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EasyLinux Einstieg in Linux (Vorschau)

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Neue Software<br />

Aktuell<br />

Ardour: Audio-Workstation für Profis<br />

Da steckt viel Musik dr<strong>in</strong> – diese Redensart<br />

trifft auf das leistungsfähige Musikprogramm<br />

Ardour allemal zu. Allerd<strong>in</strong>gs, so<br />

muss man ergänzen, auch viel Mühe und<br />

Schweiß: Das Profiprogramm stößt E<strong>in</strong>steiger<br />

unnötig häufig vor den Kopf.<br />

★ ★ ★ ★ ★<br />

„Digitale Audio-Workstation“ nennt der<br />

Programmautor Paul Davis se<strong>in</strong>e Software<br />

Ardour [1]. Das kl<strong>in</strong>gt vage, doch<br />

der weit ausgreifende Name ist gerechtfertigt,<br />

weil Ardour e<strong>in</strong>fach alles abdeckt,<br />

was Sie mit digitalen Klängen auf dem<br />

Computer anstellen können.<br />

Ardour montiert Samples wie Drum Patterns<br />

oder e<strong>in</strong>e Gesangsaufnahme zu e<strong>in</strong>em<br />

Musikstück. Dabei jagt es die Klänge<br />

durch Effekt-Plug-<strong>in</strong>s, deren E<strong>in</strong>stellungen<br />

sich im Verlauf des Stücks ändern können.<br />

So ersetzt es die zehntausende Euro teuren<br />

vielspurigen Mischpulte der Tonstudios.<br />

Effektkanone<br />

Ohne externe Effekt-Plug-<strong>in</strong>s bleibt Ardour<br />

e<strong>in</strong> eher zahnloser Tiger: E<strong>in</strong>e der<br />

Hauptaufgaben des Programms ist es ja,<br />

diese Effekte bestimmten Liedausschnitten<br />

zuzuordnen und Parameter, etwa die<br />

Nachhalldauer und ‐stärke, an def<strong>in</strong>ierten<br />

Zeitpunkten zu variieren. Erst wenn ihm<br />

viele unterschiedliche Effekte wie Hall,<br />

Flanger, Phaser, Vibrato oder e<strong>in</strong>e Leslie-<br />

Simulation zur Verfügung stehen, wird<br />

das Programm zur Kreativmasch<strong>in</strong>e mit<br />

fast endlosem Potenzial, das die Bezeichnung<br />

„Audio-Workstation für L<strong>in</strong>ux“<br />

durchaus verdient: Es gibt ke<strong>in</strong> zweites<br />

freies Programm mit nur annähernd vergleichbarem<br />

Leistungsspektrum.<br />

Zum Glück liefert e<strong>in</strong>e Suche nach ladspa<br />

und lv2 (den beiden gängigen L<strong>in</strong>ux-Audio-Plug-<strong>in</strong>-Standards)<br />

sowohl im Open-<br />

Suse- als auch im Ubuntu-Paketmanager<br />

Treffer. Plug-<strong>in</strong>s aus dem Internet [2] kopieren<br />

Sie <strong>in</strong> das Verzeichnis /usr/​lib/<br />

​ladspa oder /usr/​lib/​lv2.<br />

Laden Sie zum Kennenlernen des Programms<br />

über den Menüpunkt Session /<br />

Import Media e<strong>in</strong>e oder mehrere Klangdateien<br />

im WAV-, MP3-, Ogg-Vorbis- oder<br />

FLAC-Format. Diese ersche<strong>in</strong>en dann als<br />

Tracks im Hauptfenster des Programms<br />

(Abbildung 6, l<strong>in</strong>ks). Im Mixerfenster ersche<strong>in</strong>t<br />

damit e<strong>in</strong> neuer Kanal (Abbildung<br />

6, rechts).<br />

Zum H<strong>in</strong>zufügen e<strong>in</strong>es Effekts wie Hall<br />

(Reverb) klicken Sie mit der rechten<br />

Maustaste <strong>in</strong> den <strong>in</strong> Abbildung 6 rot markierten<br />

