Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...
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Kunst- und Kulturwissenschajt 937<br />
hen vermitteln (318), ihre Echtheit resultiert aus den Leiden und Schmerzen, die der<br />
Künstler stellvertretend <strong>für</strong> alle anderen Menschen durchlebt hat. Das Bild des Künstlers<br />
verschmilzt mit dem der jüdischen Propheten: wie diese die Stadien des Wahnsinns und<br />
der Besonnenheit, so durchlaufen die Künstler die Stadien von Enthusiasmus und Reflexion<br />
(327f.). Die Eigentümlichkeit des Ästhetischen sieht Lenk im »Wunder der Loslösung«<br />
(329), in der Fähigkeit des Autors, die selbst erlittenen Gefühle beim Leser in gleicher<br />
suggestiver Kraft wieder zu erzeugen - die Frage nach den Bedingungen <strong>für</strong> die<br />
Möglichkeit dieses Vorgangs bleibt dann freilich ungeklärt. Die verallgemeinernden<br />
Schlußfolgerungen sind <strong>für</strong> mich daher weniger ergiebig als die historischen Analysen;<br />
die allerdings lohnen die Lektüre wegen ihrer Fülle von interessanten Beobachtungen<br />
und provozierenden Deutungen, die häufig Bekanntes in neuem Licht erscheinen lassen.<br />
Eckhard Volker (BerlinIWest)<br />
Kunst- und KuIturwissenschaft<br />
Sauer, Lieselotte: Marionetten, Maschinen, Automaten. Der künstliche Mensch in der<br />
deutschen und englischen Romantik. Bouvier Verlag, Bonn 1983 (513 S., br., 85,- DM)<br />
Die 1982 eingereichte Dissertation versteht sich als Beitrag zur Untersuchung <strong>eines</strong> ihren<br />
speziellen Gegenstand übergreifenden Themenbereichs, nämlich der menschlichen »Anstrengung«,<br />
den Göttern gleich Leben zu erschaffen (11). Für die Fragestellung der Studie<br />
und ihr Sprachniveau gleichermaßen aufschlußreich ist die von der Verfasserin vorgenommene<br />
Präzisierung: »Unser Ziel ... ist k<strong>eines</strong>falls nur, einen weiteren Beitrag zur<br />
so aktuellen Parallelisierung von Romantik und moderner Zeit zu liefern. Es erscheint<br />
jedoch bemerkenswert, wie klar und zutreffend die frühere Periode die Probleme vorweggenommen<br />
hat, die die technische und generelle wissenschaftliche Entwicklung heute<br />
so potenziert hervorruft.« (350).<br />
Weit ausgreifend illustriert ein erster Teil die Hauptstationen der Motivgeschichte, berichtet<br />
von bewegten Statuen in der Antike, die durch Weiterentwicklung der Mechanik<br />
allmählich so weit vervollkommnet werden konnten, daß schließlich, noch im 18. Jahrhundert,<br />
Marionettenautomaten als Teufelswerk galten. Die paradigmatische Funktion<br />
des Uhrwerkmechanismus, im Automatenbau nicht weniger als in kosmologischen Entwürfen,<br />
wird ebenso nachgezeichnet wie das Interesse des vorzugsweise höfischen -<br />
»sensationslüsternen« (28) - Publikums an Apparaturen, die die menschliche Stimme<br />
und Intelligenz auf überzeugende Weise nachzuahmen vermochten. Mythologisch besetzte,<br />
manipulativ erzeugte Wesen - Teraphim, Alraune, Golem -, die um die letzte<br />
Jahrhundertwende ein furioses Revival erfuhren, werden mit den mechanizistischen Topoi<br />
des Rationalismus konfrontiert, zumal mit der Maschinenmetaphorik der aufklärerischen<br />
Gesellschaftstheorie. Die Bilder der Mechanik proklamierten, so die Verfasserin,<br />
mit wechselnder konnotativer Besetzung die »Ausweitung der menschlichen Möglichkeiten«<br />
(46) und stellten die Welt als rekonstruierbaren und schließlich beherrschbaren, weil<br />
dem »Gesetz der Notwendigkeit« (55) folgenden Zusammenhang dar. Unmittelbar Bezug<br />
nehmende Entgegnungen ließen die Maschinenmetaphorik namentlich im 18. Jahrhundert<br />
zum Austragungsort ideologischer Konfrontation werden. Den Romantikern<br />
schließlich erschienen die Automaten vollends als Zeichen des »den Menschen Bedrohenden«<br />
(63). Seitdem die Staatsmaschinerie den vernünftigen Zwecksetzungen und Bedürfnissen<br />
der einzelnen entzogen war, signalisierte das Mechanische das »Unkontrollierbare<br />
- kulminierend in der Kreatur Frankensteins« (63; s.a. 89).<br />
Angesichts der Vorgeschichte lassen sich die Texte der Romantiker als Gegenentwürfe<br />
zum Mechanizismus lesen, ihre Bilder als Chiffren völliger Desillusionierung (64). Jean<br />
Pauls Einsprüche gegen die »'Pedanten der Psychologie'«, die die Seele zur »'Windlade'<br />
DAS ARG{j~ENT 14811984 ~