**Glandula 19 - Netzwerk Hypophysen- und ...
**Glandula 19 - Netzwerk Hypophysen- und ...
**Glandula 19 - Netzwerk Hypophysen- und ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Schwerpunkt<br />
Abbildung 14: Zusammenspiel des Hormonsystems (blau), des autonomen Nervensystems (ANS,<br />
rot) <strong>und</strong> des Immunsystems (gelb) beim Stress (Erläuterungen siehe Text). = Stimulation,<br />
= Hemmung<br />
vensystems aus dem Nebennierenmark.<br />
Hormonelle Stressachse <strong>und</strong><br />
Sympathikus steuern die Stressreaktion<br />
Beschäftigen wir uns zunächst mit<br />
der hormonellen Stressachse HPA.<br />
HPA ist die Abkürzung für Hypothalamic<br />
Pituitary Adrenal, also auf<br />
Deutsch: hypothalamo-hypophysäre<br />
Nebennierenachse. Wegen der<br />
international weiten Verbreitung des<br />
Terminus HPA werden wir ihn auch<br />
hier verwenden.<br />
Das hypothalamische Neuropeptid<br />
Corticotropin-Releasing-Hormon<br />
(CRH) stimuliert im <strong>Hypophysen</strong>vorderlappen<br />
die Sekretion von<br />
ACTH, welches wiederum in der<br />
Nebennierenrinde die Freisetzung<br />
von Cortisol bewirkt. Unter Ruhebedingungen<br />
wird dieses System in<br />
den frühen Morgenst<strong>und</strong>en, im<br />
Rahmen des zirkadianen Rhythmus<br />
stimuliert, während in den späten<br />
Abendst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> in der ersten<br />
Nachthälfte kaum Cortisol sezerniert<br />
wird. Das System wird angeregt<br />
durch eine Vielzahl von Reizen aus<br />
der Umwelt <strong>und</strong> durch körperliche,<br />
geistige <strong>und</strong> emotionale Aktivität, so<br />
wie bei allen Stressarten, die Sie sich<br />
vorstellen können. Gehemmt wird<br />
das System durch die oben besprochene<br />
negative Rückkopplung, in<br />
diesem Falle durch zirkulierendes<br />
Cortisol, welches auf die Hypophyse,<br />
den Hypothalamus <strong>und</strong> auch auf<br />
höhere Zentren des ZNS wirkt.<br />
Das sympathische Nervensystem,<br />
auch Sympathikus genannt, ist Teil<br />
des autonomen Nervensystems<br />
(ANS), welches unabhängig von<br />
unserem Bewusstsein agiert, wohl<br />
aber bemerken wir seine Effekte, wie<br />
das Herzjagen oder den Angstschweiß.<br />
Seine zentralen Anteile liegen<br />
im blauen Kern (Locus coeruleus)<br />
<strong>und</strong> anderen Teilen des Hirnstammes.<br />
Der Sympathikus versorgt<br />
mit seinen Nerven alle inneren Organe,<br />
die Blutgefäße <strong>und</strong> das Immunsystem.<br />
Der Sympathikus kann<br />
aber noch viel mehr, denn über seine<br />
Neurotransmitter Adrenalin <strong>und</strong><br />
Noradrenalin, die im Nebennierenmark,<br />
einem Teil des Sympathikus,<br />
gebildet werden, erreicht er auf dem<br />
Blutwege quasi alle Körperzellen.<br />
Wie reagieren nun diese Systeme bei<br />
Stress? Was passiert im Organismus,<br />
wenn im Dunkeln plötzlich eine verdächtige<br />
Gestalt auftaucht, wenn ich<br />
erfahre, ein paar Millionen geerbt zu<br />
haben, oder wenn mich eine Fieberattacke<br />
ins Bett zwingt?<br />
Im Zentrum der Stressantwort des<br />
Körpers dirigiert CRH die vielfältigen<br />
Reaktionen: Über den Locus<br />
coeruleus wird der Sympathikus stimuliert,<br />
der in der Körperperipherie<br />
sofort das Herz schneller schlagen<br />
lässt, den Blutdruck anhebt, die Atmung<br />
vertieft <strong>und</strong> Energieträger aus<br />
den Speichern mobilisiert. Die Muskulatur<br />
wird besser durchblutet, sie<br />
bekommt mehr Sauerstoff <strong>und</strong> Glukose,<br />
gleichzeitig wird im Gehirn<br />
über Nerven, die Noradrenalin als<br />
Transmitter benutzen, die Aufmerksamkeit<br />
erhöht, es werden die Sinne<br />
geschärft, der Organismus ist zum<br />
Kämpfen oder Fliehen vorbereitet.<br />
In der Zwischenzeit ist auch das über<br />
CRH <strong>und</strong> ACTH stimulierte Cortisol<br />
im Blut erschienen. Das Cortisol<br />
unterstützt die Empfindlichkeit der<br />
Sympathikus-Neurotransmitter an<br />
ihren Rezeptoren <strong>und</strong> stellt durch<br />
seine Wirkung auf den Stoffwechsel<br />
Glukose, Aminosäuren <strong>und</strong> Fettsäuren<br />
als Energieträger bereit. CRH<br />
wirkt nicht nur als Neurohormon<br />
auf die Hypophyse <strong>und</strong> als Neurotransmitter<br />
auf das sympathische<br />
Nervensystem, sondern induziert<br />
auch wichtige Verhaltensveränderungen,<br />
die beim Stress beobachtet<br />
werden können, wie Verstärkung<br />
von Angst <strong>und</strong> Aversion, Erhöhung<br />
der motorischen Aktivität bei gleichzeitiger<br />
Unterdrückung von solchen<br />
Verhaltensweisen, die bei der Bewältigung<br />
von Stress aktuell nicht benötigt<br />
werden, wie Nahrungsaufnahme<br />
<strong>und</strong> Sexualität.<br />
Diese durch CRH induzierten Verhaltensveränderungen,<br />
die in zahlreichen<br />
Tierversuchen beobachtet worden<br />
sind, ähneln sehr dem menschlichen<br />
Verhalten bei der Depression<br />
<strong>und</strong> bei Angststörungen. Diese Ergebnisse<br />
bilden daher auch die<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die moderne neuro-<br />
GLANDULA <strong>19</strong>/04 23