Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...
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Soziale Bewegungen und Politik 967<br />
net, wobei er sich an die bekannten Fakten und gängigen ErkIärungsmuster hält und den<br />
Leser zum vertieften Studium auf die jeweilige Sekundärliteratur verweist, die in der<br />
kommentierten, aber k<strong>eines</strong>wegs lückenlosen Bibliographie nicht ohne Fehler aufgeführt<br />
ist. (Es fmden sich z.B. nicht die Angaben zu Weber und Staritz [83], Rusinow<br />
[156] und Marvin [233].) In einem der Wirtschaftsstruktur gewidmeten Kapitel beschreibt<br />
Hartmann neben Funktionsproblemen und Reformansätzen im Rahmen der<br />
zentralen Planwirtschaft die Rolle der Gewerkschaften und gibt einen knappen Abriß<br />
der Etappen der Wirtschaftsgeschichte der einzelnen Länder seit 1945. Anschließend<br />
wird der gesellschaftliche Wandel untersucht, in dessen Verlauf an die Stelle der traditionellen<br />
administrativen, militärischen und Großgrundbesitz-Führungsgruppen die Funktionseliten<br />
der sozialistischen Gesellschaft getreten sind. Ferner aufgeführt wird die Problematik<br />
der Volks- und Sprachgruppen, der Einfluß der Religion und der Kirchen sowie<br />
die Struktur von Klassen und Schichten, die in den einzelnen Ländern beträchtliche<br />
Unterschiede aufweisen.<br />
In einem abschließenden Kapitel über die politische Kultur nennt Hartmann die historisch<br />
langdauernde Isolation von Westeuropa und die Erfahrung der Fremdherrschaft<br />
als prägende Momente, die auch die Erfahrungen der osteuropäischen Gegenwart kennzeichneten.<br />
Die konsumerische Politik werde als Stabilisierungsfaktor angesichts <strong>eines</strong><br />
weiter bestehenden LegitimationsdefIzits eingesetzt. Die Loyalitätsprobleme der herrschenden<br />
kommunistischen Parteien seien dort am größten, wo die Völker an gemeinsamen<br />
Institutionen, Erfahrungen und Ideen des westlichen Europa partizipiert hätten<br />
(Polen, Ungarn, CSSR, DDR). Die sozialistischen Länder bildeten ein eigentümliches<br />
Staatensystem, das auf innere Veränderungen und Krisen, aber auch auf außereuropäische<br />
Entwicklungen im Weltkommunismus reagiere, wobei allerdings die mehr oder<br />
minder bestehende Abhängigkeit immer noch die größte Interdependenzdichte mit der<br />
UdSSR garantiere.<br />
Es mag der Kürze <strong>eines</strong> einführenden Überblicks zuzuschreiben sein, daß manche Kapitel<br />
- etwa die Ausführungen zur Wirtschaftspolitik - extrem knapp und summarisch<br />
ausfallen. Das Buch wird dem Studienanfanger manchen Hinweis auf eine weiterführende<br />
Lektüre geben, doch wird der Preis <strong>für</strong> eine übergreifende Darstellung im Rahmen einer<br />
Einführung darin entrichtet, daß im wesentlichen Gemeinplätze der bisherigen Forschung<br />
referiert werden und der Anspruch auf eine differenzierte Sicht des osteuropäischen<br />
Sozialismus nur ansatzweise eingelöst wird. Hartmanns Buch macht die Notwendigkeit<br />
<strong>eines</strong> historisch-integrativen Herangehens bei der Analyse des osteuropäischen<br />
sozialistischen Gesellschaftsgebildes deutlich - auch der Begriff der politischen Kultur<br />
bietet interessante Zugangsmöglichkeiten. Ein problematisierendes und differenzierendes<br />
Herangehen erscheint indes nur als ein Gemeinschaftsprojekt einer Arbeitsgruppe<br />
<strong>kritische</strong>r Spezialisten erfolgreich realisierbar.<br />
Wolf Kindermann (Köln)<br />
Beyme, Klaus von: Die Sowjetunion in der Weltpoütik. Verlag R. Piper, München 1983<br />
(217 S., br., 28,- DM)<br />
Mit einem »Mehr an Empathie« (8) <strong>für</strong> seinen Gegenstand will der Heidelberger Politologe<br />
das Auftreten der Sowjetunion als Weltmacht in der Weltpolitik darstellen, wobei<br />
die Probleme der 70er und 80er Jahre im Vordergrund stehen. Auf der Basis einer Fülle<br />
amerikanischer und englischer Literatur, aber auch zahlreicher russischer Publikationen,<br />
um die sowjetische Sicht der Weltlage deutlich zu machen, werden u.a. Aspekte behandelt<br />
wie der Ost-West-Konflikt, die Politik der SV im sozialistischen Lager, die Außenwirtschafts-<br />
und Sicherheitspolitik, das Engagement der SU in der Dritten Welt, vor allem<br />
in Afrika und Asien, ihr Verhältnis zu den blockfreien Nationen und die Beziehungen<br />
zu den kommunistischen Parteien in der Welt.<br />
Als Ergebnis dieser Untersuchungen kann festgehalten werden: die SU tritt in der<br />
DAS ARGUMENT 148/1984 ©