Lehrerhandreichung (pdf) - Benedikt
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SZ: Wie kaufen Sie Kleider oder Möbel?<br />
Grün: Wenn ich eine Kutte oder Wäsche brauche,<br />
gehe ich in die Kleiderkammer. Als ich neulich meinen<br />
alten Kulturbeutel am Flughafen vergessen hatte,<br />
haben mir meine Geschwister einen neuen geschenkt.<br />
Und Möbel passen in meine Zelle ohnehin kaum. Die<br />
hat weniger als 20 Quadratmeter. Das ist manchmal<br />
ein Nachteil. Vor allem, wenn ich ein Buch schreibe. Da<br />
stapelt sich überall Papier.<br />
SZ: Und Ihr Auto?<br />
Grün: Ich kaufe immer für 8000, 9000 Euro einen<br />
Unfallwagen und fahre ihn, bis es nicht mehr geht. Im<br />
Augenblick fahre ich einen Golf mit 240000 Kilometern<br />
auf dem Buckel.<br />
SZ: Hm. Hunderte Kilometer unterwegs zu Vorträgen<br />
in einer alten Kiste und Sie behaupten, das nervt nicht?<br />
Grün: Manchmal nervt es schon. Aber ich will nichts<br />
Besseres sein als meine Mitbrüder.<br />
Grün: Es gibt ja immer die Vorstellung, wir Mönche<br />
müssten unsere Sexualität unterdrücken. Ich lasse<br />
sie in meine Kreativität fließen.<br />
SZ: Und das reicht, Sie haben kein Bedürfnis nach<br />
Sexualität?<br />
Grün: Nach Sexualität nicht, nur manchmal nach<br />
Zärtlichkeit.<br />
SZ: Sie sind mit ihren Büchern extrem erfolgreich.<br />
Warum?<br />
Grün: Ach, wenn ich das so genau wüsste. Ich<br />
treffe, glaube ich, die Emotion vieler Leser, meine<br />
Sprache bewertet nicht und drängt nichts auf.<br />
Ich gaukle keine heile Welt vor. Und dann hat die<br />
christliche Spiritualität auch eine eigene Kraft, und<br />
die versuche ich, den Leuten zu erschließen. Dass ich<br />
da erfolgreich bin, freut mich schon. Da gönne ich<br />
mir manchmal eine kleine Eitelkeit und genieße die<br />
Anerkennung.<br />
SZ: Es durchzuckt Sie nie der Gedanke: Mensch, Du<br />
könntest ein schönes Haus besitzen, reisen, wohin Du<br />
willst?<br />
Grün: Ach, Luxus ist für mich keine Versuchung.<br />
Manchmal laden mich Bankvertreter oder Manager<br />
zum Essen ein, das ist dann gut und teuer, aber oft<br />
fühle ich mich unwohl und denke: Da würdest Du<br />
alleine nie hingehen. Da kostet allein die Nachspeise<br />
12 Euro. Es ist lecker, aber einfach übertrieben.<br />
SZ: Was macht Sie glücklich, wenn es nicht Geld<br />
und Luxus sind?<br />
Grün: Ich bin glücklich, wenn ich Menschen durch<br />
Bücher, Vorträge, Gespräche Wege weisen kann. Und<br />
wenn ich spirituelle Erfahrungen mache, wenn ich<br />
Gott suche und in der Stille einen tiefen inneren<br />
Frieden spüre.<br />
SZ: Sie schreiben, Sexualität und Aggression seien<br />
die wichtigsten Lebensenergien. Wie kommen Sie<br />
damit klar, als Mönch beides zu unterdrücken?<br />
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