8. Workshop - Bildungsportal Thüringen
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eLearning und Nachhaltigkeit – 30 Jahre Bildungstechnologie<br />
P. Klimsa, TU Ilmenau<br />
chen Lehrers gebunden ist, von eben dieser physischen Präsenz abgelöst, objektiviert und einem<br />
Medium übertragen werden.” (FLECHSIG 1970) Welche Tätigkeiten können nun einer Maschine übertragen<br />
werden?<br />
FLECHSIG greift Kategorien der Lehreraktivitäten von SMITH und MEUX auf und nennt folgende Tätigkeiten:<br />
definieren, kennzeichnen, beschreiben, feststellen, berichten, ersetzen, beurteilen, Meinung äußern,<br />
klassifizieren, vergleichen und gegenüberstellen, Schlussfolgerungen ziehen, erklären, Anweisungen<br />
geben und den Unterrichtsablauf organisieren. Selbstverständlich handelt sich hier um Aktivitäten,<br />
die erhebliche interindividuelle Varianz aufweisen, doch zumindest einige dieser Lehrertätigkeiten<br />
lassen sich auf ein Medium (“Gerät welcher Art auch immer”) übertragen. Diese Erkenntnis<br />
markiert die erste Phase der technologischen Wendung in der Didaktik. Es ist — so FLECHSIG — die<br />
Simulation des Lehrers durch ein Gerät.<br />
Erste Phase: Simulation des Lehrers durch ein Gerät<br />
Bereits ein Buch kann eine Reihe von Lehreraktivitäten übernehmen, die man als systematische Informationsdarbietung<br />
kennzeichnen kann. Neue Informationsträger wie Lichtbild, Film und Tonband<br />
können die Lehraktivitäten in einem für traditionelle Medien (Stimmbänder, Tafel, Kreide und Buch)<br />
nicht erreichbaren Masse perfektionieren. Insofern — schlussfolgert FLECHSIG — wohnen diesen Neuen<br />
Medien Wirkungen inne, die über bloße Simulation sogar hinausgehen.<br />
Die Konzeption des Programmierten Lernens und noch mehr die Informationsdarbietung durch “Lehrapparate”<br />
und “Elektronenrechner” stellen den am weitesten gehenden Versuch dar, das Verhalten<br />
eines Lehrers zu simulieren. Mit diesem Medien lässt sich nach FLECHSIG sogar die Aktivität der “Meinungsäußerung”<br />
— zum Teil auch Lob und Tadel — nachbilden. Die Nachahmung der Lehreraktivitäten<br />
sollte in eine bestimmte Richtung gelenkt werden: Ein Lernprogramm muss als ein Tutor fungieren,<br />
d.h. als ein Lehrer, der sich nur an einen einzigen Lernenden wendet. Diese Feststellung ermöglicht<br />
es FLECHSIG, die zweite Phase der technologischen Wende zu analysieren.<br />
Zweite Phase: Zweckrationale Konstruktion der Lehrtechniken<br />
Hauptmerkmale dieser Phase bilden Variabilität der Mittel (Medien) und Präzisierung der Lernziele.<br />
FLECHSIG führt aus, dass Medien ein effektives Lernen ermöglichen sollten. Hierzu werden auch ältere<br />
Formen lehrerunabhängigen Lernens genutzt: z.B. Korrespondenzunterricht und die Projektmethode 1<br />
Da Unterricht nicht nur didaktisch intendierte Wirkungen erzielt, sollte eine zweckrationale Konstruktion<br />
von Lehrtechniken zunächst die didaktischen Ziele von den übrigen verfolgten Zielen isolieren und<br />
sie unabhängig zu realisieren. Für die Unterrichtstechnologie erwachsen daraus drei Aufgaben: Lernziele<br />
präzise zu fassen (Operationalisierung der Lernziele), geeignete Lehrtechniken zu entwickeln,<br />
wobei Innovation nicht nur das bloße Einführen von Neuen Medien bedeuten kann, den Zusammenhang<br />
von Absicht (Ziele) und Mittel (Medien) zu rekonstruieren, d.h. die Frage zu klären, mit Hilfe welcher<br />
Lehrtechniken und Lehrmittel sich Lernziele messbar erreichen lassen. Die Feststellung der Mängel<br />
der verwendeten Lehrtechniken führt zu ihrer Optimierung und damit zur nächsten Phase der<br />
technologischen Wendung in der Didaktik.<br />
Dritte Phase: Perfektionierung der Lehrtechniken<br />
Sind Lernziele eindeutig formuliert und entsprechende Lehrtechniken entwickelt, so können die Lerntechniken<br />
überprüft und perfektioniert werden. Das Ziel der Bemühungen sollte dabei sein, “möglichst<br />
perfekt in möglichst ökonomischer Weise mit möglichst geringen negativen Nebenwirkungen” die<br />
Lernziele zu erreichen. FLECHSIG sondert drei Aspekte aus: Verbesserung der Geräte, Arbeitsteilung<br />
bei Entwicklung und Erprobung komplexer Lehrtechniken/Lehrmittel und Anwendung erfahrungswissenschaftlicher<br />
Befunde und Modelle. An dieser Stelle macht FLECHSIG eine Einschränkung, welche<br />
die Lehrenden aus dem Entscheidungsprozess um die Verbesserung der Medien ausgrenzt. Er meint:<br />
“Eine ausführliche Darstellung von Möglichkeiten, wie sich die für neue Lehrtechniken verwendeten<br />
Geräte verbessern lassen, ist weder in diesem Zusammenhang noch überhaupt von einem Erziehungswissenschaftler<br />
zu leisten.” (FLECHSIG 1970) Indem sich jedoch die Erziehungswissenschaft<br />
auf die Zuschauer-Position zurückzog, verlor sie den Einfluss auf die technische Entwicklung im Bereich<br />
der Medien, die für Unterrichtszwecke eingesetzt werden. Eine Beeinflussung der Entwicklungsrichtung<br />
ist jedoch nicht nur wünschenswert sondern auch notwendig, wie Erfahrungen zahlreicher<br />
universitären Projekte, wie beispielsweise MILE an der TU Ilmenau, zeigen. Das setzt sowohl Kenntnisse<br />
der technischen Mittel, als auch der neuesten Entwicklungstendenzen ebenso voraus wie die<br />
Beteiligung an interdisziplinären Forschungs- und Entwicklungsprojekten.<br />
1 FLECHSIG verweist dabei auf: E. Dale: Historical Setting of Programed Instruction. In: P. C. Lange: Programed<br />
Instruction. Chicago 1967; B. Y. Kersh: Programing Classroom Instruction. In: R. Glaser: Teaching Machines<br />
and Programed Learning II. Washingthon 1965.<br />
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