Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht
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göttliches Worts <strong>und</strong> <strong>der</strong> Augsburg-Confession öffentlich in ihrer Sprache zu predigen, da den Abgöttischen<br />
Bäpstlern <strong>und</strong> den greulichen Juden, welche den Sohn Gottes täglich lastern, verspotten<br />
<strong>und</strong> soviel an ihnen ist, mit Füßen treten, ihre verdampte schreckliche Irthumen <strong>und</strong> Gotteslästerungen<br />
offentlich zu treyben <strong>und</strong> predigen, gestattet wird. Wie meynen die Predicanten, daß sie diß für<br />
dem Richterstuhl Christi entschuldigen können?“ Über zweihun<strong>der</strong>t Jahre waren von da an die Reformierten<br />
in Frankfurt kaum geduldet; die Ausübung des Kultus ward ihnen nicht gestattet. Bekannt<br />
ist, wie dagegen hier das Judentum aufblühte.<br />
Zum dritten Male sah sich Dathenus mit seiner Gemeinde ins Exil gestoßen. Ein Teil <strong>der</strong>selben<br />
wandte sich nach England, ein an<strong>der</strong>er in das Vaterland, wo die meisten dem schrecklichen Glaubensgerichte<br />
<strong>der</strong> Spanier, <strong>der</strong> in den Nie<strong>der</strong>landen die Reformierten verfolgenden Inquisition, verfielen.<br />
Ein dritter Teil, ungefähr sechzig Familien, wandten sich mit ihrem Hirten an den Kurfürsten<br />
Friedlich III. von <strong>der</strong> Pfalz, welcher ihnen das zwei St<strong>und</strong>en südwärts von <strong>der</strong> alten Reichsstadt<br />
Worms gelegene Kloster Groß-Frankenthal, dessen Aufhebung er verordnete, zur Kolonie anbot. An<br />
einem schönen Sommertage, den 3. Juni 1562, war ein buntes Gewimmel am Ufer des Rheins in <strong>der</strong><br />
Nähe dieser Klöster zu bemerken. Auf zwei großen Schiffen waren unsere Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> mit ihren<br />
Angehörigen <strong>und</strong> ihrer Habe gelandet. Da die Mönche das Kloster, das sie bis dahin inne gehabt,<br />
noch nicht geräumt hatten, so mußten jene vor den Toren desselben ihre erste Herberge aufschlagen,<br />
bis auf den Befehl des Landesherrn ihrem Pastor <strong>und</strong> Führer die Schlüssel eingehändigt worden waren.<br />
Von nun an entfalteten unsere Ankömmlinge, welche alle verschiedenen Zweigen <strong>der</strong> damals in<br />
den Nie<strong>der</strong>landen einheimischen Industrie ergeben waren, einen höchst regen Eifer im Anbau ihrer<br />
Wohnstätten; durch weiteren Zuwachs aus <strong>der</strong> Nachbarschaft nahm die neue Kolonie gar bald zu<br />
<strong>und</strong> wuchs zu einer wohlhabenden Stadt heran, welche in <strong>der</strong> Folge die Metropole o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mittelpunkt<br />
<strong>der</strong> pfälzischen Fremden-Gemeinden <strong>und</strong> die bedeutendste Gewerbsstadt des Landes wurde.<br />
Als ersten Herold des Evangeliums von Frankenthal <strong>und</strong> Grün<strong>der</strong> dieser Stadt aber haben wir Dathenus<br />
anzusehen. Hier war es, wo er wie ein Rettungsengel seiner Gemeinde erschien, als im Jahre<br />
1564 die Pest in heftigster Weise in dieselbe einriß; denn die Kenntnisse, welche er sich in früheren<br />
Jahren in <strong>der</strong> Medizin erworben hatte, kamen ihm nun vortrefflich zustatten. Seine Tüchtigkeit erkannte<br />
auch bald <strong>der</strong> Kurfürst, welcher ihn in <strong>der</strong> Folge zu seinem Hofprediger ernannte, aber auch<br />
schon vordem öfters nach Heidelberg kommen ließ, um ihn an den wichtigen kirchlichen <strong>und</strong> politischen<br />
Beratungen teilnehmen zu lassen. Gleicher Eifer für das Haus des Herrn <strong>und</strong> gleiche Gesinnung<br />
befre<strong>und</strong>eten ihn bald mit Olevian, Ursin <strong>und</strong> den übrigen Männern Gottes daselbst. Mit denselben<br />
begegnen wir ihm als Abgeordneten auf dem Maulbronner Gespräch, im April 1564, wo er in<br />
maßvollstem Benehmen auftritt als suche er alles im rechten Geleise zu erhalten. Aber nicht bloß<br />
das Wohl <strong>der</strong> Reformierten Deutschlands zu för<strong>der</strong>n lag ihm am Herzen, sein Feuereifer für die Sache<br />
des Herrn dehnte sich auch in <strong>der</strong> Pfalz auf seine alte Heimat <strong>und</strong> Frankreich aus. Die Glaubensgenossen<br />
aller dieser Län<strong>der</strong>, vornehmlich <strong>der</strong> beiden letzteren, durch die völlige Übereinstimmung<br />
in Lehre <strong>und</strong> Zeremonien aufs innigste zu verbinden, war schon längere Zeit sein Wunsch. Zu<br />
dem Ende übersetzte er den Heidelberger Katechismus 1566 in die nie<strong>der</strong>ländische Sprache <strong>und</strong> unterzog<br />
sich <strong>der</strong> Revision <strong>der</strong> ehrwürdigen Bekenntnisschrift des Guido de Brès, welche dieser nachher<br />
mit seinem eigenen Blute versiegelte <strong>und</strong> welche von <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen Kirche hauptsächlich<br />
auf Betreiben unseres Dathenus angenommen wurde. Dadurch wurde die calvinische Lehre in <strong>der</strong>selben<br />
eingebürgert. Hierauf wollte Dathenus sich noch einer weiteren Mühe unterziehen, <strong>der</strong> Übersetzung<br />
<strong>der</strong> Psalmen-Bearbeitung des Clemens Marot mit Beibehaltung ihrer französischen Melodien<br />
für seine Landsleute. In welcher Eile er aber auch dieselbe vornahm, so konnte er sie doch erst<br />
im folgenden Jahre <strong>der</strong> Öffentlichkeit übergeben, da ihn die plötzlich in den Nie<strong>der</strong>landen eingetre-<br />
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