Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht
Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht
Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Marbach kam nach Zweibrücken <strong>und</strong> schlichtete am 8. Mai 1564 die zwischen den Pastoren <strong>der</strong><br />
Hauptstadt <strong>und</strong> dem Hofprediger Codonius schwebenden Differenzen. Letzterer reichte zum Scheine<br />
Flinsbach die Hand, obschon er noch an demselben Tage diesen in einem Privatschreiben an<br />
Marbach verdächtigte, weil er zu gelinde <strong>und</strong> nachlässig in seiner Superintendentur sei. Allerdings<br />
verkehrte Flinsbach mit den seiner Aufsicht unterstellten Predigern in freier brü<strong>der</strong>licher Weise, was<br />
jenen Hierarchen, die sich hochgestellt <strong>und</strong> allmächtig fühlten, anstößig sein mußte. Gern wendeten<br />
sich daher die Pfarrer in zweifelhaften Fällen an ihn. So legte ihm <strong>der</strong> Prediger Joseph Fontanus von<br />
Annweiler dat. den 19. April 1562 den bedenklichen Fall vor, daß den Verordnungen <strong>der</strong> letzten, vor<br />
vier Jahren von Marbach gehaltenen Kirchenvisitation entgegen, kürzlich in Annweiler mit Erlaubnis<br />
des Bürgermeisters an einem Sonntage Tänze stattgef<strong>und</strong>en hätten. Er wüßte sich, wenn die Obrigkeit<br />
auf diese Weise die Hand zur Übertretung <strong>der</strong> göttlichen Gebote biete, nicht mehr in Ausübung<br />
<strong>der</strong> Kirchenzucht zu helfen. Doch wolle er an den bevorstehenden Ostern die Urheber jener<br />
Exzesse vom Abendmahlstische abweisen.<br />
Eine Zeit lang beabsichtigte Herzog Wolfgang, welcher allmählich sich völlig den angedeuteten<br />
konfessionellen Einflüssen hingegeben hatte, Marbach zum Generalsuperintendenten seines Fürstentums<br />
zu berufen. Dadurch wäre Flinsbach bei Seite geschoben worden. Nach dem Heimgange<br />
Hilspachs im Jahre 1570 trat er in die erste Pfarrstelle ein. Allein nur von kurzer Dauer sollte sein<br />
Tagewerk noch sein. Im September 1571 hielt er eine Kirchenvisitation in <strong>der</strong> hinteren Grafschaft<br />
Sponheim. Begleitet war er auf <strong>der</strong>selben von dem Superintendenten Henning von Trarbach. Auf<br />
<strong>der</strong> Rückreise brach in einem kurtrierischen Dorfe sein Wagen. In <strong>der</strong> Verlegenheit nahm er seine<br />
Zuflucht zu dem Priester des Orts. Dieser, welcher alsbald in Flinsbach den ihm verhaßten vordem<br />
in Trier wirkenden Ketzer erkannt, nahm ihn mit verstellter Fre<strong>und</strong>lichkeit auf. Im Innern aber sah<br />
es bei demselben an<strong>der</strong>s aus. Es erschien ihm als ein hochverdienstliches Werk, diesen Feind seiner<br />
heiligen Kirche aus <strong>der</strong> Welt zu schaffen. Heimlich mischte er daher den Trank, welchen er seinem<br />
Gaste vorsetzte, mit Gift. Todkrank kam am 10. September Flinsbach in Zweibrücken an <strong>und</strong> starb<br />
schon am folgenden Tage, erst 44 Jahre alt, zu großem Schmerze seiner Gemeine. Seine Gebeine<br />
fanden in dem unmittelbar an die Alexan<strong>der</strong>skirche stoßenden ehemaligen Kloster <strong>der</strong> Reuerinnen<br />
ihre Ruhestätte, welche ein steinernes Denkmal bezeichnet.<br />
Flinsbach wird als ein ausgezeichneter Prediger gerühmt, dessen wohlgeordnete <strong>und</strong> lieblich vorgetragene<br />
Predigten die Zuhörer vielfach entzückten, daß sie noch nach Jahren davon erfüllt waren.<br />
Ebenso geschätzt war seine Gelehrsamkeit. Er hat mehrere lateinisch geschriebene Schriften hinterlassen,<br />
von denen hier bloß erwähnt seien seine Chronologia, Wittenb. 1533, 2. Ausg. Straßb. 1567;<br />
<strong>und</strong> Genealogia Christi (Geschlechtstafel Christi), 2. Ausg. Basel 1597.<br />
* * *<br />
2. Hieronymus Zanchius.<br />
Dieser ausgezeichnete Zeuge <strong>der</strong> Wahrheit, die in Jesu ist, war als das Kind einer vornehmen Patrizierfamilie<br />
am 2. Februar 1516 in Alzano bei Bergamo in Italien geboren. Schon in seinem fünfzehnten<br />
Jahre trat er in die Kongregation <strong>der</strong> regulierten Augustiner-Chorherren daselbst ein <strong>und</strong><br />
betrieb mit allem Feuer seines wißbegierigen jugendlichen Geistes das Studium <strong>der</strong> alten Sprache,<br />
des Aristoteles <strong>und</strong> <strong>der</strong> Scholastiker. Später als Chorherr nach Lucca versetzt, wurde er bald in die<br />
großartige religiöse Bewegung hineingezogen, welche <strong>der</strong> Visitator des Augustiner-Ordens Peter<br />
Martyr Vermigli in dieser Stadt durch seine gewaltigen Predigten von <strong>der</strong> freien Gnade angeregt<br />
10