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Blätter der Erinnerung Dr. Kaspar Olevianus - Licht und Recht

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<strong>der</strong> Universität zu Cambridge in dem Bewußtsein, daß er hier seine Kräfte einem Lande widme,<br />

welches ein Hort des reformierten Glaubens werden sollte. Diese seine Überzeugung findet sich<br />

ausgesprochen in <strong>der</strong> Vorrede seiner 1569 erschienenen Ausgabe <strong>der</strong> syrischen Übersetzung des<br />

Neuen Testamentes. Denn daß England eine Burg des Protestantismus unter dem Schutze <strong>der</strong> nachherigen<br />

Königin Elisabeth würde, erfüllte ihn mit Trost <strong>und</strong> zugleich mit einer Dankbarkeit, aus<br />

welcher er dieses sein Werk ihr gewidmet hat. Mit dieser Prinzessin war Tremellius durch Vermittelung<br />

ihres Erziehers, des Matthäus Parker, seines Fre<strong>und</strong>es, in näheren Verkehr getreten <strong>und</strong> hatte<br />

ihren gottseligen Eifer <strong>und</strong> ihre Achtung vor den Gelehrten bewun<strong>der</strong>t. Doch die Tage des Glückes<br />

stiller Beschaulichkeit waren für die Fremdlinge wie für die reformiert Gesinnten gezählt. Im Sommer<br />

1553 starb König Eduard VI. Nach neuntägiger Regierung <strong>der</strong> Johanna Gray kam Maria die<br />

Blutige zur Herrschaft. Nun hielt das Papsttum wie<strong>der</strong> seinen Einzug in England. Cranmers Haupt<br />

fiel auf dem Schaffot. Die Fremden, welche er berufen, hielten es für das geratenste, zu fliehen.<br />

Durch einige Vertraute ließ die Prinzessin Elisabeth dem Tremellius ihre Teilnahme bezeugen <strong>und</strong><br />

ihn auf die Führung des Herrn hinweisen. Persönlichen Abschied von ihm zu nehmen durfte sie<br />

nicht wagen.<br />

Zuerst lenkten die Flüchtlinge ihre Schritte nach Straßburg. Aber wie so ganz verän<strong>der</strong>t fanden<br />

sie die geistliche Physiognomie <strong>der</strong> alten deutschen Reichsstadt, <strong>der</strong> alte reformierte Glaube war<br />

fast gänzlich verschw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> ein gespreiztes Luthertum an seine Stelle getreten. Auf die Augsburger<br />

Konfession sollten sich die Zurückgekehrten verpflichten. Tremellius, eine friedliebende Natur,<br />

dem die Aussicht, in dogmatische Streitigkeiten verwickelt zu werden, vorschwebte, mied lieber<br />

die Stadt <strong>und</strong> trennte sich von seinem einstigen geliebten Lehrer <strong>und</strong> bisherigen Fre<strong>und</strong>e Martyr.<br />

Herzog Wolfgang von Zweibrücken suchte damals einen Hofmeister für seine Kin<strong>der</strong>, von denen<br />

die Prinzessin Christine acht, <strong>der</strong> Prinz Philipp Ludwig sieben <strong>und</strong> <strong>der</strong> Prinz Johann vier Jahre alt<br />

war. Sein Rat Sitzinger schlug ihm Tremellius vor. Wie wenig auch diese Stellung einem Universitätslehrer<br />

entsprach, so entzog sich ihrer <strong>der</strong> in großer Verlegenheit befindliche Tremellius doch<br />

nicht. Vier Jahre, bis zum Jahre 1558, verharrte er in <strong>der</strong>selben. Da wurde er bei Stiftung des Hornbacher<br />

Gymnasiums zum Rektor desselben ernannt. Olevian aus Trier, war zuerst berufen, hatte<br />

aber abgesagt. Mit Seufzen konnte Tremellius sein Schulamt nur führen. Denn sein fremdländisches<br />

Wesen, seine äußere unansehnliche Gestalt, seine Kränklichkeit, mit <strong>der</strong> er stets hier zu kämpfen<br />

hatte, vor allem aber <strong>der</strong> jüdische Typus, <strong>der</strong> ihm aufgeprägt war, waren nicht geeignet, ihm bei <strong>der</strong><br />

rohen Jugend die nötige Autorität zu verschaffen. Im August 1560 beklagt er sich sehr über die<br />

Schwere seines Amtes bei dem Herzog <strong>und</strong> bittet um einen Zuschuß, um mit seinem Gehalte auf<br />

250 Gulden zu kommen.<br />

Im Jahre 1559, als Tremellius nach Straßburg gereist war, begab sich auch sein Bru<strong>der</strong>, den er<br />

noch hatte <strong>und</strong> <strong>der</strong> ein fanatischer Jude geblieben war, von Rom aus dahin, um, wie man vermutete,<br />

auf sein Leben Angriffe zu machen. Sobald die Zweibrücker Räte von <strong>der</strong> Anwesenheit dieses Menschen<br />

in Straßburg Kenntnis erhalten, warnten sie Tremellius, auf <strong>der</strong> Hut zu sein. Auf solche Weise<br />

entging dieser dem Tode.<br />

Infolge des Übergangs Friedrichs III. von <strong>der</strong> Pfalz zum reformierten Glauben war inzwischen<br />

Herzog Wolfgang, durch lutherische Eiferer aufgereizt, zu <strong>der</strong> streng-lutherischen Richtung hingedrängt<br />

worden. Im Jahre 1560 versuchte er, solche durch eine eigene Kirchenordnung in seinem<br />

Lande einzuführen. Unterm Datum Grunau den 16. September 1560 trug er seinen Räten auf, mit<br />

Tremellius, <strong>der</strong> zugleich zum Konsistorium gehörte, zu unterhandeln, daß er diese Kirchenordnung<br />

in die italienische, lateinische, französische <strong>und</strong> englische Sprache übertrage, „auch ihm <strong>der</strong>owegen<br />

einer stattlichen Verehrung unsertwegen Vertröstung thun <strong>und</strong> als sich gemeldte unsere Kirchenord-<br />

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