast es gut. Kein Terminstress mehr, keine Hatz nach Geld, keine Schuldgefühle, weil <strong>de</strong>in Leben ins Geschäft fließt und nicht in die Familie.“ War das die Ursache seiner momentanen Kraftlosigkeit? Dass ihm die einzige Struktur, die er ein Leben lang kannte, nicht mehr zur Verfügung stand? Dass er nichts mehr erreichen musste außer schönen Buchten und lauschigen kleinen Häfen? Ruhig bleiben, Henning, sagte er sich. Das passt zum Ruhestand. Ein Whisky wäre gut, dachte er, aber dann wür<strong>de</strong> ein zweiter folgen, und dann wür<strong>de</strong> ihn nichts an<strong>de</strong>res mehr interessieren als ein dritter. Auch ein Ruhestandsmo<strong>de</strong>ll, dachte er. Kein Selbstmitleid, Henning, sagte er sich. Du lebst einen Traum, <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>re nur träumen können. Du segelst mit <strong>de</strong>iner Frau um die Welt. Du bist Abenteurer. Klingt doch besser als Geschäftsmann. Seekarten anstelle von Statistiken. Nie mehr das Boot durch eine Wirtschaftskrise steuern, son<strong>de</strong>rn nur noch durch stürmische See. Ein alter Mann, eine Frau und das Meer. Das wirkliche Leben. Keine Banker mehr, keine Marketingfuzzis, keine Welt, die nicht bereit ist für <strong>de</strong>ine Innovationen. Eine Welt, die Biopommes-Automaten keine Chance gibt. Die organische Gasgewinnung direkt aus Kuhmägen skeptisch sieht. Eine Welt voller Feiglinge, die Visionen bedrohlich fin<strong>de</strong>n. Die Vollkaskokonzepte von Apparatschiks wollen anstatt Erneuerer mit Fantasie. Nein, Henning, o<strong>de</strong>r viel besser, ja, das musst du dir nicht mehr antun. Wirklich nur einer, rechtfertigte er sich vor sich selbst, wirklich nur ein kleiner Whisky. Um <strong>de</strong>r Welt zuzuprosten und all <strong>de</strong>n Vollpfosten da draußen symbolisch „good bye“ zu sagen und „mit mir nicht mehr“. Da stand er dann auf seinem Boot, blickte auf die offene See und nahm Abschied wie ein Mann, wie er fand. Danach nahm er einen zweiten Whisky, um sein neues Dasein zu begrüßen und <strong>de</strong>n Son<strong>de</strong>rfrie<strong>de</strong>n zwischen ihm und <strong>de</strong>r Welt willkommen zu heißen. Im Grun<strong>de</strong>, re<strong>de</strong>te er sich zu, wer<strong>de</strong> ich nur das regelmäßige Golfspiel vermissen. Der Gedanke an Golf löste Wehmut aus. Er ging runter in <strong>de</strong>n Rumpf, holte seine Golftasche, nahm ein Sechsereisen und machte auf <strong>de</strong>m Achter<strong>de</strong>ck ein paar Schwünge. Es lief gut, rund, kraftvoll, ohne zu viel Kraft zu investieren. Er nahm einen Ball hervor. Ja, das wür<strong>de</strong> er jetzt tun. Er ging in die Kombüse, holte einen Eierbecher aus Plastik, legte ihn aufs Achter<strong>de</strong>ck und <strong>de</strong>n Ball in die Öffnung. Locker stellte er sich vor <strong>de</strong>n Ball, ging ein wenig in die Knie, konzentrierte sich, machte ein paar Probeschwünge, hielt <strong>de</strong>n Atem an und zog durch. Der Kontakt zwischen Schläger und Ball war jenes feine „Klick“, das ihm sagte, dass er optimal getroffen hatte. Weit hinten klatschte <strong>de</strong>r Ball ins Meer. H2O lächelte. Das wäre ein Hole-in-one gewesen. „Hallo Liebling“, hörte er Clara. „Ich hab alles. War was?“ „Nein, alles gut. Ich bin bereit.“ „Das ist gut, Henning. Und noch was, bevor es losgeht, ich habe keine Lust, mein Leben mit einem Kapitän Haddock zu verbringen.“ „Aye, aye. Wie wär’s? Motor anwerfen, Leinen los, später Segel setzen?“ „Genau Henning. Auf zu neuen Ufern.“ IM NÄCHSTEN HEFT beginnt eine neue Reihe. Illustration: Reinhold Harwath 90 ProFirma 12 2011
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