Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...
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DAS ARGUMENT 148/1984 es<br />
Politik des radikalen Realismus 835<br />
Arbeitslosigkeit und »flexible« und Teilzeit -Arbeitsverhältnisse verallgemeinerten.<br />
Von seiten des Staats fanden freilich diese ökonomischen Wandlungen bis in<br />
die späten siebziger Jahre hinein keine genuine Unterstützung. Erst nachdem<br />
die Sozialdemokratie, die in den meisten Ländern des Zentrums während der<br />
siebziger Jahre regierte, mit ihrer halbherzigen, international nicht koordinierten<br />
und, schlimmer noch, inhaltlich angesichts der eigentlichen Probleme ganz<br />
unangemessenen Politik einer Wiederbelebung des (kapitalistischen) Wachstums<br />
manifest gescheitert war und den Rückhalt der Wähler verloren hatte,<br />
zeichnete sich mit dem Wahlsieg Thatchers in Großbritannien 1978 erstmals eine<br />
kohärente und umfassende konservative Antwort auf die Krise ab, die vorwegnahm,<br />
was dann in den achtziger Jahren der herrschende Trend werden<br />
sollte. Denn eigentlich war immer klar gewesen, daß es Staat und Big business<br />
der Vereinigten Staaten sein würden, die mit ihrer Antwort auf die weltweite<br />
Krise des Kapitalismus den Ausschlag geben würden, nicht allein auf Grund<br />
des quantitativen Gewichts, das die US-amerikanischen ökonomischen und<br />
politischen Interessen besitzen, sondern auch wegen der qualitativen Hegemonie<br />
der Vereinigten Staaten in ideologischer Hinsicht. Schon die letzten Jahre<br />
der Regierung Carter waren von zunehmendem Chauvinismus geprägt. Und<br />
1980 kamen mit Reagan Kräfte in Washington ans Ruder, die einen weiteren<br />
Rechtsruck verkörperten. Zentraler Programmpunkt der Regierung Reagan ist<br />
eine imperiale Erneuerung der Vereinigten Staaten, die wieder unbezweifelbar<br />
zur Nummer Eins in der Welt gemacht werden sollen.<br />
1. Um den Widerstand der Arbeiterschaft in den Vereinigten Staaten zu<br />
schwächen und die disziplinierende Wirkung der Massenarbeitslosigkeit zu<br />
stärken, wurden scharfe monetäre Restriktionen und gezielte staatliche Repressionsmaßnahmen<br />
(Niederschlagung der PATco-Streiks) verhängt. Diese<br />
Strategie hat sich bisher als erfolgreich erwiesen. Zum ersten Mal seit den dreißiger<br />
Jahren mußten die amerikanischen Gewerkschaften in den give-back<br />
clauses der Abkommen der letzten Zeit erhebliche Abschläge bei den realen<br />
und sogar bei den nominalen Löhnen zugestehen. Gleichzeitig wurden die<br />
staatlichen Sozialleistungen drastisch beschnitten. Wachstumsindustrien wie<br />
Elektronik und Biotechnologie wurden weiter in den Süden und Westen des<br />
Landes verlagert (oft mittels einer entsprechenden Kanalisierung von Rüstungsaufträgen),<br />
während man dem Niedergang der traditionellen Industrien<br />
des Nordens und Ostens tatenlos zusah. Schon zeichnet sich als Folge dieser<br />
Entwicklungen ein deutlicher Wandel in der Klassenstruktur der US-amerikanischen<br />
Gesellschaft ab. Auf der einen Seite kam es zu einem beträchtlichen<br />
Rückgang des ohnehin nicht sehr hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrades<br />
im privaten Sektor, auf der anderen Seite entsteht eine neue Mittelklasse<br />
aus Managern, Technikern, freien Berufen und anderen Selbständigen, eine<br />
Gruppe, die seit geraumer Zeit der Hauptnutznießer von Inflation und Staatsaufträgen<br />
ist. Die gesamtwirtschaftlich wachsende Kaufkraft dieser <strong>neuen</strong><br />
Schichten <strong>für</strong> Quasi-Luxuskonsumgüter übernimmt allmählich wenigstens teilweise<br />
die Funktion des Massenkonsums im alten fordistischen Modell. Eine<br />
wachsende Zahl von Neureichen, deren steuerliche Belastung systematisch re-