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Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht

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tur erteilt wurde. Dieser Mann, welcher sich mit seinen kirchlichen Anschauungen in Heidelberg<br />

ziemlich isoliert befand, nahm bald alle Gelegenheit wahr, den ihm verhaßten „Zwinglianern <strong>und</strong><br />

Sakramentierern“, welchen er hierwärts vielfach begegnete, eins anzuhängen. Am wi<strong>der</strong>lichsten war<br />

aber dem Heßhus unser Boquinus als <strong>der</strong> entschiedenste unter den reformiert Gesinnten <strong>der</strong> Hochschule<br />

<strong>und</strong> Stadt. Dies zeigte jener deutlich, als Boquinus einen gelehrten Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> Stephan<br />

Sylvius, welchen Heßhus als Zwinglianer abgewiesen hatte, zum Doktor <strong>der</strong> Theologie kreierte. Mit<br />

den gemeinsten Schimpfwörtern wurde er darüber von Heßhus belegt. Dieser hatte auch bei seinen<br />

auswärtigen Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> durch dieselben Boquinus anrüchig gemacht. Kurze Zeit vor dem Tode<br />

des Kurfürsten Otto Heinrich, welcher in diese Zeit fiel, versuchte sogar <strong>der</strong> Pfalzgraf von Neuburg,<br />

Herzog Wolfgang von Zweibrücken, denselben zu bereden, den Professor <strong>der</strong> <strong>Recht</strong>swissenschaft<br />

Franz Balduinus <strong>und</strong> den Boquinus „von <strong>der</strong> Universität, <strong>der</strong> zwinglischen Opinion halben bei etlichen<br />

hohen <strong>und</strong> nie<strong>der</strong>en Standes verdächtig, abzuschaffen, ehe ihre Opinion weiter ausgebreitet<br />

würde.“ Auch rechneten diese Leute es unserem Boquinus als ein Verbrechen an, daß er den Katechismus<br />

Calvins ins Griechische übersetzt hatte.<br />

Der neue Kurfürst Friedrich sollte es aber gerade umgekehrt machen. Um ihn, welcher sich von<br />

Anbeginn seiner Regierung schon auf die reformierte Seite neigte, von <strong>der</strong>selben wegzudrängen kamen<br />

seine lutherischen Schwiegersöhne, die Herzöge von Gotha <strong>und</strong> Weimar, verabredetermaßen<br />

eines Tages im Mai 1560 nach Heidelberg mit den schlagfertigen Theologen Johann Stössel von<br />

Heldburg <strong>und</strong> Maximilian Mörlin von Koburg. Diese sollten die reformiert Gesinnten belehren. Es<br />

wurde nach <strong>der</strong> Sitte damaliger Zeit ein Religionsgespräch gehalten, indem jene fünf Tage lang mit<br />

Boquinus über die Worte Luthers „in, mit <strong>und</strong> unter“ in betreff des Brotes <strong>und</strong> Weines im Abendmahl<br />

disputierten. Waren in <strong>der</strong> Regel solche theologische Turniere ohne Resultat, indem sich nachher<br />

kein Teil für besiegt hielt, so war dieses Gespräch doch von bedeutsamer Folge. Der Kurfürst<br />

selbst wurde durch die Klarheit <strong>und</strong> Schriftmäßigkeit des reformierten Lehrbegriffes völlig von <strong>der</strong><br />

Vorzüglichkeit desselben überführt, so daß er von da an sich als einen entschiedenen Anhänger <strong>der</strong><br />

reformierten Kirche bekannte. Stössel selbst aber erhielt einen solchen Stachel durch Boquinus ins<br />

Herz geworfen, wi<strong>der</strong> den zu löcken ihm mit <strong>der</strong> Zeit zu schwer ward. Er trat als Superintendent in<br />

Pirna endlich mit seiner reformierten Überzeugung hervor, worüber er in Haft kam <strong>und</strong> in <strong>der</strong>selben<br />

1576 starb. Wie in unverantwortlichster Weise die Lutheraner nach seinem Tode aussprengten, soll<br />

er auf seinem Totenbette die schrecklichsten Gewissensbisse gehabt haben, weil er reformiert geworden.<br />

In ähnlicher schändlicher Weise wurde auch das Andenken eines Zeitgenossen Stössels,<br />

des in Hanau 1597 Heimgegangenen Jodocus Naum, zu schädigen gesucht.<br />

Für Leute wie Heßhus war nun keines Bleibens mehr in <strong>der</strong> Pfalz, welche nunmehr völlig <strong>der</strong> reformierten<br />

Lehre sich erschloß. Seinen Ingrimm über den hiesigen Sieg <strong>der</strong> Calvinisten ließ er aus<br />

in einem Traktate von <strong>der</strong> Gegenwart des Leibes <strong>und</strong> Blutes Christi im Abendmahle, den Calvin,<br />

Beza <strong>und</strong> auch Boquinus in einem lateinischen „Examen des Buches des Tilman Heßhus“ wi<strong>der</strong>legten.<br />

Später trat Boquinus nochmals in die Arena mit diesem, indem er Ratschläge, welche Melanchthon<br />

dem Kurfürsten Friedrich III. noch vor seinem Tode schicken ließ, gegen Heßhus verteidigte.<br />

Inzwischen war die theologische Fakultät wie die Kirche zu Heidelberg mit bedeutenden reformierten<br />

Gelehrten <strong>und</strong> Predigern besetzt worden, welche <strong>der</strong> Kurfürst allmählig von auswärts berufen<br />

hatte, wie <strong>Olevianus</strong>, Ursinus, Dathenus, Tremellius, Zanchius u. a., welche nun mit vereinten<br />

Kräften, nachdem unser Boquinus den Unterbau gelegt, den Ausbau <strong>der</strong> Kirche Gottes in die Hand<br />

nehmen konnten. Daß diesen allen gar bald Boquinus ein treuer Fre<strong>und</strong> wurde, versteht sich von<br />

selbst. Bei seinem Landesherrn stand er in hohem Ansehen. Derselbe wählte ihn mit seinem Hofprediger<br />

Diller, wie wir bereits wissen, im Jahre 1561 zum Gesandten auf das Religionsgespräch zu<br />

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