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Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht

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Nach Ludwigs VI. Tod berief Johann Casimir unsern Grünrade zum Erzieher seines Neffen, des<br />

nachmaligen Kurfürsten Friedrich IV. Mit aller Sorgfalt unterwies er selbst den Prinzen in <strong>der</strong> Heil.<br />

Schrift <strong>und</strong> im Heidelberger Katechismus. Aus Dankbarkeit setzte ihn sein fürstlicher Zögling nach<br />

Antritt <strong>der</strong> Regierung zum Präsidenten des Kirchenrates ein. In dieser seinen inneren Neigungen<br />

entsprechenden Stellung suchte er das kirchliche Wesen in je<strong>der</strong> Weise zu heben. Eine Reihe zeitgemäßer<br />

Verordnungen kennzeichnet seine Tätigkeit, unter welchen wir die vierteljährliche Abhaltung<br />

<strong>der</strong> Konvente <strong>und</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Katechisationen, an welchen Jung <strong>und</strong> Alt teilnehmen mußte,<br />

hervorheben. Durch letztere hat er unendlich viel zu einer soliden Erkenntnis <strong>der</strong> christlichen Wahrheit<br />

beigetragen. Dem Kurfürsten dagegen erklärte er jeden Morgen <strong>und</strong> Abend einen Bibelabschnitt.<br />

Auch ist er <strong>der</strong> Schöpfer des Kirchenvisttationswerkes in <strong>der</strong> Pfalz. Zum ersten Male nahm<br />

er dasselbe 1594 vor. Im folgenden Jahre half er dem Grafen Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg<br />

in seinem Lande den reformierten Kultus einrichten, wozu er das Mitglied des Kirchenrates<br />

Melchior Angerus mitnahm. Darauf begleitete er den Kurfürsten 1596 in die Oberpfalz <strong>und</strong> richtete<br />

daselbst Kirche <strong>und</strong> Schule in einem Zeitraum von zwei Jahren auf das schönste ein. Nach seiner<br />

Rückkehr in die Unterpfalz wendete er, da die kirchlichen Verhältnisse nunmehr alle geordnet waren,<br />

seine ganze Sorgfalt dem Schulwesen zu. Unter seiner umsichtigen Hand hoben sich die Pädagogien<br />

zu Heidelberg, Neustadt <strong>und</strong> Neuhausen sichtlich.<br />

Doch sollte er auch für die Kirche noch tätig sein. Als das Herzogtum Simmern mit Kurpfalz<br />

wie<strong>der</strong> vereinigt wurde, führte er daselbst das reformierte Bekenntnis ein. Nachher, 1606, finden<br />

wir ihn nochmals in <strong>der</strong> Oberpfalz, wo er mit Stenius <strong>und</strong> Abraham Scultetus das Amberger Pädagogium<br />

nach den unterpfälzischen umgestaltete, wie Scultetus erzählt, daß sie die ganze Zeit von<br />

Anfang Oktober bis zum Dezember mit Besuchung <strong>der</strong> Schulen, Examinierung <strong>der</strong> studierenden Jugend,<br />

mit Ratschlagung in Kirchen- <strong>und</strong> Schulsachen zugebracht. Sein letztes auswärtiges Wirken<br />

fällt in das Jahr 1609, wo er mit Scultetus im Hanau-Münzenbergischen die kirchlichen Einrichtungen<br />

<strong>der</strong> Pfalz einführte. Die fortwährenden Arbeiten hatten seine körperliche Kraft gebrochen. Er<br />

sehnte sich nach <strong>der</strong> Ruhe, die noch vorhanden ist dem Volke Gottes. <strong>Dr</strong>ei Jahre später, 1612, zog er<br />

sich von <strong>der</strong> Öffentlichkeit zurück. Nur wenige Tage währte seine letzte Krankheit. Bereits den 14.<br />

April 1613, des Abends nach acht Uhr, holte ihn <strong>der</strong> Herr heim. Im Chore <strong>der</strong> Petri-Kirche zu Heidelberg<br />

wurden seine Gebeine beigesetzt. Eine lange Inschrift auf seinem Grabdenkmal zählt seine<br />

Verdienste auf. Zu Ende stehen die Worte, welche sein Wahlspruch im Leben gewesen: Unum est<br />

necessarium d. i. Eins ist not.<br />

Grünrade stand bei seinen Zeitgenossen in hohem Ansehen. Er blieb unvermählt sein Leben lang<br />

<strong>und</strong> sah die Armen als seine Kin<strong>der</strong> an, denen er alle Zeit sein Haus als eine Zufluchtsstätte offen<br />

hielt. In einer Hungersnot ließ er Kornscheunen für dieselben errichten. Unbemittelte Jünglinge unterstützte<br />

er in ihren Studien. Auch half er mit Geld Gelehrten, beson<strong>der</strong>s Theologen, daß sie ihre<br />

Bücher herausgeben konnten. Er selbst fand dazu keine Lust. Doch wird ein Schulbuch von ihm genannt,<br />

eine katechetische Unterweisung. Seine Kleidung <strong>und</strong> Lebensweise waren ganz einfach. Seinen<br />

Fre<strong>und</strong>en blieb er stets mit treuer Liebe ergeben, wie davon seine Briefe an den Grafen Ludwig<br />

von Wittgenstein ein schönes Zeugnis sind. In seinen letzten Lebensjahren war er im Blick auf das<br />

unheimliche Treiben <strong>der</strong> Jesuiten im deutschen Reiche oft von bangen Vorahnungen des kommenden<br />

Unglückes erfüllt, welches mit dem Jahre 1618 ausbrach. Sein gewöhnliches Wort aber war,<br />

wie <strong>der</strong> Zürcher Antistes Breitinger in seiner 43. Synodalrede berichtet: Duo me consolantur: orbitas<br />

nimirum et senectus d. i. Zwei Stücke trösten mich, nämlich mein Alleinstehen <strong>und</strong> mein Alter.<br />

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