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Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht

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schreckliche Seuche anrichtete, war furchtbar. Zwei <strong>Dr</strong>itteile <strong>der</strong> Gemeinde, 1200 Glie<strong>der</strong> erlagen<br />

<strong>der</strong>selben. Die Furcht vor Ansteckung war so groß, daß <strong>der</strong> Gottesdienst nur mehr im Freien stattfand.<br />

Da kam wie<strong>der</strong>holt an Zanchius ein Ruf von seinen Landsleuten in Lyon. „Ich bin“, schrieb er jedoch<br />

ohne langes Besinnen zurück, „Christi zu Lyon o<strong>der</strong> zu Chiavenna, es ist eins, ihm muß ich<br />

dienen.“ Weil aber die Pest immer mehr überhand nahm, riet man ihm <strong>und</strong> seinem Kollegen, dem<br />

zweiten Prediger Simon Fiorillo, sich zurückzuziehen, um sich <strong>der</strong> Gemeinde zu erhalten. Darüber<br />

griff sie aber <strong>der</strong> Pfarrer Johann Schmied o<strong>der</strong> Fabricius aufs heftigste an, infolge dessen ein Streit<br />

über die Frage ausbrach, ob ein Prediger sich des Besuches <strong>der</strong> Pestkranken enthalten, o<strong>der</strong> gar, wie<br />

<strong>der</strong> Pfarrer von Plurs getan, die Gemeinde ganz verlassen dürfe?<br />

Nachdem bald darauf Zanchius die Geschichte seiner Straßburger Verfolgung, welche später seinen<br />

Werken beigedruckt erschien, geschrieben, kam er mit seinem hiesigen Kollegen wegen Handhabung<br />

<strong>der</strong> Kirchenzucht, welche dieser laxe Mensch verwarf, in Zwistigkeit. Er sehnte sich infolge<br />

<strong>der</strong>selben sehr nach Deutschland zurück. Die Fre<strong>und</strong>e in <strong>der</strong> Ferne hatten ihn noch nicht vergessen.<br />

In Heidelberg vornehmlich suchte man ihn zu gewinnen. Doch riet Bullinger als eifriger Staatskirchenmann<br />

den Heidelbergern von Zanchius ab, welcher mit seinen italienischen Landsleuten für die<br />

völlige Unabhängigkeit <strong>der</strong> Kirchenregierung vom Staate begeistert war. Nichtsdestoweniger wußte<br />

man in Heidelberg einen solchen Erwerb zu schätzen <strong>und</strong> berief Zanchius dahin. Im Dezember<br />

1567 langte dieser in <strong>der</strong> schönen kurpfälzischen Hauptstadt an, wo er mit Freuden von Olevian <strong>und</strong><br />

von Ursinus empfangen wurde. Letzterer sehnte sich schon lange danach, daß ihm ein Teil <strong>der</strong> Lasten,<br />

welche auf seiner Schulter ruhten, abgenommen würden. Zanchius erhielt dann seine Stelle als<br />

Professor <strong>der</strong> Dogmatik o<strong>der</strong> christlichen Lehrwissenschaft, wozu er so recht <strong>der</strong> Mann war.<br />

Unsere lieben alten reformierten Lehrer <strong>der</strong> Theologie, <strong>und</strong> unter ihnen <strong>der</strong> gelehrte Zanchius namentlich,<br />

fühlten sich zuerst als Diener <strong>der</strong> Kirche des Herrn. Mit dem Thema: „Wie notwendig es<br />

sei, das Wort Gottes in <strong>der</strong> Kirche in seiner Reinheit <strong>und</strong> Lauterkeit zu bewahren,“ trat Zanchius<br />

seine Professur in Heidelberg an. Damit kennzeichnet er zugleich von vornherein seinen Standpunkt<br />

zum Worte Gottes. Da nach den Statuten <strong>der</strong> Universität je<strong>der</strong> Professor <strong>der</strong> Theologie sich auch<br />

den Doktorgrad in <strong>der</strong>selben erwerben mußte, so fügte sich Zanchius denselben im ersten Jahre seiner<br />

hiesigen Wirksamkeit. Bei dem Streite über die Kirchenzucht <strong>und</strong> Exkommunikation o<strong>der</strong> Ausstoßung<br />

gottloser Menschen aus <strong>der</strong> Kirche, welcher in jenen Tagen in Heidelberg ausbrach, stand<br />

Zanchius treu auf Olevians Seite wi<strong>der</strong> den laxen Arzt Erast <strong>und</strong> die nachher als Antitrinitarier o<strong>der</strong><br />

Gegner <strong>der</strong> <strong>Dr</strong>eieinigkeitslehre sich entpuppenden Prediger Neuser <strong>und</strong> Sylvanus. Er hatte die Freude,<br />

den Sieg <strong>der</strong> guten Sache in <strong>der</strong> Pfalz, woran er einen wesentlichen Anteil hatte, zu sehen. Ja<br />

seinen Feind Sylvanus brachte er später im Gefängnis zur Erkenntnis seiner schlimmen Irrtümer<br />

<strong>und</strong> zu gründlicher Bekehrung, so daß er vor seiner Enthauptung noch den Herrn Jesum anrief.<br />

Auch wurde die Tüchtigkeit unseres Zanchius nicht bloß in <strong>der</strong> Pfalz, son<strong>der</strong>n auch auswärts unter<br />

den Reformierten anerkannt, so daß von allen Seiten an denselben theologische <strong>und</strong> sonstige kasuistische<br />

Fragen gerichtet wurden. Aus solchem gesegneten Wirken riß ihn <strong>der</strong> Tod Friedrich des<br />

Frommen am 26. Oktober 1576.<br />

Sein ihm ungleicher Sohn Ludwig, ein eifriger Lutheraner, welcher ihm auf dem Kurstuhle folgte,<br />

säuberte alsbald Land <strong>und</strong> Stadt von den ihm verhaßten Kalvinisten. Der Oberhofmeister Ludwig<br />

Graf von Sayn-Wittgenstein, welcher ebenfalls Heidelberg verließ, wollte für unseren Zanchius,<br />

welcher ratlos mit seiner Familie dastand, eine Stelle in den Nie<strong>der</strong>landen ausmachen. Doch hatte<br />

<strong>der</strong> Herr schon für den treuen Zeugen gesorgt. Der Bru<strong>der</strong> des jungen Kurfürsten, <strong>der</strong> reformierte<br />

Pfalzgraf Johann Kasimir, gedachte seiner. Nicht nur sorgte dieser für ihn, son<strong>der</strong>n schickte ihn<br />

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