Fensterbereich und wählen New<br />

Plug<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Menüebene tiefer ersche<strong>in</strong>en<br />

alle auf dem System <strong>in</strong>stallierten Plug-<strong>in</strong>s<br />

geordnet nach Autor und Funktion.<br />

Nach e<strong>in</strong>em Rechtsklick auf e<strong>in</strong>en bereits<br />

e<strong>in</strong>gefügten Effekt passen Sie se<strong>in</strong>e Parameter<br />

mit den Menüpunkten Edit oder<br />

Edit with generic controls an. Die erste<br />

Option öffnet das zum Plug-<strong>in</strong> gehörende<br />

GUI, das optisch <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong> Hardware-Effektgerät<br />

nachahmt.<br />

Die generic controls, <strong>in</strong> denen Sie alle<br />

Parameter mit Hilfe schlichter Schieberegler<br />

e<strong>in</strong>stellen, sehen zwar nicht so<br />

schick aus, doch sie lassen sich bequemer<br />

mit der Maus bedienen. Auch ist es<br />

nur <strong>in</strong> dieser Ansicht möglich, Veränderungen<br />

der E<strong>in</strong>stellungen bestimmten<br />

Takten im Stück zuzuordnen. Wählen<br />

Sie dazu im Drop-down-Menü rechts<br />

neben den Schiebereglern den Wert<br />

touch aus.<br />

Automatische Regler<br />

Man nennt diese sich im Verlauf des Musikstücks<br />

verändernden E<strong>in</strong>stellungen Effektautomation.<br />

Die fließenden Veränderungen<br />

für Effekte<strong>in</strong>stellungen stellen Sie<br />

<strong>in</strong> der Track-Ansicht als Kurven dar: Die<br />

Option Show Exist<strong>in</strong>g Automation, die<br />

nach e<strong>in</strong>em Klick auf den kle<strong>in</strong>en a-Button<br />

l<strong>in</strong>ks neben der Tonspur ersche<strong>in</strong>t,<br />

blendet die E<strong>in</strong>stellungskurven für die Effekte<br />

e<strong>in</strong>, für die bereits Daten vorliegen.<br />

Die Form dieser Kurven lässt sich mit der<br />

Maus verändern, was exaktere Übergänge<br />

ermöglicht als das Verschieben der Regler<br />

während der Wiedergabe.<br />

Dank der Effektautomation taugt Ardour<br />

als Ersatz für e<strong>in</strong> Hardwaremischpult. Die<br />

Zahl der möglichen Tracks wird nur<br />

durch die Rechnerressourcen begrenzt,<br />

und sie ist auf aktuellen Computern auch<br />

für ambitionierte Projekte groß genug.<br />

Auch e<strong>in</strong>en mehr als vollwertigen Ersatz<br />

für das früher am Magnetband buchstäblich<br />

ausgeführte Schneiden br<strong>in</strong>gt Ardour<br />

Die Redaktion me<strong>in</strong>t<br />

Ardour liefert <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit guten<br />

Effekt-Plug-<strong>in</strong>s professionelle Ergebnisse.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist die Bedienung der<br />

Software für Anfänger e<strong>in</strong> Alptraum. Als<br />

e<strong>in</strong> Beispiel für unzählige völlig unnötige<br />

<strong>E<strong>in</strong>stieg</strong>shürden sei nur das Wiedere<strong>in</strong>blenden<br />

der per Rechtsklick verborgenen<br />

Tracks genannt: Schon die<br />

Vielzahl der Treffer bei e<strong>in</strong>er Internetsuche<br />

zu diesem Thema zeigt, dass viele<br />

Nutzer weder aus den beiden rudimentären<br />

Ansätzen für e<strong>in</strong> Handbuch [3]<br />

noch <strong>in</strong>tuitiv erschließen konnten, dass<br />

sie dazu den Tab Tracks and Buses der<br />

im Menü View e<strong>in</strong>blendbaren Editor list<br />

bemühen müssen.<br />

Das ganze Programm gibt sich durchgängig<br />

so sperrig. Wie beim E<strong>in</strong>blenden<br />

verborgener Tracks kostet das Programm<br />

se<strong>in</strong>e Anwender nicht nur bei<br />

der Suche nach komplexen Funktionen<br />

die meisten Nerven, sondern mit Trivialitäten.<br />

Insgesamt empfiehlt sich Ardour<br />

deswegen nur für Anwender, die<br />

viel Zeit und Geduld <strong>in</strong> ihr L<strong>in</strong>ux-Musikstudio<br />

<strong>in</strong>vestieren möchten.<br />

Abb. 6: Ardour bietet vollwertigen Ersatz für teure Mehrspur-Aufnahmegeräte: Im<br />

Hauptfenster (1) montieren Sie Audiosamples zu e<strong>in</strong>em Lied. Im Mixerfenster (2) regeln<br />

Sie die Pegel und fügen Effekte h<strong>in</strong>zu.<br />

<strong>EasyL<strong>in</strong>ux</strong><br />

01/2014<br />

www.easyl<strong>in</strong>ux.de<br />

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