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Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...

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838 P. Anderson, F. Pröbel, J. Heinrichs und O. Kreye<br />

3. Politik der Anpassung: Mitterrands Frankreich<br />

Der Kurs der Reagan-Administration fand so in den meisten westlichen Industrieländern<br />

ein positives Echo. Der neue Kurs war bereits vom Thatcherschen<br />

Konservativismus vorweggenommen worden. Die Politik von Schmidtl<br />

Lambsdorff setzt sich in der Regierung Kohl betont fort. Im Fernen Osten verkörpert<br />

die Regierung Nakasone in Japan einen ähnlichen Rechtsruck. Lediglich<br />

in einem einzigen größeren kapitalistischen Industrieland wurde ein grundsätzlich<br />

abweichender Kurs versucht - in Frankreich. Dort wurde Mitterrand<br />

im Frühjahr 1981 auf Grund <strong>eines</strong> Programms gewählt, das eine wirksame Bekämpfung<br />

der Arbeitslosigkeit, unmittelbare Verbesserungen der Lebens- und<br />

Arbeitsbedingungen der Masse der Lohnabhängigen und besonders benachteiligter<br />

Bevölkerungsgruppen und gleichgerichtete Maßnahmen versprach. Welche<br />

Bilanz dieses Experiments läßt sich heute ziehen?<br />

I. In den ersten Monaten nach der Machtübernahme im Sommer 1981 wurde<br />

zielstrebig begonnen, das angekündigte wirtschaftspolitische Programm zu<br />

verwirklichen. Die Mindestlöhne wurden angehoben; die Wochenarbeitszeit<br />

wurde ein wenig reduziert; private Banken und einige Schlüsselindustrien wurden<br />

nationalisiert und neue Investitionsprogramme auf den Weg gebracht; die<br />

öffentlichen Ausgaben wurden erhöht, sowohl im Staatssektor selbst als auch<br />

auf dem Wege von Subventionen an private, inländische wie ausländische, Unternehmen,<br />

um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu beleben; die Beschäftigung<br />

im Staatssektor \\urde erhöht. Wie führende Mitglieder der Linkskoalition<br />

immer wieder betonten, zielte dieses dirigistische Programm <strong>für</strong> einen<br />

Weg aus der Krise durch Umverteilung und Reflationierung nicht auf eine Veränderung<br />

des kapitalistischen Charakters der französischen Wirtschaft als ganzer.<br />

Nichtsdestoweniger stellte dieses Programm ganz zweifellos einen neuartigen<br />

und ernstzunehmenden Versuch dar, das Kräfteverhältnis im nationalen<br />

Rahmen zugunsten der Lohnabhängigen zu verändern - unerachtet des Konsensus,<br />

der die anderen wichtigeren Zentrumsländer in <strong>Fragen</strong> der Austeritätspolitik<br />

vereint.<br />

2. Gleichzeitig machte die neue Regierung auch immer wieder deutlich, daß<br />

ihr wirtschaftspolitisches Programm k<strong>eines</strong>falls auf eine Modifikation der Eingliederung<br />

Frankreichs in das kapitalistische Weltsystem zielte. Kapitalverkehr<br />

und Außenhandel sollten keinerlei Beschränkungen unterworfen werden. Um<br />

ausländisches, speziell US-amerikanisches Kapital wurde verstärkt geworben,<br />

und die Aktivitäten französischen Kapitals (staatliche Unternehmen eingeschlossen)<br />

im Ausland sollten ausgeweitet werden. Das Ergebnis war die Kombination<br />

zweier fundamental verschiedener und nicht miteinander zu verbindender<br />

Konzeptionen - staatlicher Dirigismus zugunsten der Lohnabhängigen<br />

im nationalen Rahmen und lupenr<strong>eines</strong> /aisser faire <strong>für</strong> das inländische<br />

und das internationale Kapital auf dem Weltmarkt -, eine Kombination, die<br />

von Anfang an den Keim des Scheiterns in sich trug. Jede Regierung, die versucht,<br />

im nationalen Rahmen das Kräfteverhältllis zugunsten der Lohnabhängigen<br />

zu verändern, zugleich aber das nationale wirtschaftliche Geschehen ungeschützt<br />

den Bedingungen des kapitalistischen Weltmarkts aussetzt, handelt<br />

DAS ARGUMENT 148/1984 ©

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