**Glandula 19 - Netzwerk Hypophysen- und ...
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Erfahrungsbericht<br />
Rückblick einer Akromegalie-Patientin:<br />
Es wäre gut gewesen,<br />
wenn die Erkrankung früher<br />
erkannt worden wäre!<br />
Bei der Lektüre der Glandula-Ausgaben<br />
im Internet fiel mir auf, dass<br />
immer wieder betont wird, wie wichtig<br />
die Früherkennung z. B. der<br />
Akromegalie ist. Das kann ich voll<br />
<strong>und</strong> ganz unterschreiben!<br />
Ich muss (rückblickend) meine<br />
Akromegalie mit Ende zwanzig/Anfang<br />
dreißig erworben haben,<br />
spätestens kurz nach den Geburten<br />
meiner Kinder. Die ersten körperlichen<br />
Veränderungen traten auf,<br />
ohne dass mir bewusst war, worum<br />
es sich handelte: Ringe passten nicht<br />
mehr, Schuhgrößenzunahme von 37<br />
auf 40, Vergröberung der Gesichtszüge,<br />
stark ausgeprägte Nasolabialfalte,<br />
immer stärker aufgeschwollenes<br />
Gesicht mit Riesentränensäcken<br />
(Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Kollegen gaben nach<br />
der Operation zu, dass sie den Verdacht<br />
gehabt hatten, dass ich heimlich<br />
saufe!). Mit 37 Jahren entwickelte<br />
sich ein Karpaltunnelsyndrom<br />
speziell links, das zunächst mit einer<br />
Cortison-Injektion behandelt <strong>und</strong><br />
zwei Jahre später operiert wurde. Der<br />
Neurochirurg war sehr erstaunt über<br />
meine „unwahrscheinlich kräftig<br />
ausgeprägten Handwerker-Daumenballen“.<br />
Ich hatte immer noch keine Ahnung.<br />
Zwar hatte ich zuweilen mein<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbuch durchgeblättert,<br />
war auch auf seltene Erkrankungen<br />
wie Akromegalie gestoßen, mir war<br />
sogar die Schuhgrößenzunahme aufgefallen,<br />
aber die abgebildete Person<br />
– so sah ich doch nicht aus!<br />
Schilddrüsenknoten führten<br />
zur Diagnose<br />
Im Mai <strong>19</strong>92 bemerkte ich im Halsbereich<br />
eine Schwellung, die sich als<br />
kalte Schilddrüsenknoten herausstellten.<br />
Die mir angeratene operative<br />
Entfernung ließ ich umgehend<br />
vornehmen. Unter der Operation<br />
stellte sich ein Karzinom des Typs<br />
pT4 heraus. Der rechte Recurrens<br />
(Nervus laryngeus recurrens = Kehlkopf-/Stimmbandnerv,<br />
Anm. der<br />
Redaktion) war in den Tumor eingebettet<br />
<strong>und</strong> wurde zerstört. Erst bei<br />
der ersten Radiojodtherapie im Zentralklinikum<br />
Münster wurde der<br />
Arzt misstrauisch, fragte nach den<br />
Ringgrößen- <strong>und</strong> Schuhgrößenveränderungen.<br />
Ich erinnere mich, dass<br />
ich sofort sagte: „Sie denken doch<br />
nicht etwa an Akromegalie?“<br />
Seit der Operation bin ich<br />
beschwerdefrei<br />
Der Arzt blieb gottlob am Ball. Ich<br />
wurde von einer engagierten Endokrinologin<br />
betreut, musste wegen<br />
der Adenomgröße (18x20x18) vier<br />
Monate lang Sandostatin spritzen<br />
<strong>und</strong> wurde danach in Hamburg-Eppendorf<br />
operiert. Seitdem bin ich beschwerdefrei,<br />
es sind keine Symptome<br />
mehr aufgetreten.<br />
Bereits unmittelbar nach der Operation<br />
haben sich die Weichteilschwellungen<br />
(das aufgedunsene Gesicht,<br />
die Tränensäcke, die dicken Finger)<br />
zurück entwickelt, aber natürlich<br />
nicht alles.<br />
Es wäre gut gewesen, wenn die<br />
Krankheit früher entdeckt worden<br />
wäre. Nicht einmal die von mir frequentierten<br />
Ärzte haben die typischen<br />
Akromegalie-Symptome erkannt!<br />
Gerade jetzt, Anfang März 2004,<br />
habe ich das erste MRT nach der<br />
Operation machen lassen: Alles unauffällig,<br />
die <strong>Hypophysen</strong>reste kaum<br />
feststellbar (aber trotzdem sind alle<br />
Hormonwerte im grünen Bereich).<br />
Die Ärzte brauchen mehr<br />
„Anschauungsmaterial“<br />
Für mich stellen sich folgende Fragen:<br />
Warum gibt es nicht viel mehr<br />
Fotos von Erkrankten? Warum ist<br />
auf den wenigen Fotos die verräterische<br />
Augenpartie unkenntlich gemacht<br />
(ich weiß, Datenschutz,<br />
aber...)? Es ist nicht einfach, eine<br />
Akromegalie zu erkennen, aber bei<br />
mehr Anschauung wäre es sehr viel<br />
leichter.<br />
Ich persönlich wäre bereit, ein typisches<br />
Foto mit meiner seinerzeit ausgeprägten<br />
Symptomatik zur Verfügung<br />
zu stellen. Vielleicht gibt es<br />
auch noch andere Betroffene, die das<br />
unterstützen. Woher soll man sonst<br />
wissen, worauf man achten muss?<br />
Zumindest die Allgemeinmediziner,<br />
die Neurologen, die Orthopäden<br />
benötigen Anschauungsmaterial!<br />
Abschließend möchte ich Ihnen für<br />
Ihre Website meine größte Hochachtung<br />
aussprechen. Ich wäre froh<br />
gewesen, wenn ich vor 11 Jahren<br />
derartig gute Informationen hätte erlangen<br />
können!<br />
U. O.*<br />
* Name <strong>und</strong> Anschrift sind der Redaktion bekannt.<br />
Ihre Zuschriften leiten wir gerne weiter.<br />
GLANDULA <strong>19</strong>/04 61