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Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht

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selbst von dieser schrecklichen Seuche befallen ward, aus ihren Mauern scheiden. In Haina, am<br />

Fuße des hohen Lohr, drei St<strong>und</strong>en von Frankenberg gelegen, war einst ein bedeutendes Cistercienser-Kloster.<br />

Landgraf Philipp hatte es aufgehoben <strong>und</strong> in ein Hospital für Geisteskranke am 26. August<br />

1533 verwandelt, welches heute noch besteht. Eine doppelte Seelsorge, in <strong>der</strong> Gemeinde <strong>und</strong><br />

im Hospitale, fand hier Pincier. Treu stand er diesem seinem Amte eine Reihe von Jahren vor, bis<br />

ihm die Beschwerden des Alters solches unmöglich machten, worauf er in den Ruhestand trat <strong>und</strong><br />

nach Frankenberg zog, wo seine Gattin Katharina, eine Tochter des Marburger Professor <strong>der</strong> Medizin<br />

<strong>Dr</strong>. Johann <strong>Dr</strong>yan<strong>der</strong>, ein Haus hatte. Hierselbst verlebte unser Emeritus in Zurückgezogenheit<br />

mit jener den Rest seines Lebens, sich freuend an dem Glücke seiner Kin<strong>der</strong>, bis ihn <strong>der</strong> Herr am<br />

26. Januar 1591 aus diesem elenden Leben abrief in seine ewige Herrlichkeit. Seinen Heimgang feierte<br />

<strong>der</strong> Dichter Nathan Chyträus in einem schönen lateinischen Gedichte, worin sein Leben <strong>und</strong><br />

Wirken in kurzen Zügen geschil<strong>der</strong>t wird.<br />

Von seinen Kin<strong>der</strong>n sind uns bekannt eine Tochter, welche den berühmten Friedrich Sylburg in<br />

Heidelberg, einen ehemaligen Schüler Pinciers zu Wetter, ehelichte, <strong>und</strong> eine an<strong>der</strong>e Tochter Rebekka,<br />

welche die Gattin ward des Pastor Jakob Alsted zu Bicken im Dillenburgischen <strong>und</strong> die Mutter<br />

des berühmten Professor Alsted. Des letzteren Pate war Pincier. Ein Sohn, Ludwig Pincier, Jurist,<br />

wurde Dekan <strong>der</strong> Kathedralkirche zu Lübeck, nachher Rat.<br />

Noch erübrigt, von <strong>der</strong> Bedeutung Pinciers für die Nachbarlän<strong>der</strong> zu sprechen. Nicht bloß sein<br />

Landesherr Philipp <strong>der</strong> Großmütige, welcher ihn nebst Hyperius <strong>und</strong> dem Superintendenten von<br />

Oberhessen, <strong>Kaspar</strong> Tholde, 1561 auf den Konvent nach Erfurt geschickt, sowie dessen Sohn Wilhelm<br />

IV. wußten ihn zu schätzen, son<strong>der</strong>n auch bei den auswärtigen deutschen reformierten Herrn,<br />

beson<strong>der</strong>s den benachbarten, stand er in hohem Ansehen. Unter letzteren war es aber vorzüglich <strong>der</strong><br />

treffliche wittgensteinische Graf Ludwig <strong>der</strong> Fromme, welcher unseren Pincier stets als Ratgeber in<br />

kirchlichen <strong>und</strong> theologischen Fragen gebrauchte <strong>und</strong> in fre<strong>und</strong>schaftlicher Weise mit ihm verkehrte.<br />

Unterm 25. Januar 1571 schreibt <strong>der</strong> Graf an Pincier, Landgraf Wilhelm habe ihm Bezas Schrift<br />

adversus realem idiomatum communicationem geschickt. Ein an<strong>der</strong>es Mal dankt er Pincier, daß er<br />

ihm tüchtige Prediger für sein Ländchen besorge, „was uns um so schwieriger ist, weil wir wie in<br />

eine Wüstenei verworfen sind, fern von den Zusammenkünften <strong>der</strong> Gelehrten, <strong>und</strong> nur wenige, teils<br />

mittelmäßiger Bildung, teils aus Zwang <strong>der</strong> Verhältnisse in so rauher Gegend ihre Sitze nehmen<br />

wollen.“ – Nach dem Weggange Olevians von Berleburg nach Herborn scheint die Korrespondenz<br />

<strong>der</strong> beiden noch lebhafter geführt worden zu sein. Pincier versorgt den vornehmen Fre<strong>und</strong> fleißig<br />

mit den neuesten wichtigen theologischen Schriften, <strong>und</strong> dieser fragt öfters nach dem Urteile jenes.<br />

„Ich bitte <strong>und</strong> beschwöre dich bei unserer Fre<strong>und</strong>schaft“, schreibt Graf Ludwig den 18. März 1585<br />

an Pincier in betreff einer Schrift über das Maulbronner Gespräch, „daß du nicht dich beschwert<br />

fühlen möchtest, mir deine Gedanken über diese Schrift nochmals zu erklären. Zwar fürchte ich,<br />

daß ich oft dir mit meinen Fragen bei den vielen Beschäftigungen lästig sein möchte. Aber die<br />

Kühnheit gibt mir dein Wohlwollen wie dein unermüdeter Eifer in <strong>der</strong> wahren Religion, in <strong>der</strong>en<br />

Verbreitung du es an nichts fehlen läßt.“ – Gelegentlich eines Besuches des Laaspher Pastor Heugelius<br />

in seiner hessischen Heimat gibt Graf Ludwig diesem einen Brief an seinen lieben Pincier mit,<br />

worin es u. a. heißt: „Dieses Wenige habe ich dir wollen schreiben, damit du doch siehst, daß das<br />

Andenken Pinciers, welches ich stets sehr hoch gehalten, bei mir durchaus noch nicht erloschen ist.<br />

– Könnten wir dich doch von allen sonstigen Verbindungen befreit nahe bei uns haben, um uns deines<br />

Rates <strong>und</strong> deiner Mitwirkung bei Leitung <strong>der</strong> Kirchen <strong>und</strong> Aufrichtung <strong>der</strong> Schulen fleißiger<br />

<strong>und</strong> bequemer erfreuen zu können. Ich bitte Gott, daß er deines Alters Stütze sei <strong>und</strong> dein Leben<br />

noch viele Jahre verlängere.“<br />

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