Fragen eines neuen linken Projekts - Instituts für kritische Theorie ...
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906 Interventionen<br />
und politischen Gründen nicht mitarbeiten können, sie verhielten sich »spalterisch«, ist<br />
absurd. Dies schon deshalb, weil ein »Gemeinschaftswerk« ja zur elementaren Voraussetzung<br />
hätte, daß die Beteiligten an der Gesamtplanung und der Gesamtkonzeption des<br />
Werks mitgearbeitet hätten, was ja von vornherein unmöglich war.<br />
3) Es ist Dir gut bekannt, daß wir nicht nur mit Anhängern »unserer Richtung« zusammenarbeiten.<br />
Das beweist die gesamte Arbeit des IMSF seit vielen Jahren. Dies werden<br />
wir auch weiter so halten. Wir sind obendrein jederzeit auch zur Diskussion und<br />
sachlichen Auseinandersetzung nicht nur mit den sich als marxistisch verstehenden, sondern<br />
generell mit allen humanistischen geistigen Strömungen bereit, ganz zu schweigen<br />
von der <strong>für</strong> uns selbstverständlichen politischen Zusammenarbeit mit allen <strong>linken</strong> und<br />
friedliebenden gesellschaftlichen Kräften.<br />
4) Hier geht es aber allein um die wissenschaftliche Arbeit an einem verlegerischen<br />
Projekt, das in den Voranzeigen als Werk von Marxisten bezeichnet wird. Durch unsere<br />
Mitarbeit hätten wir - so oder so - vor dem Leser die Mitverantwortung <strong>für</strong> den Gesamtinhalt<br />
übernehmen müssen. Dies aber war uns nach einer Durchsicht des ersten in<br />
Deutsch vorliegenden Bandes unmöglich. »The proof of the pudding is in the eating.«<br />
Nach gründlicher Prüfung des Resultats konnten wir keine Mitverantwortung <strong>für</strong> das<br />
Projekt übernehmen. Wir haben in unserer Begründung bereits gesagt, daß ein eklektisches<br />
Sammelsurium, das jeden inneren Zusammenhang vermissen läßt und u.E. nicht<br />
nur von den theoretischen und methodischen Grundanschauungen des Marxismus weit<br />
entfernte, sondern auch direkt antimarxistische Positionen enthält, <strong>für</strong> eine Mitarbeit<br />
unsererseits nicht tragbar ist. Du sagst, das KWM soll ein Werk von Marxisten sein und<br />
notwendige Korrekturen seien ja auch durch die deutschsprachigen Ergänzungsbände<br />
vorgesehen. Wie soll man das ernst nehmen? Du weißt so gut wie wir, daß nicht wenige<br />
der vorgesehenen deutschen Mitarbeiter mit dem Marxismus gar nichts im Sinn haben,<br />
ja sich sogar beleidigt oder verhöhnt fühlen würden, wollte man sie als Marxisten bezeichnen.<br />
5) Du sagst, es sei symptomatisch, daß wir von einem »Wörterbuch« und nicht von einem<br />
»Kritischen Wörterbuch« redeten. In der Tat sind wir hier mißtrauisch: Erstens gibt<br />
es eine Kritik innerhalb und außerhalb des Marxismus. In dem vorliegenden Band ist<br />
beides enthalten, was zu den <strong>für</strong> uns nicht annehmbaren Voraussetzungen gehört. Zweitens:<br />
soll der Titel aus Reklamegründen an diejenigen appellieren, die nicht den Marxismus<br />
als <strong>kritische</strong> Welt- und Gesellschaftsauffassung rezipieren wollen, sondern eine Kritik<br />
dieser Auffassung suchen, dann ist das bloßer Opportunismus. Die dritte Möglichkeit,<br />
daß man nur den <strong>kritische</strong>n Charakter der marxistischen <strong>Theorie</strong> im Titel sichtbar<br />
machen wollte - das wäre ein ganz und gar überflüssiger Pleonasmus.<br />
6) Es bleibt mir nur zu wiederholen: ein so anspruchsvolles Projekt wie das französische<br />
und Eure Ergänzungsbände ist <strong>für</strong> uns als wissenschaftliches Handwerkszeug nicht<br />
sinnvoll, wenn es nur der Boden <strong>für</strong> divergierende, oft genug unvereinbare Interpretationen<br />
marxistischer Kategorien und Begriffe sein soll. So etwas ist möglich und sinnvoll in<br />
einem Sanunelband polemischer Aufsätze, aber nicht in einem wissenschaftlichen Nachschlagewerk<br />
dieses Charakters. Wir wollen und können gegenüber dem Leser nicht die<br />
Mitverantwortung <strong>für</strong> Auffassungen übernehmen, die den unseren oft diametral entgegengesetzt<br />
sind.<br />
7) Ich möchte betonen, daß diese Ablehnung nichts an unserer Bereitschaft zur politischen<br />
Zusammenarbeit, zu theoretischer Diskussion, zu Meinungsaustausch und Meinungsstreit<br />
ändert. Sie bezieht sich konkret auf die Mitwirkung am Projekt der Ergänzungsbände<br />
zum KWM. Was unsere theoretischen und politischen Meinungsunterschiede<br />
betrifft, so haben wir in Antwort auf Eure Kritik im Marx-Sonderband bereits auf<br />
der Marx-Tagung in Trier die Auseinandersetzung begonnen und wollen sie demnächst<br />
in einer Aufsatzsammlung fortführen.<br />
DAS ARGUMENT 148/1984 @